BLEEDING – UNIVERSE 25

BLEEDING

Titel: UNIVERSE 25

Label: EIGENPRODUKTION

Spieldauer: 45:00 Minuten

VÖ: 01.10.2022

Zehn Jahre nach ihrer Debüt-EP kehren BLEEDING quasi zurück zu ihren Wurzeln und veröffentlichen ihr drittes Album ohne Unterstützung eines Labels komplett in Eigenregie. Nicht nur was das betrifft, stellt „Universe 25“ eine Zäsur dar. Zwar wusste das bisherige musikalische Schaffen der sympathischen Nordlichter durchaus zu gefallen, allerdings verließen sie nur selten das Fahrwasser ihrer großen Vorbilder Psychotic Waltz (Der Bandname kommt nicht von ungefähr!).

Vor allem das Gitarrentandem Nickel/von der Fecht brillierte dabei durch seine Schwindel erregenden Griffbrettduelle. Diese gehören zwar auch anno 2022 nicht komplett der Vergangenheit an (‚Little Creatures‘, ‚Out Of Pathology Comes Progress‘), werden aber viel stärker in den Dienst des Albums gestellt. Ähnlich ist es mit dem Gesang. Wo sich Sänger Haye Graf früher mit seiner Kopfstimme die Seele aus dem Leib schrie, geht er nun wesentlich kontrollierter zu werke und erinnert zuweilen sogar an Jan Lubitzki von Depressive Age (‚The Cure‘).

Auf diesem Konzeptalbum einzelne Tracks herauszupicken verbietet sich eigentlich, denn „Universe 25“ funktioniert am besten in seiner Gesamtheit. Vor allem der verstärkte Einsatz von Akustikgitarren und Synthesizern wirkt sich sehr positiv auf die Atmosphäre dieses Albums aus, die eigentlich permanent eine gleichsam wohlige wie bedrohliche Dichte aufweist. Gerade die kurzen Zwischenspiele (‚Phase A‘, Phase D‘, ‚Only The Architects) tragen maßgeblich dazu bei und strukturieren geschickt den Plot der Story.

Diese Story ist ebenso faszinierend wie erschreckend. Sie basiert auf einem Experiment des US-amerikanischen Wissenschaftlers John Calhoun (Ich frage mich gerade, ob dieser auch namensgebend für die Schweizer Avantgardisten von Calhoun Conquer war.), welches dieser genau 25 Mal wiederholte und dabei immer zum gleichen Ergebnis kam.

In den Siebzigern erbaute Calhoun eine Art Mäuseparadies, mit genügend Futter, Wasser und Platz für mindestens 4000 Labormäuse. Trotz der idealen Lebensbedingungen entwickelte sich die Population bis maximal 2200 und es endete jedes Mal mit ihrer kompletten Auslöschung. Welche Prozesse und Entwicklungen dazu führten, soll hier nicht gespoilert werden. Hört euch das Album einfach in Ruhe mit Texten an und recherchiert ein wenig dazu. Nur so viel: Die Erkenntnisse aus Calhouns Arbeit lieferten Modelle für die Entwicklung menschlicher Gesellschaften und erklären, warum wir Menschen den Karren immer weiter in den Dreck fahren.

Das passende Cover-Konzept stammt von Haye Graf und Jörg von der Fecht hat sich höchstselbst des Sounds angenommen. Gemeinsam mit Marc Nickel zeichnet dieses Trio für das gesamte Songwriting verantwortlich. Bei der Umsetzung war wieder die bewährte Rhythmussektion, bestehend aus Heiko Spaarmann am Bass und Andreas Tegeler am Schlagzeug, am Start. Es ist absolut beeindruckend, was für ein Monster dieses Quintett mit „Universe 25“ erschaffen hat. Holt euch das Ding am besten sofort hier: Universe 25 | Bleeding (bandcamp.com)

Alex Fähnrich vergibt 9 von 10 Punkten