
BIRTH CONTROL
Titel: BÄNG!
Label: Ohr/ZYX
Spieldauer: 68:24 Minuten
VÖ: 16. Mai 2025
In den 90ern, von Gütersloh aus, gab es zwei Destinationen, die wir gern anfuhren, um uns Bewegungslegastheniker auf der Tanzfläche zu bewegen. Da war der eher hardrockig angelegte „Rockpalast“ in Harsewinkel und der Oldies-Donnerstag im Bielefelder „Zweischlingen“. Ein paar Songs gab es in beiden Läden. Songs, die seitdem immer gern mein Leben erleichtern. Dazu gehören John Lords ´Bourée´, Carolyn Mas mit der Liveversion von ´Sittin‘ In The Dark´ und das großartige ´Gamma Ray´ der hier besprochenen BIRTH CONTROL. Kein Wunder, dass ich mir diese Band am 30. April 1995 in der „Alten Weberei“ anzusehen. Ein grandioser Abend, wenn die mittlerweile getrübte Erinnerung nicht trügt.
So ein Monsterhit wie erwähntes ´Gamma Ray´ kann auch eine sehr schwere Bürde sein. Klar, jeder kennt es. Oder fast jeder, altersbedingt. Andererseits, wenn ich etwa die Best Of auflege, diesen einen Song kann ich tatsächlich in Dauerschleife hören. Der Rest, bei aller Liebe, geht manchmal da rein und dort wieder raus. Auf dieser Best Of ist Musik vom 81er Album „Bäng!“ noch gar nicht enthalten. Mir ist es bis heute auch gar nicht bekannt gemacht worden. Also ist es ein guter Moment, sich da einzuhören.
Mit „Bäng!“ kommen Altes und Neues zusammen. Der erste Track ´Nuclear Reactor´ schließt zumindest inhaltlich an die Nummer mit den Gammastrahlen an. Aber auch musikalisch. Man hört am Sound, welche Band genau hier zugange ist. Auch wenn man 1981 etwas geradliniger, hardrockiger musizierte, etwas weniger krautig jazzrockig, als in den Jahren zuvor, der geneigte Hörer hört durchaus mehr als nur Spuren des 70er Sounds. Da findet man zum Beispiel die fette Schweineorgel in ´Get Ready To Run´. Daneben aber auch, typisch für die Zeit, das direktere Songwriting. Da sind BIRTH CONTROL einen ähnlichen Weg gegangen, wie etwa auch Faithful Breath, weg vom krautigen, hin zum kernigen Hard Rock. Letztere sind diesen Schritt am Ende noch konsequenter gegangen, bis zur Umbenennung in Risk.
´Take Alarm´ mit dem tollen Groove wäre eine Verlockung, in einem Rockpalast (oder wie auch immer diese Läden heute heißen mögen) die Tanzfläche zu stürmen. Dieses eine immer wiederkehrende Riff hat übrigens was von Erich Klapptons ´Layla´. ´Greedy Eyes´ rockt recht aggressiv dahin. Mit dem folgenden Epos ´The Day Of Doom Is Coming´ und kommt man, bewußt oder unbewußt, dem alten Hit recht nahe. Da ist der tanzbar treibende Rhythmus. Und da sind vor allem die fesselnden Percussions. Für mich ganz sicher ein, wenn nicht der, Höhepunkt auf dieser Veröffentlichung. Auch mit dem ´Doom Boom´ gehen meine Mundwinkel gut gelaunt nach oben. Vor den, für eine Wiederveröffentlichung fast schon obligatorischen, Bonustracks findet sich mit ´The King Of An Island´ eine fast schon ruhig und besinnlich zu beschreibende Nummer, voller Gefühl, voller Seele und Wärme.
Ob es aber als Bonus wirklich drei (in Ziffern 3) Versionen braucht von ´Nuclear Reactor´ sei mal dahingestellt. Zwei Singlemixes von 7 und 12inches, da würde ich mich jetzt nicht so wirklich drum reißen. Die Liveversion eher schon. Und sonst vielleicht eher einen Bandklassiker in einer Liveversion jener Bandphase. Das hätte ich sicher spannender gefunden. Aber vielleicht hat die ja jemand in der Hinterhand behalten, um noch ein richtig fettes Konzertscheibchen rauszuhauen. Da hebe ich schon mal die Hand. Will ich haben. Ansonsten genieße ich „Bäng!“
Ach, das Cover finde ich wirklich stark. Für mich eines der schönsten aus jener Zeit.
Mario Wolski vergibt 8 von 10 Punkten