BLAZE OF PERDITION – UPHARSIN

BLAZE OF PERDITION

Titel: UPHARSIN

Label: Metal Blade Records

Spieldauer: 40:59 Minuten

VÖ: 19. April 2024

Aus unserem Nachbarland Polen kommen einige bockstarke Black Metal Acts und dazu gehören zu 666% auch BLAZE OF PERDITION, die 2024 ihr 20. Jubiläum feiern und mit ihrem sechsten Album “Upharsin” zurückkehren. Am 19. April entfesseln die Polen um Sänger S., die Gitarristen XCIII und M.R., den Drummer VZN so wie Session-Bassist Wyrd die Scheibe bei Metal Blade Records und gehen einen Schritt zurück zu einem eher orthodoxen Ansatz des Black Metal.

Auch im Jahr 2024 ist die Pandemie Thema, denn Corona nahm Einfluss auf ihr vorheriges Album “The Harrowing Of Hearts”, das am 14. Februar 2020 – also kurz vor Beginn der Pandemie veröffentlicht wurde. Folglich konnten die polnischen Schwarzmetaller nicht auf Tour gehen und legten (eine Art) Pause ein. Man spielte zwar hier und da eine Show, aber Sänger S. und Gitarrist XCIII beschlossen sich für eine Weile hauptsächlich auf ihre anderen Bands MĀNBRYNE bzw. PIOŁUN zu konzentrieren. Umso besser ist es, dass man mit “Upharsin” nach gut vier Jahren zurück ist, um (musikalisch) auch einen Schritt zurückzugehen.

BLAZE OF PERDITION über “Upharsin”:
Mit “Upharsin” wollen wir die Wunden der Menschheit als Kollektiv öffnen. Das Album reflektiert, wie Menschen zu Konflikten und Streit neigen. Wie Religionen, Politik und andere Aspekte unseres Alltagslebens von unseren niederen Instinkten verdorben und angetrieben werden. Da wir uns bereitwillig weigern, aus unserer eigenen Geschichte zu lernen, da wir uns dafür entscheiden, den Schattenaspekt unserer psychischen Realität zu ignorieren und zu vernachlässigen, was uns wiederum immer weiter in den ewigen Kreislauf der Gewalt führt. Es ist wahrscheinlich das realistischste Konzept, das wir mit merklich weniger spirituellen Tendenzen und einem viel bodenständigeren Ansatz.

Der Opener ´W kwiecie rozłamu´ (´In Ruptures Prime´) ist in Landessprache gehalten wie auch die anderen vier Lieder. Die insgesamt fünf Tracks teilen sich 41 Minuten Spielzeit Die slawische Sprache ist von ihrem Klangbild her prädestiniert für rohe und düstere Texte und so fesselt mich bereits dieser erste Song, der ziemlich brachial über fast achteinhalb Minuten aus den Kopfhörern ballert und dabei mein Musikzimmer in atmosphärische Schwärze taucht.

Über ´W kwiecie rozłamu´ sagt S.
Der Eröffnungstrack ´W kwiecie rozłamu´ schlägt von der ersten Sekunde an hart ein. „Wir wollten das Album mit etwas Auffälligem und Strafendem beginnen, weshalb es kein Intro gibt, das zunächst die Stimmung vorgibt. Die meisten unserer Songs behalten jedoch selten über die gesamte Dauer die gleiche Stimmung und dieser hier ist nicht anders. Das liegt wahrscheinlich daran das es die abwechslungsreichste Komposition auf “Upharsin” ist und mit Wut und Flammen beginnt, aber bald in einen etwas schlammigen, fast psychedelischen Abgrund gerät, um sich wieder in ein feuriges, explosionsgetriebenes Inferno zu verwandeln. Textlich handelt es von unserem Kampf, mit dem Tempo und den Versuchungen unserer Zeit Schritt zu halten kollektive, destruktive Natur zu verstehen, zu akzeptieren und daraus zu lernen, anstatt es zu unterdrücken und zuzulassen, dass es sich ausdehnt.

Bedrohlich aber nicht so temporeich beginnt ´Przez rany´ (´Through the Wounds´), dass mit 07:17 Minuten der “kürzeste” Titel auf dem Album ist. Auch hier hat Sänger S. die Hintergründe erklärt und seine Gedanken mitgeteilt.

Als ich über den Eröffnungstrack sprach, sagte ich, dass es nicht üblich ist, dass wir die Lieder über die gesamte Dauer in einer ähnlichen Stimmung halten, aber dieses hier ist eine seltene Ausnahme. Unser Ziel war es, eine marschartige Hymne mit einem bestimmten zeremoniellen Ton zu schaffen. Wir haben hier auch etwas eher Ungewöhnliches eingebaut, nämlich einen rhythmischen, gesungenen Refrain, um eine Art verdrehtes Gefühl von Hochgefühl und Verzückung zu unterstreichen. Textlich geht es in dem Lied darum, wie Religionen und Ideologien unsere Komplexe und Vorurteile nähren und uns letztendlich in die Tiefe treiben Wie sie durch die Unterdrückung des Geistes auch unterdrückte Dämonen dazu inspirieren, die Macht zu übernehmen, indem sie uns ein Gefühl der Selbstgerechtigkeit vermitteln, und wie dies schließlich zum letzten Tropfen wird, der das Fass zum Überlaufen bringt.

In ´Niezmywalne´ (´Indelible´) spielen BLAZE OF PERDITION mit verschiedenen Stimmungen, nehmen das Tempo raus, erhöhen es wieder, feuern Growls wütend und angepisst raus oder screamen und lassen die achteinhalb Minuten sehr kurzweilig erscheinen. Auch die melodischen Instrumentalparts innerhalb ihrer Songs sind sehr gelungen und tragen zur Atmosphäre bei. Manchmal erinnern mich die wahnsinnigen Vocals auch an Szenen aus der Evil Dead Reihe. ´Architekt´ (“The Architect”) hat die von mir bereits genannten verschiedenen Phasen, die insgesamt wieder anders im Ohr ankommen als beim Vorgänger. Die Deutung des Textes ist aufgrund der Sprachbarriere nicht einfach, doch kommen sowohl der gefallene Sohn vor, als auch eine Schlange, daher glaube ich dass man schon eine Ahnung bekommen kann, um was es in ´Architekt´ gehen könnte. Mit seinen neuneinhalb Minuten Spielzeit kann man ´Młot, miecz i bat´ (“Hammer, Sword and Whip”) schon als großes Finale, als stärksten und auch als soundgewaltigsten Track auf “Upharsin” bezeichnen.

Wie schon im Text geschrieben zeichnet sich “Upharsin” durch eine wahnsinnig dichte Atmosphäre aus, die mit den Lyrics auf polnisch noch intenisver wird. BLAZE OF PERDITION gehen nicht nur ins Vollgas oder setzen ausschließlich auf rohe und urgewaltige Vocals, sie geben den Songs auch eine melodische Struktur und verleihen dem Gesang eine Note, mit dem auch Genre-Neulinge “warm” werden können. Wenn die Scheibe am 19. April erscheint vergräbt man sich am besten mit Booklet und Übersetzer an seinem Wohlfühlort und erkundet die schwarzen Tiefen dieses Jubiläumswerks von BLAZE OF PERDITION.

Tobi Stahl vergibt 8,5 von 10 Punkten