EN MINOR – WHEN THE COLD TRUTH HAS WORN ITS MISERABLE WELCOME OUT

EN MINOR

Titel: WHEN THE COLD TRUTH HAS WORN ITS MISERABLE WELCOME OUT

Label: SEASON OF MIST / SOULFOOD

Spieldauer: 45:12 Minuten

Pretentious, moi? Oh là là, je ne sais quoi… Nun ja. Bis der Albumtitel jedenfalls mal unfallfrei raus ist, haben meine Kids sich ausreichend penibel die Zähne für die Bubu-Kiste geputzt. Und dass sowas von sowas kommt. Nix Thrash, nix Sludge, nee, Tom Waits und Nick Cave sind angesagt. Und „Dead Can’t Dance“. Man wird alt. Was nichts schlechtes, sondern schlicht ein oft verdrängter Aspekt der conditio humana ist. Da geht selbst der einstige Testosteronhengst Phil Anselmo in sich und bemüht insbesondere südstaatige (was auch sonst?) Americana, um seine Sicht über Gott und die Welt auf den Punkt zu heisern (Vorsicht, ein Neologismus). Die Stimme ist kaputt, das kann auch dieses Album nicht verhehlen. Aber im Kontext fällt es vielleicht weniger ins Gewicht, auch wenn man wehmütig an die 90er zurückdenken mag. Denn schließlich zwickt’s und zwackt’s beim Hörer inzwischen ebenfalls an einigen Stellen. Und die Musik? Das siebenköpfige Ensemble im Hintergrund (inklusive der Kollegas Jimmy Bower, Stephen Taylor und Kevin Bond) melancholisiert kompetent vor sich hin, die instrumentale Vielfalt ist beachtlich, Anselmo leidet wimmerig vor sich hin; aber obacht: es ist noch kein Nick Cave vom Himmel gefallen („Love Needs Love“). Man muss schon die dustere Spelunke in der eigenen Seele finden und deren Tür öffnen, sonst ertappt man sich schnell beim Nasenbohren. Immerhin lassen wavige Töne zwischendurch aufhorchen („Warm Sharp Bath Sleep“), ansonsten grooven („This Is Not Your Day“) oder bluegrassen („Hats Off“) doch einige Stücke direkt aus dem Kurzzeitgedächtnis ins Nirgendwo. Ja, der intellektuelle Anstrich gelingt mitunter („Disposable For You“), aber mehr denn ein cool umgesetztes Experiment ist „When the Cold Tuth…“ nicht geworden. Jetzt müssen die Kids auch schon in die Büxe. Bonne nuit dit le Petit Prince. Oh là là…

Patrick Müller vergibt 6,5 von 10 Punkten