
E-AN-NA
Titel: NOMAD
Label: Independent
Spieldauer: 37:49 Minuten
Auch wenn E-AN-NA aus Sibiu stammen, manchen bekannt als Hermannstadt in Siebenbürgen, hier kommt ganz sicher keine Anspielung auf Dracula und Vampire. Denn der Bandname ist ein Begriff aus dem Sumerischen. Er bedeutet in etwa „Das Heim des Himmels“. Ohne vorgreifen zu wollen, ein wenig geht „Nomad“ textlich in eben diese Richtung aus alten Religionen in alten Welten.
Musikalisch waren die sieben Damen und Herren immer schon ziemlich vielfältig unterwegs. Man konnte Black Metal Getöse erleben. Und Pop. Krönung war sicher die Teilnahme am rumänischen Vorentscheid zum ESC 2022. Ja, diese Veranstaltung ist recht umstritten, auch 2025 wieder. Aber für manche Bands ist es eben auch willkommene Werbung. Selbst für eine peinliche Band wie Feuerschwanz. Ich glaube immer noch, dass E-AN-NA auf europäischer Bühne hätten abräumen können, wären sie ausgewählt worden.
Auf dem 2023er Album „Alveolar“ lag das größte Gewicht auf den folkloristischen Motiven. Diese wurden mit der „Live Acoustic Session“ noch stärker ausgelebt. Leider gibt es diese nicht physisch sondern nur als Download oder im Stream. Bandcamp hilft da weiter.
Jetzt also wieder ein richtiger Tonträger. Natürlich verstehe ich kein Rumänisch. Dank dem Übersetzer darf ich aber vermuten, „Nomad“ dreht sich um das Sein des Menschen. Unterwegs, rastlos, nie zu Hause. ´Samsara´ etwa ist ist die Bezeichnung für den immerwährenden Zyklus des Seins, den Kreislauf von Werden und Vergehen oder den Kreislauf der Wiedergeburten in einigen indischen Religionen. Die mesopotamische Gottheit ´Ishtar´ ist gleichzeitig Göttin des sexuellen Begehrens und Kriegsgottheit. Ähnlich bipolar ist das Mantra im kurzen ´Mantra´: „Când zgomotul m-apasă eu dau liniștea mai tare“, was übersetzt wird mit „Wenn der Lärm auf mir lastet, mache ich die Stille lauter“.
Genau zwischen diesen Polen bewegt sich auch die Musik. Im gleichen Atemzug ist die Band tanzbar und wütend, fröhlich und zornig. Die Melodien der Sängerinnen treffen auf harsches Grollen der Männer. Flötentöne treffen auf böse Gitarrenriffs. Immer wieder kommen Elemente aus Black und Death zum Tragen. Zart steht gegen wirklich hart. Passend zum Songtitel gibt es in ´Scum´ dann sogar wütende Raps. Und am Ende steht ein todtrauriges ´Autoportret´. Das ist Musik wie das Leben. Gutes und Schlechtes treffen jeden Tag zusammen, beides muss man tragen, ertragen. Diesen Satz zum Vorgängeralbum kann, nein muss ich hier wiederholen.
Ebenso muss ich ein Fazit wiederholen, das ich immer wieder ziehen muss. Folk Metal muss nicht brav sein. Folk Metal muss nicht in den Schlager abrutschen. Au contraire. Folk Metal ist dann am besten, wenn er schmerzt. Wahre Gefühle gibt es eben nicht bei Santiano und Konsorten. Wahre Gefühle erlebe ich seit langem immer wieder, und diesmal besonders, bei Bands wie E-AN-NA, die sich nicht darum scheren, was sich vielleicht verkauft. Sondern sie scheren sich darum, was sie selber fühlen.
Mario Wolski vergibt 9,5 von 10 Punkten