Polen, das sind Jahrtausende Geschichte. Das sind Aeren großer Macht, und solche ebenso großer Ohnmacht. Nachdem die polnischen Ritter in der Schlacht von Grunwald den Deutschen Ritterorden geschlagen hat, entwickelte sich das Land zu einem der größten Reiche des mittleren Europa. Hier wurde auch eine Form der Demokratie geübt, Polen war ein Wahlkönigreich, der Thron war nicht vererbbar. Später wurde das Land unter den Nachbarn aufgeteilt und litt über Jahrzehnte unter fremden Herrschern in Berlin, Moskau und Wien. Kein Wunder, dass Napoleon als Befreier gefeiert wurde. Polens Musik ist undenkbar ohne Chopins Polonaisen, die Literatur ohne „Quo Vadis?“ Heute ist das Land ein wichtiger Teil Europas und Polens Metalszene eine der aktivsten, vor allem der Black Metal ist ohne polnischen Bands kaum vorstellbar.

Die Band, die hier vorgestellt werden soll, heißt DIABOŁ BORUTA und stammt aus Rzeszów im Südosten des Landes. Seit 2010 ist das Quartett aktiv. Bisher sind sie mir, trotz fünf Alben, noch nicht untergekommen. Ein kurzer Überblick sagt mir aber, dass sie irgendwie Black Metal Elemente mit Folk vermengten, inklusive Korpiklaani-Cover auf dem Debüt. Da bin ich mir auch noch nicht  sicher, wie ich das hätte finden sollen. Das bis dato letzte Werk erschien 2023. „Borutus Akustikus“ kam nun, schon der Titel sagt es, auf akustischen Pfaden.

Kaum ein paar Monate später folgt der nächste Richtungswechsel. Jetzt nehmen sie alte Songs, die sie uns neu eingespielt darbieten. Vollkommen neu. Entschlackt nämlich. Bar fast aller folkloristischen Elemente. Alle Flöten, Geigen und ähnliche Utensilien haben sie einfach mal eingemottet. Und die alten Lieder sind nur noch purer Metal. 

Klar, gewisse schwarzmetallische Motive finden sich immer noch. Man höre einfach die Gitarrensounds des Openers ´Czary´. Aber insgesamt könnte man DIABOŁ BORUTA ablegen in einer Schublade mit dem Etikett Thrash Metal. Dabei sind die Melodien erhalten geblieben, die die Verbindung in eher folkloristische Gefilde bewahren.

Auch sonst reizt der Vierer die Grenzen des Genres ziemlich aus. ´Nim pierwsza gwiazda wzeszła´ beispielsweise, der mit Growls schon an meiner Schmerzgrenze kratzt. Manchmal meint man aber auch, einer Band zuzuhören, die die NWoBHM mit der Muttermilch aufgesogen hat. Der Sänger Pawel Leniart hat stellenweise ein ähnliches Timbre wie Brian Ross, was zur energiereichen Klangkulisse passt.

Klar, den polnischen Gesang versteht hierzulande sicher nicht jeder. Auch ich nicht, trotz polnischem Namen. Das macht mir aber wenig aus. Manchmal mag es sogar besser sein, Texte nicht zu verstehen, statt peinlich berührt zu sein. Allerdings passt der etwas gutturale, harte Klang der polnischen Sprache wunderbar zu dieser Musik. Und es ist vor allem auch der Mut zu honorieren, wenn eine Band neue Wege in ihrem Sound sucht. Dieser Richtungswechsel hier scheint mir recht gelungen, DIABOŁ BORUTA zeigen, dass sie in erster Linie und vor allem eines sind. Real Fu**ing Metal.

Mario Wolski vergibt 7,5 von 10 Punkten

HOME