
CEMETERY
Titel: THOUGHTS ON LIFE…AND DEATH
Label: EIGENPRESSUNG
Spieldauer: 49:41 Minuten
VÖ: 08. August 2025
CEMETERY sind seit mittlerweile 35 Jahren in der Szene unterwegs. Die Band um ihre Gründerväter Dani Zizek (Sänger/Gitarrist/Songwriter) und Michael Bolz (Schlagzeuger) wurde 1990 in Schongau/Bayern gegründet und war zunächst bis 1994 deutschlandweit aktiv. 1991 entstand ein Demo, das in der Szene sehr positiv aufgenommen wurde – schnell erlangte die Band Kultstatus weit über die Grenzen Deutschlands hinaus. Es folgten Gigs mit Größen wie Fleshcrawl, Dark Millennium und Pyogenesis. 1994 veröffentlichten CEMETERY ihr Debütalbum “Enter the Gate” (produziert von Falk Gruber (Atrocity, Sinister…). Doch schon kurz darauf war CEMETERY Geschichte – das deutsche Label, bei dem sie unter Vertrag standen, ging pleite und kümmerte sich nicht mehr um seine Bands. Um drohenden Rechtsstreitigkeiten zu entgehen, zog Dani Zizek die Reißleine und beendete CEMETERY kurzerhand.
Doch wie wir wissen, gibt es Friedhöfe mit einer gewissen Energie, die manche wieder auferstehen lässt – so auch CEMETERY im Jahr 2017. Selbst 20 Jahre im Untergrund konnten der Truppe nichts anhaben, und so wurde CEMETERY reaktiviert. Bis 2020 war die Band ein transatlantisches Projekt mit Mitgliedern in Los Angeles und Bayern – ein krasser Gegensatz, der aber funktionierte. Belegt wurde das mit dem zweiten Album “The Last Day on Earth”, das in Zusammenarbeit mit dem Grammy-nominierten Produzenten Paul Fig in Los Angeles (Alice In Chains, The Mars Volta, Trivium, Slipknot, Ghost) aufgenommen wurde. Wie man als bayerische Band an Paul Fig kommt? Ganz einfach: Paul ist ein Kumpel des damaligen CEMETERY-Drummers Dave Ferrara – so entstand die Zusammenarbeit ziemlich unkompliziert.
Zwar gab es im Laufe der Zeit einige Wechsel im Line-up, doch inzwischen zocken Bandgründer Dani Zizek (Vocals, Guitar), Markus Heilmeier (Guitar), Stefan Hendel (Bass) und Tobias Kasper (Drums) in einem festen Verbund. Gemeinsam entwickelten sie einen eigenständigen, prägnanten Stil, den man als Mix aus Old School Death-, Black- und Progressive Metal bezeichnen könnte. Am 8. August 2025 erschien das Konzeptalbum “Thoughts on Life…and Death”, das den Aufstieg eines totalitären Regimes und den Untergang des Individuums thematisiert. Erzählt wird die Geschichte aus der Sicht eines Protagonisten, den die Band schlicht “Jim” nennt.
Die Aufnahmen von Kasper & Dukart entstanden in der zweiten Hälfte des Jahres 2023 im Walzwerk Tonstudio in Weilheim, Bayern. Mix und Mastering übernahm Sergej Dukart. Für das Layout zeichnete Markus Heilmeier verantwortlich, das Bandfoto stammt von Matthias Heilmeier. Das Artwork wurde von Silvio Fiorese / Fiorese Designs gestaltet. So viel zur Info – jetzt rein ins Album:
Der Titeltrack ‘Thoughts on Life’ ist ein “In-die-Fresse-Opener”, der in unter drei Minuten durch die Ohren prügelt – lyrisch geht es um Jims Sorgen und Ängste. ‘Among the Dead’ knattert ebenso roh aus den Boxen, hat aber ein paar melodische Passagen zu bieten. Hier nimmt Jim eine schleichende Wandlung der Gesellschaft wahr. ‘Grief, Anger and Despair’ steigert die Aggression des bisher Gehörten und fräst sich mit tollwütigem Drumming, fettem Saitengeballer und rohem Death-Gebrüll tief in die Synapsen. Der Song ist nicht durchgehend schnell, sondern variiert mit langsameren Phasen. Mit sechs Minuten Spielzeit ist ‘Physical Fear’ eine abwechslungsreiche musikalische “Spielwiese”: stampfend am Anfang, später rasant, inklusive starker Instrumental-Performance – das macht richtig Bock.
Dass CEMETERY experimentierfreudig sind, zeigt sich in ‘Nothingness’, einem orchestrierten Zwischenstück mit gut zwei Minuten Spielzeit, das für Atmosphäre sorgt. Als “neue Visitenkarte” wollen CEMETERY den Song ‘Lock the Doors to Your Mind’ verstanden wissen, der in seinen sechs Minuten alle stilistischen Elemente vereint, die die Band ausmachen. Nachdem Jim mittlerweile im Knast sitzt, soll er in ‘Believe’ “seinen Individualismus aufgeben und sich der offiziellen Wahrheit unterordnen”. Mit ‘Truth “A”’ folgt ein weiterer, über sechs Minuten langer Track, der überwiegend instrumental gehalten ist, bevor das elfminütige Finale ‘Thoughts on Death’ den Tod von Jim thematisiert – ein Death-Doom-Mix, verschachtelt, aber dennoch sehr hörenswert.
Handwerklich ist “Thoughts on Life…and Death” ein gutes bis sehr gutes Album. Es überzeugt mit der richtigen Portion Underground-Härte, teilt ordentlich Gitarren- und Schlagzeugprügel aus, und auch der Gesang hat den nötigen Rotz, um den Metal-Untergrund zu begeistern. Hier liefern CEMETERY auf ganzer Bandbreite. Lyrisch hingegen erinnert das Konzept eher an das Servietten-Drehbuch eines B-Movies voller dystopischer Fantasien – hier hätte etwas mehr Tiefgang nicht geschadet. Ein Typ, der eingesperrt und “umgedreht” werden soll, um die richtige Wahrheit zu glauben, wirkt nach dem ganzen Pandemie-Wahnsinn und den dazugehörigen Theorien etwas befremdlich und hat mir nicht besonders gefallen. Trotz allem ist es ein starkes Album, das sich Genrefans definitiv anhören sollten. Erhältlich ist das Album über die Bandcampseite von CEMETERY: https://cemeterydeathmetal.bandcamp.com/album/thoughts-on-life-and-death
Tobi Stahl vergibt 7 von 10 Punkten