BLUES PILLS – HOLY MOLY!

BLUES PILLS

Titel: HOLY MOLY!

Label: NUCLEAR BLAST / WARNER

Spieldauer: 41:24 Minuten

Die Verschiebetaktik des Labels im Zuge der Corona-Pandemie zeigt, welchen Stellenwert die BLUES PILLS weiterhin für deren Portfolio einnehmen. Angesichts der langen Pause seit 2016, in der man nicht weniger als den Verlust des Ausnahmekönners Dorian Sorriaux verkraften musste, wollte man offenbar alles richtig machen. Schlußendlich muss unabhängig vom Veröffentlichungsdatum jedoch die Musik überzeugen, und natürlich ist allein aufgrund des Verlusts eines integralen Bestandteils des Bandsounds Skepsis angesagt. Schon seit der Veröffentlichung der Appetizer, etwa „Proud Woman“, war klar, dass den BLUES PILLS durch den Verlust der inspirierten Saitenhexereien Sorriaux` tatsächlich ein Stück ihrer Aura verlustig gegangen ist: das Riffing Zack Andersons ist, selbstredend auch seinem Wechsel vom Langholz zur E-Gitarre geschuldet, erheblich konventioneller. In Sachen Songwriting besinnt man sich auf die auf den beiden Vorgängern etablierten Stärken und bündelt diese in Stücken, die meist kürzer als vier Minuten sind. Energetische Rival Sons-Grooves („Low Road“, „Kiss My Past Goodbye“) und  entspannte Black Crowes-Bluesballaden („California“, „Wish I’d Known“) dominieren das Album.

Aber schon die Nennung solcher Einflüsse zeigt, dass die Band sich weiter finden muss, um vielleicht irgendwann wieder selbst zum Blues Rock-Trendsetter zu werden, wobei das hintergründig-relaxte „Song From A Mourning Dove“ den Weg weisen könnte. Elin Larsson ist mehr denn je der unumstrittene Star in der Manege und verleiht der Sound der Band auf „Holy Moly!“ immerhin eine tiefer reichende, schwüle Südstaaten-Note („Dreaming My Life Away“) mit noch feiner ziselierten Soul-Facetten. Offenbar ist sich die gereifte Chanteuse auch ihrer gewachsenen Verantwortung bewusst und schreitet beispielsweise mit dem selbstbewussten Text zu „Proud Woman“ forsch voran. Jedoch ist das lyrische Selbstbewusstsein bislang noch deutlich ausgeprägter als das musikalische: in der Zeit zwischen „Lady In Gold“ und „Holy Moly!“ haben die BLUES PILLS endgültig und leider wohl nachhaltig ihre Unschuld verloren und müssen lernen, sich im gnadenlosen Mainstream-Haifischbecken freizuschwimmen. Ein gutes, aber nicht begeisterndes Album.

Patrick Müller vergibt 7,5 von 10 Punkten