CIRITH UNGOL – DARK PARADE

CIRITH UNGOL

Titel: DARK PARADE

Label: METAL BLADE

Spieldauer: 44:05 Minuten

VÖ: 20. Oktober 2023

Eine der gelungensten Reunions in der traditionellen Underground Szene seit rund 10 Jahren dürfte wohl die von CIRITH UNGOL gewesen sein. Über Dekaden mausetot geglaubt, erstarkte die kalifornische Epic Metal Legende Ende 2015 wieder aus den ewigen Jagdgründen. Auf legendäre Konzerte (u.a. als Headliner beim Keep It True und Hammer Of Doom 2017) folgte ab 2020 nach fast 30 Jahren auch wieder neues Studiomaterial (“Forever Black“ und die EP „Half Past Human“). Aufgrund der allgemeinen Weltlage konnte das taufrische Material natürlich nicht gescheit auf die Bühnen gebracht werden, dennoch holten sie im April den um drei Jahre verschobenen Auftritt beim KIT nach.

Mittlerweile steht schon das zweite Reunion Album „Dark Parade“ in den Ladenregalen und tatsächlich ist es Ausnahmesänger Tim Baker und seiner Crew auch in fortgeschrittenem Alter gelungen, ein Meisterwerk der Extraklasse zu erschaffen. Düster, beklemmend, kauzig und vollkommen einzigartig: für 08/15-Mainstreamhörer schwer zu begreifen, haben sich CIRITH UNGOL hier mal wieder aufs Neue selbst übertroffen. Mit `Velocity‘ eröffnet ein geschmeidiger Uptempo Banger das knapp 45-minütige Feuerwerk, das gleich zum Anfang von Tims psychotischen, markanten Screams gekrönt wird. `Relentless‘ martert in bestialischem Midtempo und geht so schnell nicht mehr aus dem Ohr, im Mittelteil des doomigen Epos `Sailor On the Seas Of Fate‘ zitiert Urgestein Greg Lindstrom gekonnt Riffs der eigenen Vergangenheit; ohne, dass es auch nur minimal den Anschein erweckt, abgedroschen zu klingen. Ganz böse Pipi in die Augen bekomme ich als bekennender Fan jedoch beim Rausschmeißer ‚Down Below‘, der klar als rührender Abschied von der weltweit eingeschworenen Gemeinde gedeutet werden kann:

„Maybe if I close my eyes, I won’t see the faces

All the living, all the dead, the dark unholy places

All those many years ago when paradise was lost

We never heard the warning, and we never knew the cost”

“Dark Parade“ muss sich zu keinem Zeitpunkt hinter einem Klassiker wie dem 1991er “Paradise Lost“ verstecken und glänzt mit einer druckvollen, zeitgemäßen und dennoch warmen Produktion. Hier war natürlich auch maßgeblich Bassist Jarvis Leatherby mit beteiligt, der vielen von seinem Hauptprojekt Night Demon bekannt sein dürfte.

Nur kurze Zeit nach Release von “Dark Parade“ gab die Band bekannt, dass ihr langjähriger Gitarrist Jim Barraza aufgrund gesundheitlicher Probleme ausgestiegen ist und sie Ende 2024 wieder sämtliche Aktivitäten einstellen werden. In der Zwischenzeit sollte es aber noch genug Möglichkeiten geben; zum Beispiel beim Up The Hammers im März oder beim Keep It True Rising nächsten Oktober. Mit dem erneuten Ende von CIRITH UNGOL wird nach dem Tod von Mark Shelton und dem unwiderruflichen Ende von Manilla Road die letzte echte Epic Metal Legende ein weiteres Mal abtreten. Also, genießt es und schaut Euch auch das neue Material live an, solange ihr noch die Möglichkeiten bekommt. Sollte in den letzten Wochen des Jahres kein Wunder mehr geschehen, sehe ich “Dark Parade“ auf dem Siegertreppchen der Neuerscheinungen 2023 – und das haben sich die Herren mehr als redlich verdient!!!

Marius Gindra vergibt 9,5 von 10 Punkten