DIAMOND HEAD – LIGHTNING TO THE NATIONS 2020

DIAMOND HEAD

Titel: LIGHTNING TO THE NATIONS

Label: SILVER LINING / WARNER

Spieldauer: 60:49 Minuten

„Lightning To The Nations“ ist ohne Zweifel eines der einflussreichsten Alben der NWOBHM. Dass ein gewisser Herr Ulrich daran nicht unerheblichen Anteil hatte, steht ebenso außer Frage. Wenn Brian Tatler nunmehr nach diversen Reissues des Originals neben den Royalties der Metallica-Versionen, die ihm laut eigener Aussage ein erkleckliches Sümmchen einbringen, nochmals eigenen Profit aus dem „White Album“ schlagen will, so ist dies verständlich, sorgt zunächst aber durchaus für hochgezogene Augenbrauen. Schließlich hat das Werk einen ganz eigenen Spirit, den man bei einer falschen Herangehensweise zerstören kann.

„Lightning To The Nations 2020“ verleiht dem ursprünglich noch sehr stark im Classic Rock verwurzelten Sound eine deutlich metallischere Kante, wodurch ein jüngeres Publikum definitiv leichter Zugang finden sollte. Dabei klingt die Produktion zeitgemäß und transparent, macht dabei zum Glück keinerlei Zugeständnisse an Ewiggestrige. Die entscheidende Frage ist, ob Rasmus Bom Andersen den von Sean Harris geprägten Sound dieses Klassikers ins 21. Jahrhundert transportien kann. Die hard-Fans mögen dies anders sehen, aber ich sage: er kann. Seine Stimme passt zu der metallischeren Ausrichtung der Neueinspielung, in die er gleich im Opener und Titeltrack ein paar dem Livekontext entlehnte Mitsing-Gimmicks einstreut.

Ok, „The Prince“ hat jetzt deutlich mehr von Metallicas auf der „Harvester Of Sorrow“-Maxi enthaltenen Version, klingt dennoch frisch und zupackend. Am meisten hat mein heimlicher Favorit auf „Lightning To The Nations“ dazugewonnen: „Sucking My Love“, an das sich Hetfield & Co. dereinst wohl aufgrund mangelnder spieltechnischer Kapazitäten nur in Rehearsals heranwagten, entfaltet seine ganze Pracht erstmalig in dieser, insbesondere die wunderbaren Harmonien erstrahlen lassenden Version in vollem Glanze. In einer knackiger arrangierten Version hätte der Song zur Hitsingle getaugt. „Am I Evil?“ hat Tatler deutlich angeraut, für „Sweet & Innocent“ gilt ähnliches wie für „Sucking My Love“, zumal man den Groove etwas begradigt hat. „It’s Electric“ ist nun der Hardrock-Mover, das es nunmal ist, während „Helpless“ wie „Am I Evil?“ deutlich mehr pusht als im Original.

Natürlich mag man argumentieren, diese Neueinspielung stelle die Metallicaisierung des Originals dar, und so ganz falsch liegt man damit sicher nicht, wie auch das Cover von „No Remorse“ unterstreicht. Jedoch muss man DIAMOND HEAD attestieren, dass die Modernisierung des Materials absolut gelungen ist und die Stücke nie zu glatt poliert wurden, um eine neue Generation Fans ansprechen zu können. Zudem ist man nah am Livesound der Band. Auch Priests „Sinner“ hat man ein neues, zeitgemäßes Soundgewand verpasst und huldigt so ebenso wie mit dem „Immigrant Song“ der Zeppeline und Deep Purples „Rat Bat Blue“ jenen großen Einflüsse, die sich im Original noch problemlos nachvollziehen lassen. Und so schließt sich der Kreis zu Metallica eben wieder.

 

Patrick Müller vergibt 9,5 von 10 Punkten