
ANDY GOLDNER
Titel: BELLEVILLE
Label: Golden Core/ZYX
Spieldauer: 34:04 Minuten
VÖ: 22. August 2025
In der Zeit um 1980 herum gab es in der heimischen Musikszene eine zweite kreative Welle. Nach dem Krautrock der Seventies. Genau wie im Rest der Welt wurden Prog und Co. von Punk und Metal überschattet und parallel begann die Neue Deutsche Welle. In diese Zeit fällt auch diese kultige Scheibe eines gewissen ANDY GOLDNER.
ANDY GOLDNER (aka. Andy Göldner) ist noch heute ein wichtiger Teil der Musikszene im Raum Stuttgart. Er startete als Mitglied der Stuttgarter Band The Five-Fold (1965-1969). Musikalisch geprägt waren sie von Beat und Pop, sowie der Musik von Jimmy Hendrix. Zusätzlich war Andy Goldner Mitglied der Bands Muli & The Misfits, Seelow und natürlich bei Exmagma. Nach einem kurzen Intermezzo mit der Band Yagua gründete er 1977 die erste Andy Goldner Band, mit der er zusammen mit Kraan beim Mini-Woodstock vor 8.000 Leuten im Odenwald spielte. 1979 veröffentlichte er die erste Solo-LP, die von Conny Plank aufgenommen und produziert wurde. 1980 arbeitete er an seinem zweiten Album „Belleville“ für das deutsche Label Peak. Neben Goldner (Gesang, Gitarre), ist hier auch sein Bandkollege Tommy Balluf (Orgel) von Exmagma zu hören. Bass und Schlagzeug übernahmen gleich zwei Musiker der Gruppe Eulenspygel, Peter Weber (Bass) und Peter Garattoni.
Eigentlich kam er ja aus Kraut und Prog. Die sind hier auch noch irgendwie zu finden. Doch seine Mischung auf „Belleville“ ist weit origineller. Da steht am Anfang der schräge Hard Rocker ´Pretty Bold´. ´Walkin‘ Down´ ist trotz englischer Lyrics fast klassische Neue Deutsche Welle. Psychedelisch bekifft kommt ´I Want It´. Dann werde ich von dem Reggae ´White Lion In A Babylon´ überrascht. Das passt aber am Ende in die krude Mischung der Scheibe.
Die schrägen Orgeltöne in ´Goin Thru´ verknüpfen Kraut und NDW. Insgesamt kommt hier auch eine ähnliche Theatralik durch, wie man es von diversen Grobschnitt Alben kennt. Die Hagener haben es ja auch geschafft, ihre Musik hinüberzuretten in die NDW. ´Come On´ lässt funkige Funken sprühen, ´Check It Out´ verbindet Reggae mit Hard rockenden Gitarren. Gelingt nicht oft. Hier gelingt es. Zum Abschluß gibt es einen groovenden 9-Minüter, der es schafft, Krautrock auf die Tanzfläche zu heben, ´18 And A Gambling Man´.
Ich muss gestehen, die Mischung auf „Belleville“ war für mich erst einmal gewöhnungsbedürftig. Aber das Ding wächst bei jedem Durchlauf. Wenn man erst einmal die Wurzeln findet, und die Ziele der Songs, dann kommt das Verstehen. Mir war die Scheibe und der Künstler bis dato unbekannt. Ich glaube sogar, ANDY GOLDNER war damals seiner Zeit voraus und „Belleville“ wurde vielfach nicht gehört und nicht verstanden.
Dennoch sollte man kurz erwähnen, auch nach „Belleville“ war Andy noch aktiv. Als Musiker, mehr noch aber als Produzent. So arbeitete er für Helga Pictures oder die Piranyas. Und er sorgte für die musikalische Untermalung von Filmen etwa den Tatort „Jetzt und alles“. Aber ein wichtiger Schritt auf seinem Weg führte von und nach „Belleville“.
Mario Wolski vergibt 8 von 10 Punkten