Die Serie an Balladen-Compilations des Bochumer Gitarristen und Songschreibers AXEL RUDI PELL scheint ein wahres Erfolgsmodell zu sein. Von den bisher fünf Teilen von 1993 bis 2017 sind bis heute weit mehr als 250.000 Exemplare über den Ladentisch gegangen und unter den aktuell zehn meist gestreamten Pell-Songs bei Spotify befinden sich allein neun (!) Balladen.

Es wird also allerhöchste Zeit für die neueste Ausgabe der Fortsetzungsgeschichte: “The Ballads VI“, welche als CD, Doppel-Vinyl-LP und digitaler Download erscheint und insgesamt dreizehn Kompositionen enthalten wird. Fünf davon sind brandneu eingespielte Stücke, darunter zwei bemerkenswerte Coversongs: `Diamonds And Rust´ (Joan Baez) und `Dust In The Wind` der US-Rockband Kansas.

Bei den weiteren Nummern handelt es sich um ruhige Momente der vier zurückliegenden AXEL RUDI PELL Studiowerke. Während `Beyond The Light´ auf “Knights Call“ (2018) zu finden war, steht der Song `As Blind As A Fool Can Be´ auf der Trackliste von “Sign Of The Times“ (2020).

Die Tracks `She´s A Lady´ (Paul Anka/Tom Jones ), Jalacy „Screamin´Jay“ Hawkins´ `I Put A Spell On You´ sowie der Tony Carey-Covertrack `Room With A View´ waren zuvor Bestandteil der Coverplatte “Diamonds Unlocked II“ (2021) und `Gone With The Wind´, `Fly With Me´ und die Lockdown-Single `Quarantine 1´ stammen vom aktuellen Werk “Lost XXIII“ (2022).

In diesem Fundus an Songs tun sich vor allem die drei Coverversionen sowie zwei Songs des 2022er Opus als Highlights hervor. `Gone With The Wind´ und `Fly With Me´ sind einfach grandiose, übergroße Kompositionen mit massig Gefühl, Gänsehautgarantie und verfügen über Riesensoli des Meisters.

Schauen wir uns aber vor allem die beiden frischen Coverversionen sowie die drei neuen Nummern nun etwas genauer an, bei denen es sich um die beiden Instrumentalnummern `Revelations´ und `Hidden Secrets´ sowie den Vocal-Track `Morning Star´ handelt. Dieser war ursprünglich als Kandidat für die 2024 angekündigte kommende Studioscheibe geplant, wurde nun aber doch bereits für “The Ballads VI“ freigegeben.

Sowohl der gut zweieinhalbminütige Auftakt `Revelations´, welcher auch als eine Art Intro der Platte fungiert, als auch `Hidden Secrets´ sind eher unspektakulär und ein wenig farblos geraten. Ganz anders jedoch das mit Gesang versehene neue Stück `Morning Star´, der sowohl Emotion, als auch gutes Songwriting und auch ein großartiges Solo bietet.

Für die wahren Glanzlichter sorgen hier allerdings die beiden Bearbeitungen bekannter Stücke. Bei `Diamonds And Rust´ handelt es sich um den Klassiker der amerikanischen Folk-Ikone Joan Baez, der bereits durch eine deutlich härtere Judas Priest-Fassung und eine mittelalterliche Blackmore´s Night Version bekannt sein dürfte.

Es gelingt eine perfekte, Gänsepelle verursachende AXEL RUDI PELL Adaption, hier besonders auch aufgrund der Gesangsleistung von Johnny Gioeli. Ähnliches gilt für den Kansas Hit `Dust In The Wind´, der durch eine intime, reduzierte Besetzung ohne Drums, nur mit Gitarre, Keyboards und Gesang ein besonders softes, ruhig fließendes Gepräge und Flair erhält.

Am Ende des Tages also die balladeske Vollbedienung mit üppiger Spielzeit von fast eineinviertel Stunden und in Sachen Songwriting und musikalischer Umsetzung über jeden Zweifel erhaben, aber eben auch nur fünf wirklich neue Songs, von denen zwei (sehr gelungene) Coverversionen sind.

Michael Gaspar vergibt 7,5 von 10 Punkten

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