
ARJEN ANTHONY LUCASSEN
Titel: SONGS NO ONE WILL HEAR
Label: INSIDE OUT/SONY MUSIC
Spieldauer: 97:06 Minuten
VÖ: 12. September 2025
„Was würdest du tun, wenn du wüsstest, dass die Welt in fünf Monaten untergeht?“
Aus der dystopische Ausgangssituation eines unmittelbar bevorstehenden Asteroideneinschlags, der die Erde in einen riesigen kosmischen Aschenbecher verwandeln wird, bezieht Arjen Anthony Lucassen die Inspiration für sein apokalyptisches Soloalbum “Songs No One Will Hear“ und liefert damit den unterhaltsamen Soundtrack zu den potentiell letzten Tagen der Menschheit.
Dreizehn Jahre nach seinem letzten Soloalbum “Lost In The New Real“ ist ARJEN LUCASSEN zurück mit seiner typischen Mischung aus Humor, Emotion und aus Tracks zwischen gitarrenlastigem, epischen Progrock und leichtfüßigen, verspielteren Stücken.
Im Kern ist “Songs No One Will Hear“ von seinem tiefgründigen Konzept geprägt und betrachtet auf einer emotionalen, musikalischen Achterbahnfahrt verschiedene Aspekte der vermeintlich ausweglosen Situation, die sowohl die hellen als auch die dunklen Seiten der menschlichen Natur beleuchtet.
Durch das Album führt Mike Mills (Toehider) mit seinen emotionalen Ansagen im Stile einer „End Of The World“ TV Show. Diese verbinden das Ganze und werfen solch interessante Fragen auf, wie zum Beispiel, wann der Algorithmus herausfindet, wie man aus der drohenden Katastrophe am besten Profit schlagen könne.
Überhaupt ist der typische augenzwinkernde Humor des Multi-Instrumentalisten, wie er bereits im heiteren Albumtitel offensichtlich wird, allgegenwärtig. Die zweite CD beinhaltet übrigens eine alternative Version der kompletten Scheibe ohne die narrativen Sequenzen.
Zusammen mit Mitwirkenden wie Irene und Floor Jansen, Robert Soeterboek, Marcela Bovio und Patty Gurdy, die dem vielfältigen Sound des Albums zusätzliche Tiefe verleihen, präsentiert der Maestro acht abwechslungsreiche Stücke.
Direkt `The Clock Ticks Down´, ein Duett mit Floor Jansen, überzeugt mit schwungvollen Synthies, packenden Riffs und akustischen Melodien, während die Vorabauskopplung `Goddamn Conspiracy´ mit ihren Hammond- und Flötenklängen deutliche 70s Deep Purple und Jethro Tull Vibes versprüht.
Es schließen sich das wundervolle `The Universe Has Other Plans´ sowie das wild-verrückte `Shaggathon´ an, welches den Wahnsinn angesichts des drohenden Weltuntergangs zu verkörpern scheint, sowie `We’ll Never Know´, ein weiteres eher balladeskes Duett mit der Nightwish Sängerin.
`Dr. Slumber’s Blue Bus´ geht eher rockig-bluesig-entspannt zu Werke, bevor mit `Just Not Today´ so ein weiterer, typischer, leichter Track folgt, eine akustische Ruhepause vor dem drohenden Sturm und ein launiger Trost: das Ende ist nah, aber so nah eben auch noch nicht.
Die Menschen durchleben die verschiedensten Emotionen zwischen Angst, Wut und Reue und viele von ihnen versammeln sich auf Sanctuary Island, um gemeinsam ein letztes Lied zu singen, das fulminante Finale `Our Final Song´. Der epische 14-Minuten-Kracher stellt mit kosmischen Synthies, packender Gitarrenarbeit, vielseitigen Vocals, Soli und Chören den würdigen Abschluss eines Albums dar, das eine eklektische Mischung aus verschiedensten Musikstilen vereint und nahtlos zwischen dramatischen Abschnitten und introspektiveren Momenten wechselt.
Eine Scheibe, die so schnell nicht langweilig wird, da es immer neue vom Meister hinterlassene Puzzleteile zu entdecken gibt. Inspirierend, abenteuerlich und musikalisch spannend und voller Überraschungen! Und Arjen Lucassen wäre nicht Arjen Lucassen, wenn es am Ende nicht auch noch einen kleinen unglaublichen, inhaltlichen Twist gäbe, doch den müsst ihr schon selbst aufspüren.
Michael Gaspar vergibt 9 von 10 Punkten