FLAGELADÖR – CULTO AOS DECIBÉIS

FLAGELADÖR

Titel: CULTO AOS DECIBÉIS

Label: Hellprod Records

Spieldauer: 25:53 Minuten

VÖ: 29. März 2024

In den romanischsprachigen Teilen der Welt wird die Karwoche, die Semana Santa, besonders begangen. Prozessionen ziehen durch die Städte, Maskierte tragen Heiligenstatuen. Bei manchen dieser Prozessionen findet man als Teilnehmer auch Flagellanten. Diese Büßer in schärenden Gewändern peitschen sich selber im Mittalalter einst bis aufs Blut. Mit diesem Blut wollen sie ihre und anderer Leute Sünden reinwaschen. Aberglaube? Tradition? Ich denke, von beidem etwas.

Eine Band, die sich nach diesen Büßern nennt, spielt keine freundliche Musik. FLAGELADÖR aus Brasilien gibt es seit 2000. Sie haben eine ziemliche Diskographie vorliegen, vor allem eine ganze Reihe an Splits. Wenn man sich dann die Pseudonyme anschaut, dann spätestens hat man eine Ahnung, in welche Richtung es geht. FLAGELADÖR sind Armandö „Exekutor“ (Gesang und Gitarre), Alan „Oldsküll“ (Bass), Junior „Rogue Bütcher“ (Gitarre) und Vinícius Talamonte (Drums). Und es ist ein treffender Zufall, dass ich gerade am Karfreitag deren neues Werk mir auf die Playliste hole.

Nachdem die akustischen Klänge des Intros ´Velas Negras´ verhallt sind, bricht die Schwärze herein. Mit ´Conjuração´ hauen sie uns einen Batzen Hass und Zorn um die Ohren. Ein Sound, irgendwo zwischen Punk und Speed, zwischen Motörhead und Venom. Räudig und leicht angeschwärzt, so lautet die grobe Richtung. Mit einem Sound, der sich heute immer noch immer wieder findet, wenn auch hier weniger in Extreme gleitend als die Verwandten Bewitcher, Bütcher oder Indian Nightmare. Live auf einem Festival macht mir das immer Laune, da kann ich nahe vor die Bühne. Von Konserve im Alltag ist mir das manchmal zu hektisch. Aber es passt, diese Songs schaffen mal so eben die 3-Minuten-Grenze. Die beste Ehefrau von allen, also meine, umschreibt diesen Sound, nicht unpassend, mit „Am Boden liegen und sterben“.

Doch, den Göttern, egal welchen, sei Dank, es gibt noch die stilistischen Ausreißer. Der Titelsong ist echt schwarzer Doom, zähfließend geschmolzener Käse und bitter wie Kaffee. Und im flotten ´Espírito da Perversidade´ überrascht ein halbakustisches Break. Diese Überraschungen hieven das Teil doch über den Durchschnitt. Immer nur Gaspedal können alle. Im rechten Moment die Bremse treten, das ist die Kunst.

An alle Cracks und Sammler. Das Teil erscheint außer digital nur auf Tape, limitiert auf 50 Exemplare. Da eines davon an mich unterwegs ist, dürften nur maximal 49 davon noch erhältlich sein. Und ich habe noch nicht einmal ein Abspielgerät.

Mario Wolski vergibt 8 von 10 Punkten