FLYING CIRCUS – THE ETERNAL MOMENT

FLYING CIRCUS

Titel: THE ETERNAL MOMENT

Label: Fast Ball/Bob Media

Spieldauer: 54:39 Minuten

VÖ: 07. November 2025

Wenn unserem Tobi was nicht gefällt, dann kommt die Frage, ob wer anderes das machen will. Weil, ich übertreibe jetzt mal, bei einem 8-Minuten-Somg gibt es gefühlte 15 Minuten Gitarrensolo. Er hat so Schmerzen, er könnte sich unter der Kopfhaut kratzen. Naja, so geht es mir oft genug, wenn ich seinen Death Metal hören müsste. Wir haben eben auch verschiedene Hörgewohnheiten. Darum kann ich ihn auch verstehen, dass ihm das zu proggy ist. Dennoch mag ich ihn leiden. Wie Simon von Cyrene nehme ich jetzt das Kreuz auf mich. Und sage Danke für diese tolle Musik.

Für Proggies scheint es gerade wieder eine ziemlich gute Zeit zu sein. Neue Alben von Spock’s Beard, und Cervello oder die Reihe der Re-Releases von Flame Dream glänzen. Und in diese Reihe stellt sich diese Band aus Grevenbroich. Diese Stadt irgendwo links des Rheins, irgendwo zwischen Gladbach und Köln, Fohlen und Geißböcken hat scheinbar eine bunte musikalische Szene. Da gibt es Weltmusik am Niederrhein und die Internationalen Gitarrenwochen. Und eben einige Bands, die hier daheim sind. Eine der dienstältesten scheint mir FLYING CIRCUS, die schon seit 1990 existiert.

Persönlich kannte ich FLYING CIRCUS lange nicht, trotz ihrer langen Geschichte. Immer aber schienen sie so eine Art Geheimtipp zu sein. Dabei ist die Diskographie gar nicht so kurz. Erst das Erscheinen von „Seasons 25“ brachte uns dann zusammen. Wenigstens kurzfristig. Denn obwohl die Band immer ausführlich auch auf Facebook Werbung für sich betreibt, Werbung übersehe ich gern mal. Auch einen Auftritt im heimischen 7er Club konnte ich leider nicht besuchen. Dafür lasse ich mich jetzt mit dem neuen Konzeptwerk verwöhnen.

Und was soll ich dazu sagen? Der fliegende Zirkus bewegt sich stil- und standsicher zwischen Prog und Hard Rock, zwischen Geradeausmomenten und Gängen um Ecken und Kanten. Der immer wieder spannende Gebrauch der Geige verschafft der Combo ein Alleinstellungsmerkmal, nicht nur in der heimischen Rübenwüste. Größtes Pfund ist Sänger Michael Dorp, der mich hin und wieder in Rush-Gefilde entführt oder den Zeppelin steigen lässt.

Klar, tragen die famosen Songs dazu bei. Spannend von der ersten bis zur letzten Sekunde, zwischen Härte und Gefühl. Hier trifft alles aufeinander, was irgendwie wert war und ist, aus den 70ern und 80ern herübergeholt zu werden. Ausgiebiges Solieren, egal ob Tasten oder Saiten. Hier eben auch die Geige, die überraschend vielseitig klingen kann. Das kann tanzbares Gefiedel sein, aber Rüdiger Blömer entlockt seinem Instrument auch sehr klassische Sounds. Als ob er gleich Tschaikowskis Violinkonzert spielen könnte. Aber vorweg geht der Gebrauch im Sinne von Kansas. Ein treibendes Melodieinstrument.

Motivisch findet man Sounds aus dem britischen Prog der frühen Siebziger genauso wie Anlehnungen an italienische Bands wie PFM. Da werde ich schon gern hellhörig, das liebe ich. Straighte Passagen wechseln ab mit urig jazzigen. Man spürt als Hörer auch, hier wurde im Studio zusammen gespielt. Alle gemeinsam, keiner nur für sich. Das klingt warm, das geht in Kopf und Herz. Kein Wunder, dass es an verschiedener Stelle viel Lob gibt. Mir ist aber auch klar, so was ist nicht jedermanns Ding.

Nun stellt sich mir eine Frage. Wie lange bleibt ein Geheimtipp wohl ein Geheimtipp? „The Eternal Moment“ verspricht ein ewiger musikalischer Moment zu werden. Und so kann es sein, dass aus dem Geheimtipp ein Gerücht wird, das sich immer weiter streut.

Mario Wolski vergibt 9 von 10 Punkten