BÜLENT CEYLAN – ICH LIEBE MENSCHEN

BÜLENT CEYLAN

Titel: ICH LIEBE MENSCHEN

Label: One Four All Music/Universal

Spieldauer: Minuten

VÖ: 01. März 2024

BÜLENT CEYLAN, der Monnemer Türk, ist als Comedian eine Institution. Auf der Bühne und in TV-Shows glänzt er mit spitzer Zunge und treffender Wortwahl, verpackt kritische Töne in befreienden Witz. Auch seine Metal-Affinität dürfte weit bekannt sein. Immerhin hat er schon Wacken bespielt, als das noch nicht die ganz große Kirmes war auf der auch Schlagerbarden antreten dürfen. Auch singen durfte man ihn schon erleben. Dabei zeigte er sich vielleicht nicht als technisch guter, dafür aber als leidenschaftlicher Sänger.

Und mit „Ich Liebe Menschen“ will er uns jetzt ein richtiges Musikalbum verkaufen. Ein Album mit moderner Metallmusik, ganz ohne Comedy und Jux und Dollerei. Unterstützt wurde er bei diesem Vorhaben von Michael Herberger (Söhne Mannheims – Autsch) und Henning Verlage (neben vielen anderen Unheilig – Doppelautsch), die aber tatsächlich viel Gutes aus Bülent herausholen vermochten.

Natürlich herrschen diese fetten Sounds vor. Laute Gitarren, laute Keyboards, sonst meist ein Grund, sich abzuwenden, hier aber genau der richtige Sound. Da bin ich froh, dass ich nicht an Unheilig mich erinnert fühle. Beim eröffnenden Titelsong muss ich eher an Knorkator denken, auch der gesangliche Kontrast zwischen Strophe und Refrain. Ohne viel weiter mich auszulassen, hier beweist Herr Ceylan seine humanistische Grundeinstellung.

Das kratzig beißende ´Booom´ arbeitet sich auf zynische Weise ab an der Kurzlebigkeit und Oberflächlichkeit des heutigen Lebens. Da kommt dann doch der Satiriker durch. Zumindest kommt das bei mir so an, vielleicht verstehe ich den Künstler da auch falsch. Das mit orientalischen Klängen zaubernde ´Yallah Hopp´ macht Laune. Und nicht zuletzt erzählt es, wie der Metaller Alltag und musikalische Liebe zusammenbringt. Zudem ist das nebenbei gesagt auch der Titel des neuen Comedy-Liveprogramms. ´Brüder´ entstand gemeinsam mit Saltatio Mortis. „„Wir kämpfen für Gerechtigkeit, Brüderschaft, Nächstenliebe und gegen Rassismus, haben also eine ähnliche Lebenseinstellung – das war wirklich super.“, Genau das kann man auch hören.

Mit ´Schmutzige Liebe´ tue ich mich etwas schwer, vielleicht, weil ich noch nie gemocht habe, bis zur Halskrause im Schlamm zu stecken. Dafür erkenne ich mich im grandiosen ´Wenn Metaller traurig sind´. Einzig Ed Sheeran höre ich auch nicht wenn ich traurig bin. Aber sogar das Kuscheltier kommt mir bekannt vor, schließlich ruht auf meinem Kopfkissen ein kleines Wildschwein. Und nicht alle Metaller tragen Metall am Körper oder Farbe unter der Haut. Aber hier hat es Bülent geschafft, ich habe eine Entenpelle.

Nächstes Lied, nächster Gast. Wer wäre besser geeignet, bei der Hymne für Toleranz ´Anders Gleich´ als Partner aufzutreten als unser Lieblingsrumäne Peter Maffay. Ja, den habe ich lange nicht so ganz ernst genommen, aber im Laufe der Jahre zu schätzen gelernt, was er uns an Schätzen hinterlassen hat. Ich wollte nie erwachsen sein. Und ich bin froh, gelernt zu haben, es nicht immer sein zu müssen. Da bin ich sicher anders gleich wie „Acht Milliarden mal ein Leben.“

´Klopf Klopf´ erinnert ganz leicht an Rammstein. Passend dazu erzählt es vom Hass im Netz. „Du hast im Netz ne große Fresse, aber draußen bist du still Sitzt zu Hause ganz alleine, Social Media dein Ventil.“ Wer kennt sie nicht, diese beleidigenden Kommentare, meist von Leuten, die man gar nicht kennt, geschweige denn kennen will. Dazu passend die ´Rüstung Aus Hass´, eine traurige Nummer über ehemalige Bekannte, Freunde, die irgendwann scheinbar falsch abgebogen sind. Heute sind sie für Argumente nicht mehr offen. An dieser Stelle möchte ich zustimmen. „Es gibt nie zu viele ´Lieder gegen Nazis´“. Bis hierhin haben wir ein grundsolides Album. Es ist sehr unterhaltsam, die Texte für heimische Verhältnisse recht unpeinlich. Klar haben wir keine Weltsensation, keine Innovation. Die wird hier aber sicher nicht erwartet. Mir war klar, es sorgt bei mir für gute Laune. Und der Künstler beweist genauso Haltung wie sonst auch in seinem Leben als Künstler. Erfrischend, die Spielzeit der einzelnen Lieder geht nicht über dreieinhalb Minuten, manche bleiben sogar unter deren drei. In der Kürze liegt hier die Würze.

Am Ende zeigt er noch seine ruhige Seite, seine gefühlvolle Seite. Zwei Balladen, gewidmet zwei Frauen in seinem Leben. Die eine ´Wohin Du Gehst´ wendet sich an seine Tochter. Die zweite, ´ Engel Landen Weich´ ist eine gelungene Liebeserklärung an seine Frau. Genauso opulent, wie zuvor die Gitarren klingen, klingt jetzt die Orchestrierung. Irgendwie sorgen diese beiden doch recht ruhigen Nummern für einen versöhnlichen Abschluss.

Ich liebe Menschen.

Mario Wolski vergibt 8 von 10 Punkten