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RAVENSTINE – Cyber Mobbing, Depressionen, Hass im Netz, dabei kann das Leben so schön sein.

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Am 12. Januar veröffentlichen RAVENSTINE ihre zweite Scheibe “2024” über Massacre Records. Mit vielen interessanten Songs gespickt, gefällt mir der Zweitling der international besetzten Hard Rock Truppe sehr gut. Ich durfte für Obliveon.de mit Martin Sosna sprechen, der Gründungsmitglied der Band ist, die sixh zusätzlich aus Žanil Tataj- Žak (Lead- / Harmony Vocals), John A.B.C. Smith (Lead- / Harmony Vocals, Bass, (Akustik) Gitarren), Martin Sosna (Gitarren, Vocals), Ian O’Sullivan (Gitarren, Vocals, Mandoline) so wie Hanno Kerstan (Drums, Percussions) zusammensetzt.

Hallo Martin, du bist Gitarrist und singst bei RAVENSTINE! Ich durfte eure zweite Scheibe für das Onlinemagazin Obliveon.de besprechen und bin a) über mich selbst verärgert, dass ich euch nicht schon früher entdeckt habe und b) sehr angetan von “2024”, dass am 12. Januar 2024 erscheint. Wo kam denn euer Debütalbum raus und wie wurde es von der Szene aufgenommen, auch bezüglich der sehr “Bruce Dickinson´schen” Stimme von Žanil – die, wie ich nach öfterem hören finde, doch eigene Trademarks hat und kräftiger klingt als die vom Maiden-Shouter.

Hi Tobi, um ehrlich zu sein, haben wir uns ja erst Ende 2021 durch die Pandemie als Gruppe zusammengefunden, weswegen du ja noch nicht allzu viel verpasst hast.
In 2022 haben wir unsere CD Single “Ravenstine” veröffentlicht, die mit einer 500er Auflage binnen eines Monats ausverkauft war. Unsere Debüt-Scheibe kam in 2023 via Rock of Angels Records raus. Ich hatte Aky (Labelchef) in Griechenland durch Mystic Prophecy kennengelernt und ihm unsere CD Single in die Hand gedrückt. Nach einiger Zeit hat er mich kontaktiert und meinte, dass wir sehr gerne etwas zusammen machen könnten. Kurzentschlossen habe ich ihn in Thessaloniki besucht und die Sache Dingfest gemacht. Das Debüt lief besser, als ich persönlich es erwartet habe, da wir die Vinylauflage fast ausverkaufen konnten. Um aber auch die Frage nach dem neuen Label zu beantworten: Wir haben die Zusammenarbeit beendet, da Aky und ich zu diversen Dingen sehr unterschiedliche Standpunkte hatten und gemerkt haben, das die Freundschaft wichtiger, als das Geschäft ist.

Um unseren Lesern einen besseren Ein- und Überblick zu geben, möchte ich dich gerne nach der Zusammensetzung von RAVENSTINE fragen – ihr seid ja eine sehr international besetzte Band, oder?

Ich kenne John seit Anfang der 90er Jahre, als er noch bei Scanner gespielt hat, deren Manager ich damals war. Die Freundschaft ist über all die Jahre bestehen geblieben. Als die Pandemie kam, waren einige meiner Freunde schlagartig arbeitslos und ich ebenso. In dieser Phase habe ich mich dem Gitarre spielen gewidmet und meine erste E-Gitarre im Rockland Witten gekauft. Auf der Terrasse bei John spielte ich ein Riff, aus dem am Ende der Song ´Ravenstine´ entstand. Aus “ich will nur mal einen eigenen Song machen”, wurde sehr schnell mit ´Blue Light´ ein zweiter Song. Es folgte mit ´Still Alive´ ein dritter Song und es war klar:

Wir brauchen einen echten Drummer (Hanno Kerstan) und keinen Drumcomputer. Wir brauchen einen zweiten Gitarristen (Ian O´Sullivan), da ich es alleine als Anfänger nicht gebacken bekomme und vor allem: Wir brauchen einen ausdrucksstarken Sänger. In einer Whiskeylaune haben wir einfach mal ´Ravenstine´ an Zak geschickt, den John noch aus alten Tagen kannte und der mal als Sänger bei Scanner im Gespräch war, was aber nie zustande kam. Nach drei Tagen hatten wir den Song zurück und sind wie die Kinder durch die Bude gesprungen… das war die offizielle Geburt von RAVENSTINE. Das Problem war und die Herausforderung ist, dass Ian (Gitarre) in Irland lebt und Zak in Kroatien. Beide sind ebenfalls wie Hanno (Mystic Prophecy) langjährige Freunde von uns und man kann sagen, das wir wirklich eine Gruppe von europäischen Musikern und Freunden sind, die zusammen Musik macht.

In welchem Genre seht ihr euch und welche Art von Musikfan sollte “2024” keinesfalls verpassen?

Boah… das ist eine gute Frage. Wir fanden den Begriff “Heavy Rock” ziemlich passend, da wir keine reine Metalband sind, aber auch keine Standard Hard Rock Band. Es ist ein Gemisch. Bei der Listening Session war der Kollege von metal-heads.de da und meinte, dass er auch Anleihen von Dire Straits bei uns hört. Wir haben auch schon The Sweet, Iron Maiden, Q5 oder Saxon als Vergleich genannt bekommen. Alles Bands, die wir mögen und sehr respektieren, ohne sie kopieren zu wollen. Wir versuchen da unseren eigenen Mix zu fahren. Wer die genannten Bands als “sympathisch” empfindet, der sollte mal bei uns reinhören. Ich denke, dass wir auch Doro, Axel Rudy Pell, Praying Mantis oder AC/DC Fans gefallen könnten. Auf jeden Fall haben wir einen 80er Jahre Touch.

Wie muss ich mir die Arbeit an neuer Musik vorstellen? Macht ihr das alles übers Internet oder kommt ihr auch im Studio zusammen?

Jeder Musiker ist eingeladen, seine Ideen und Songs vorzustellen. Haupt,- Dreh und Angelpunkt ist John. John ist unser musikalischer Leiter, der die Songs sortiert und daran arbeitet. Ich selbst habe mit den geschäftlichen Dingen der Band so viel zu tun gehabt, das ich nur eine fertige und zwei unausgereifte Ideen für Songs hatte. Ian hatte einige sehr Metallica-lastige Ideen, die auch nicht richtig passen. Bei der Zusammenstellung der Songs fiel auf, dass die Songs von John am harmonischsten zueinander waren. Wir haben die Songs und nicht unsere Egos in den Vordergrund gestellt und daher beschlossen, dass wir an John seinen Songs festhalten wollten. Proben können wir ja nur, wenn wir für Showvorbereitungen zusammenkommen, wie es jetzt im Januar wieder der Fall sein wird.

Wie entstand der Name RAVENSTINE?

Es war Pandemie Zeit und ich habe versucht, ein paar Jobs an Land zu ziehen. So fuhr ich durch den Süden. Im Gepäck das Wissen, dass einer meiner Lieblingssänger, Steve Grimmet, gestorben ist. Ich habe das Album “Grimmstine” mit dem Song ´Straight as an Arrow´ gehört, als ich an dem Ort Ravenstein vorbeifuhr. In dem Moment dachte ich: Ravenstine wäre ein geiler Bandname.

Wo liegen die Unterschiede zum Debütalbum – falls es welche gibt – und wo die Parallelen?

Das Debüt war eine Kollektion an Ideen, die in meinem Kopf entstanden sind. Quasi eine Art “Ergotherapie umgesetzt an der Gitarre”. Mit “2024” sind wir viel wesentlich erwachsener geworden. Etwas sanfter, da wir uns einfach erlaubt haben, zwei Balladen auf das Album zu nehmen und dennoch haben wir mit ´Black is the brightest Color´ und ´Killing Spree´ nicht die Heaviness verloren, als da man sagen könnte: Es ist ein reines Hardrock Album. Das ist es nicht. Wie gesagt: Der Begriff Heavy Rock passt sehr gut. Ich glaube, dass du Songs auf dem Album findest, die man nur schwer woanders findet. Ein Kollege vom Radio konnte nach der Listening Session sechs Songs aus dem Stand nennen und meinte, das er die Refrains dazu sogar noch im Kopf hätte.

Mit euren Songs sprecht ihr unter anderem die Krankheit Depression an – die ein ernstzunehmender Gegner ist, der immer mehr Menschen herausfordert. Habt ihr, hast du Erfahrungen sammeln müssen und was möchtet ihr mit dem Song ausdrücken?

Die Lyrics sind von mir. Ich war damals als Dienstleister im Bereich Merchandise für Kreator unterwegs und habe parallel dazu auch Die Apokalyptischen Reiter begleitet. Ich bin quer durch die Welt gefahren und war völlig ausgebrannt. Schulden auf dem Konto, Ehe im Eimer, Freundschaften zerbrochen und nur Stress. Am Ende brach ich zusammen und landete in einer Tagesklinik für Psychiatrie. Ich dachte, dass es ein Burn-out wäre, aber da war ich schon drüber und steckte knietief in einer Depression. Mir ging es nach einiger Zeit besser und das hat sich gut sieben Jahre auch gehalten. Durch die Pandemie ging es mir wieder sehr schlecht und die Gitarre als Ergotherapie hat mir geholfen, nicht völlig zusammenzubrechen. Ich habe gelernt, dass zwei Menschen Depressionen haben können, du merkst es beiden nicht an… der eine kann damit umgehen und der andere zerbricht ggf. daran. Man sollte über Depressionen nicht urteilen und sehr vorsichtig sein. Depressionen sind schlimmer als Knochenbrüche. Knochenbrüche siehst du und kannst sie operieren. Bei der Psyche ist das anders. Da können Nuancen schon dazu führen, das der Gegenüber in Selbstmord Gedanken verfällt. Die Gründe dafür sind vielfältig.

Gerade in diesem Moment läuft bei mir ´In The Light´, dass ein ebenfalls sehr interessanter Song ist, in dem es um Sehnsucht und Vermissen geht. Am Ende gibt es Spoken Words, in denen Jugoslawien vermisst wird – ein wundervolles Land, in dem ich vor und nach dem Krieg sehr gerne Gast war. Um was oder wen geht es denn primär in diesem Lied?

Der Part, der sich auf Jugoslawien bezieht, bezieht sich auf den Song ´A Long Way Home´ und dient als Ausklang. Du kannst es auch als Übergang sehen, da die “Spoken Words” ja auch von Liebe und Sehnsucht handeln, was genau der Inhalt von ´In the Light´ ist. In ´A Long Way Home´ geht es darum, wie es ist, wenn du deine Heimat durch Krieg oder Naturkatastrophen verlassen musst. Irgendwann kehrst du in deine Heimat zurück und stellst fest: Das ist nicht mehr meine Heimat, wie ich sie einst kannte. Wir haben aktuell ein Video zu dem Song gemacht. Wir haben für Videos eigentlich so gut wie kein Budget und müssen da immer selbst sehr kreativ werden. Als Thematik für die Umsetzung, habe ich das Ahrtal und die Flutkatastrophe von 2021 aufgegriffen. Ich hatte das Gefühl in mir, dass für viele Menschen das Schicksal aus Jugoslawien und dem Krieg der 90er nicht mehr wirklich greifbar ist.

Aber das Ahrtal bietet leider das gleiche Schicksal. Eine Katastrophe vertreibt die Menschen aus ihren Häusern, die Politiker setzen nur ihre Interessen durch und auf den Mensch samt Schicksal wird geschissen. Nicht anders, wie in ex- Jugoslawien, wo es auch nur um die Interessen von Politikern und Machthabern ging und nicht um das Wohl der Menschen.

´Fly Eagle Fly´ empfinde ich als einen Song, der aus der Sicht eines Erwachsenen geschrieben ist, der einem jüngeren Menschen beim Aufwachsen begleitet/zusieht. Mit welcher Intention habt ihr den Song geschrieben?

Mit der Intention, die man hat, wenn man Mitte 50 ist und auf sein Leben zurückblickt. Man möchte den Jüngeren helfen und ihnen sagen, dass sie den einen oder anderen Weg besser nicht gehen sollten, weil er voller Schmerzen und Entbehrungen ist. Aber wenn man jung ist, dann hört man nicht auf die alten. Man fliegt extra noch ein Stück höher und neigt zu der Gefahr, sich die Flügel zu verbrennen.

Ich könnte zu jedem Song die Hintergründe erfragen, aber das würde wohl zu viel spoilern, was ich natürlich nicht möchte. Aber eure Ansichten zur möglichen Verbindung von Amokläufen und Social Media (´Killing Spree´) würde mich interessieren.

Schau dich mal genau um. Manche Menschen werden als “Trolle” bezeichnet, da sie im Netz sinnlos rumwüten. Schau dir mal diese Thematik mit dem “Drachenlord” an. Da kommen vermummte Mädels in den Chat und sagen Sachen wie “Du bist der dümmste und fetteste Idiot, den ich jemals in meinem Leben gesehen habe”.

Ich meine: Sowas löst bei dir als Mensch doch etwas aus. Im Netz wird beleidigt ohne Ende. Kinder werden zu “Challenges” angehalten und machen sie diese nicht mit, dann sind sie auf einer “DissListe”. Einmal auf dieser Liste, können dir die schlimmsten Dinge passieren. Ich habe in der Pandemie als Schulbegleiter gearbeitet, da meine Firma quasi tot war. In den zwei Jahren habe ich Dinge erlebt, die perverser kaum sein können. Kinder werden per Whatsapp fertig gemacht. Das ist bei Erwachsenen ja nicht anders. Cyber Mobbing. Welcome to the new reality.

Als CD- und Digital Bonus gibts ´Freedom Day´ als Live-Version, was mich zur Frage nach Tourdaten bringt! Wann kommt ihr rum?

Wir sind zum Release der Scheibe in Oberhausen im Resonanzwerk zu Gast und einen Tag später beim Kuhzifest in Emden. Wir würden sehr gerne mehr spielen, aber es müssen Rahmenbedingungen stimmen. Das ist heutzutage nicht so einfach, da viele gerne möchten, dass du für umsonst am anderen Ende der Welt auftrittst. Das ist aber nicht möglich, da wir zwei Leute aus dem Ausland haben, deren Flüge uns Geld kosten. Das können wir dann auch gerne mal selbst zahlen, wenn das Event aus unserer Sicht so ist, dass es uns weiterbringt. Etwa 1000€ an Kosten zu haben und um 12.00 Uhr auf einem Festival bei Paula hinter der Wurstbude zu spielen, wo dann 40 Leute vor der Bühne stehen: Das ist einfach nicht sinnvoll für uns.

Zu den Kosten müssen wir unsere Jobs ruhen lassen und haben zu der Zeit kein Einkommen. Da muss einiges zusammenpassen. Wenn ich einen Wunsch bei der Musikfee für 2024 frei hätte, dann würde ich gerne auf dem Rock Hard Festival in Gelsenkirchen spielen. Das wäre gerade im kommenden Jahr aus diversen familiären Gründen etwas magisches.

Wo seht ihr euch mit RAVENSTINE in den nächsten fünf Jahren und habt ihr schon mit der Arbeit an “Ravenstine 2025” begonnen?

Das Schöne ist, dass wir gar nicht planen. Wann immer wir in unserem Leben Pläne hatten, saß das Schicksal in der Ecke und hat sich totgelacht. Also haben wir das Thema Pläne als Ballast über Bord geworfen. Ich hätte mir gewünscht, dass wir Doro oder Axel Rudi Pell supporten können. Aber das ist nicht machbar und von daher: Keine Pläne mehr. Wir haben nichts Konkretes für “2025” fertig, aber es kann wirklich gut sein, dass unser Album so heißen wird.

Die letzten Worte gehören dir, während ich mich über ein gemeinsames Bier bei einer Show freuen würde – Bühne frei:

Ich würde mir mehr Demut in der Menschheit wünschen. Ich würde mir wünschen, dass sich manche Menschen gegen ihren Egoismus stellen und erkennen, dass sie nicht das Maß der Dinge sind. Wir sind alle Individuen und wie das Wort es sagt: Wir sind unterschiedlich in unserer Art. Dennoch sollten wir alle das gleiche Ziel im Leben haben: Das Leben zu genießen, Spaß zu haben und gesund zu sein. Wer schon mal ernsthaft krank war, der wird nachvollziehen können, was ich meine. Lasst uns gemeinsam ein schönes Leben haben und positiv denken, frei nach Karl Valentin: Wenn es regnet, dann freue ich mich, denn wenn ich mich ärgere, dann regnet es trotzdem.

Interview: Tobi Stahl
Photocredit: Judith Look