GHOST IRIS
Titel: COMATOSE
Label: Long Branch Records
Spieldauer: 36:42 Minuten
Die dänische Metalcore-Band GHOST IRIS war mir bisher mal so gar kein Begriff, obwohl “Comatose” bereits ihr vierter Longplayer seit der Gründung vor knapp zehn Jahren ist. Relativ schnell nach Beginn ihrer DIY-Internet-Aktivitäten 2015 erspielten sie sich über ihre Heimat hinaus eine ansehnliche Bekanntheit, was beispielsweise über fünf Millionen Streams bis Ende 2018/Anfang 2019 beweisen. Der dänische Vierer kombiniert brachiale Metalcore-Riffs, Djent und meist aggressive, kraftvolle Vocals mit cleanen Refrains und gar akustisch-progressiven Passagen. Der Härtegrad sowohl dessen, was hier den verschiedenen Saiten als auch den Stimmbändern entlockt wird ist dabei hoch und die zwar eingängigen Refrains dagegen nicht zu catchy und schon gar nicht anbiedernd cheesy ausgefallen. Das kurze Intro ‘(3815935)‘ lassen wir mal links liegen und gehen gleich in die Vollen.
Beim Opener ‘Desert Dread‘ werden die tiefen Growls von Gast Mark Hunter (Ex-Chimaira) beigesteuert, aber im Chorus und im Folgenden beweist Fronter Jesper Vicencio Gün am laufenden Band, dass er ein hervorragender und facettenreicher Sänger/Shouter/Screamer/Growler ist. Das sperrig-groovende ‘Paper Tiger’ überzeugt mit starken Riffs und interessantem Rhythmus auch ganz ohne cleane Vocals. Bei ‘Former Self’ sorgt zunächst ein zweistimmiger Chorus für Aufsehen, bevor Klargesang und Shouts zum Ende hin harmonisch vermengt werden. ‘Cult’ beginnt wie ein harmloser Indie-Song bevor die Metalcore-Hölle losbricht und wieder ein schicker Refrain für die nötige Auflösung sorgt. Der Wechsel zwischen hartem Riffing, brutalen Vocals und den cleanen Elementen lässt eine große Dynamik entstehen, ist aber nie Selbstzweck und immer songdienlich und organisch, wenn auch nicht immer allzu leicht verdaulich. GHOST IRIS sitzen also nicht nur sprichwörtlich zwischen den Stilen, sondern machen kompromisslos ihr Ding zwischen Ohrwurm und modernem Abrisskommando. Die möglicherweise aufkommende Befürchtung, dabei könne doch nix Halbes und nix Ganzes herauskommen, ist in diesem Fall ebenfalls unbegründet. Die Kopenhagener kreieren ihre eigene Mischung und einen brachialen, fesselnden Sound. Das ist zwar eine kurzweilige Angelegenheit, haut mich aber andererseits auch nicht vollends vom Hocker. Dafür fehlt dann doch der ein oder andere so richtig zündende Refrain oder der ultimative Song, der länger im Gedächtnis verbleibt. Schlussendlich ist “Comatose“ aber immer noch deutlich ausgereifter, interessanter und einfach besser als die meiste Metalcore-Stangenware.
Michael Gaspar vergibt 7,5 von 10 Punkten