Du betrachtest gerade NEW WORLD DEPRESSION – “Abysmal Void” – Wenn Groove und Finsternis kollidieren

NEW WORLD DEPRESSION – “Abysmal Void” – Wenn Groove und Finsternis kollidieren

  • Beitrags-Autor:

NEW WORLD DEPRESSION begleite ich schon seit dem Release von “Descent” (2020). Seitdem haben sich die Death-Metal-Underground-Veteranen weit über die Grenzen Deutschlands hinaus einen Namen erspielt, standen bereits mit VADER, ENDSEEKER und ASPHYX auf der Bühne und gehen im Herbst mit BENEDICTION auf Tour. Gegründet 2005 in Emsdetten – von Szenekreisen auch “Emsdeathen” genannt – hat das Abrisskommando mit Releases wie “Unseal Pandora’s Curse”, “Plague” oder “Retaliation” konsequent seinen Sound verfeinert und mit den “Disciples of Depression” sogar einen eigenen Fanclub hinter sich. Nach “Descent” und dem starken “Interment of Sins” (2023) steht nun mit “Abysmal Void” das nächste Kapitel an – aufgenommen bei Mastermind Jörg Uken im Soundlodge Studio und veröffentlicht über TESTIMONY RECORDS. Ob NWD damit endgültig die Champions League des Death Metal erreicht, bespreche ich heute im Interview mit Sänger Hütte.

Hey Hütte, vielen Dank, dass du dir Zeit für dieses Interview nimmst – wir wissen, dass gerade viel los ist bei euch. Erstmal Glückwunsch zum neuen Album “Abysmal Void”! Ich glaube, das Release wird mächtig einschlagen – sowohl bei Fans als auch in der Szene. Lass uns ein bisschen tiefer eintauchen in das, was ihr da geschaffen habt. Und klar, auch der ein oder andere Blick nach vorn darf nicht fehlen.

Hütte: Hi Tobi, wir kennen uns ja jetzt schon eine Weile. Ich freue mich aber immer wieder, wenn wir mal über die Band schnacken und nicht nur über Gott und die Welt.

Wo erwischen wir dich gerade? Mitten im Promo-Wahnsinn, im Proberaum oder mit ’nem Kaltgetränk in der Hand auf dem Sofa?

Hütte: Im Moment ist gerade ein bisschen die Ruhe vor dem Sturm. Wir hatten jetzt live-technisch über den Sommer eine kleine Pause, mal abgesehen vom Gig im Juli mit BENEDICTION in Schwerin. Privat war ich mit der Familie im Urlaub und auch als Gast auf dem Burning Q und dem Party.San Festival, aber jetzt brennt man darauf, dass die neue LP endlich rauskommt.

Mit “Abysmal Void” habt ihr ordentlich einen rausgehauen – was bedeutet dir das neue Album persönlich und was war euch im Songwriting-Prozess besonders wichtig?

Hütte: Persönlich glaube ich, dass es unser stärkstes Album ist – sowohl vom Songwriting als auch von der Dynamik und Energie, die es transportiert. Der Songwriting-Prozess wird natürlich von unseren Gitarristen geprägt. Die Jungs nehmen in ihren Homestudios die Ideen und Songs in Absprache mit Sig (Drums) auf, damit das Gerüst eines Songs entstehen kann. Dann setze ich mich an die Texte und Gesangslinien. Hierbei unterstützt mich Sascha, unser Bassist, auch immer mal wieder. Er schreibt gerne dystopische Lyrics, die ja mittlerweile schon ein Trademark bei uns sind. Wenn alles soweit abgestimmt ist, proben wir den Song ein und arrangieren ihn, wenn nötig, zusammen um. Das passiert fast immer, da ein Song im Homestudio immer anders wirkt, als wenn man ihn live spielt. Wie du siehst, ist NEW WORLD DEPRESSION keine One-Man-Show, jeder hat seine Aufgabe.

Ihr habt euren Sound über die Jahre weiterentwickelt, ohne eure Wurzeln zu verleugnen – wie würdest du den musikalischen Stand von NEW WORLD DEPRESSION 2025 beschreiben?

Hütte: Das hast du gut beobachtet. Wir sind jetzt seit Ende 2018 in der aktuellen Besetzung zusammen. Das “Descent”-Album kam ja 2020 raus. Julian, der einen großen Anteil an den Songs hat, war neu in der Band, und es musste sich alles erstmal wieder finden. Ich denke aber, über die Zeit ist er mit Ritchie zu einem super Gitarrenduo geworden – Ritchie, der eher die Oldschool-Vibes mit Groove im Blut hat, und als Gegenpart Julian, der gerne Melodien und Harmonien in sein Spiel einbaut. Die musikalische Transformation von “Descent” über “Interment of Sins” zu “Abysmal Void” ist nicht von der Hand zu weisen. Das als kleiner Exkurs zu unserem Weg bis ins Jahr 2025, also den Punkt, an dem wir jetzt stehen. Ich denke, dass wir unseren Stil und Weg gefunden haben.

Wie lief die Zusammenarbeit mit Jörg Uken im Soundlodge Studio? Was hat er in den Prozess eingebracht, was vielleicht vorher nicht so im Fokus war?

Hütte: Wenn du das Soundlodge buchst, weißt du, was du bekommst – nämlich eine satte, organische Produktion. Genau das wollten wir wieder haben. Jörg ist total entspannt und gibt, wenn nötig, immer mal wieder Tipps, wo evtl. ein Becken/Drumbeat besser passen würde oder dass die Gitarre/Bass ein wenig anders angeschlagen werden könnte. Aber er mischt sich nicht in komplette Songstrukturen oder Ähnliches ein. Dafür ist auch gar keine Zeit – wir haben immer einen straffen Zeitplan.

Gerade Songs wie ‘Grenadier’ oder ‘Carnage’ haben richtig Wucht und bleiben hängen – was hat euch thematisch und musikalisch inspiriert? Gibt’s persönliche Geschichten hinter den Tracks?

Hütte: Wie eben beschrieben, steht zumeist erst der Song, bevor wir die Texte ausarbeiten. Ich finde, der Text muss zur Stimmung eines Songs passen. In “Grenadier” geht es um blinde Gefolgschaft der Truppen zu ihrem General und darum, dass das Schicksal mit dem Tod schon besiegelt ist. Im Chorus ist so ein schön rollendes Riff mit der Double-Bass, das dieses Marschieren der Grenadiere widerspiegelt. “Carnage” vermittelt eine düstere und apokalyptische Stimmung, in der Gewalt, Zerstörung und Chaos vorherrschen – eine Welt, die von Tod und Zerstörung beherrscht wird. Fiktion oder doch bald Realität? Musikalisch spiegelt er auch diese rohe und unbändige Energie wider!

Euer Albumcover und der gesamte visuelle Auftritt passen perfekt zur Musik – wie wichtig ist euch diese visuelle Ebene, und wer war dafür verantwortlich?

Hütte: Hierfür war Juan Castellano verantwortlich. Er hat ja schon für einige Szene-Größen wie THE BLACK DAHLIA MURDER, REVEL IN FLESH und unsere Label-Mates NIGHTBEARER die Cover gestaltet. Wir wollten dieses Mal einen anderen Weg gehen und ein farbiges Cover verwenden. Juan hatte noch einige Ideen zum Albumtitel in der Hinterhand, und das Gewählte passt perfekt zu unserer Idee. Visuelle Effekte sind immer wichtig – wir legen auch großen Wert auf Shirt-Designs, die mit unserer Musik und den textlichen Inhalten übereinstimmen.

Ihr seid jetzt bei Testimony Records – wie kam der Kontakt zustande und habt ihr schon Pläne für weitere Veröffentlichungen mit dem Label?

Hütte: In den letzten Jahren haben wir mit einigen Bands aus dem Testimony-Roster gespielt (CARNAL TOMB, TEMPLE OF DREAD, SCALPTURE, NIGHTBEARER). So ist man natürlich ins Gespräch gekommen. Thomas, der Label-Boss von TR, ist genau auf unserer Wellenlänge und es passt einfach alles, sodass wir den Schritt zu einem professionell geführten Label wagen wollten. Chris von FUCKING KILL RECORDS ist eine Seele von Mensch, aber wir wollten den nächsten Step gehen. Wir sind ihm aber sehr dankbar, dass er damals während der ungewissen Corona-Zeit unser “Descent”-Album rausgebracht hat. Zu deiner Frage der weiteren Pläne: Erstmal haben wir ja den Release von “ABYSMAL VOID” vor der Brust, und ab kommenden Winter steigen wir ins Songwriting fürs neue Album ein, aber einen genauen Zeitplan haben wir jetzt natürlich noch nicht.

Nach der Veröffentlichung ist vor der Bühne – gibt’s schon konkrete Tourpläne oder Festival-Gigs, auf die sich eure Fans freuen dürfen?

Hütte: Unsere beiden Release-Gigs (Saarbrücken mit BENEDICTION und Black Forest Fest) stehen ja schon länger fest. Darüber hinaus haben wir bis zum Jahresende einige Gigs anstehen – in Hamburg, Wismar, Münster usw. Das Frühjahr 2026 ist auch schon gut gefüllt. Hier dürfen wir bald noch einige Gigs bekannt geben. Das Testimony Metal Fest mit ASPHYX, SLAUGHTERDAY, SCALPTURE u. a. in Essen am 31.01.26 wird ein Highlight werden. Eine richtige Tour ist logistisch immer schwierig, da man Arbeit, Familie und vieles mehr unter einen Hut bekommen muss, aber ausschließen kann man es natürlich nicht.

Ihr habt mit Größen wie VADER, ENDSEEKER, ASPHYX und bald BENEDICTION gespielt – was war bisher euer persönliches Live-Highlight und warum?

Hütte: Da gab es sicher einiges. Für mich ganz klar 2019 in Polen auf einem Festival, wo wir direkt vor VADER spielen durften. Das Burning Q Festival 2024 war auch sehr cool, ein schönes Festival mit ca. 1000 Leuten. 2017 waren wir auf einer 10-Tage-Tour – das war auch eine schöne Erfahrung. Und natürlich in diesem März unsere Jubiläums-Show an demselben Ort, wo damals alles angefangen hat. Da waren 350 Leute am Start – “A Night to Remember”!

NWD gibt’s nun seit fast 20 Jahren – was hält euch als Band so stabil und motiviert euch, weiterzumachen in einer Szene, die nicht gerade für ihren Komfort bekannt ist?

Hütte: Wir haben gerade, wenn man es so sagen kann, die erfolgreichste Zeit seit unserer Gründung. Das sollte Motivation genug sein. Aber natürlich ist es ein Hobby für uns, und wir erfinden das Rad nicht neu. Ich habe das Gefühl, dass unsere Reise noch nicht zu Ende ist.

Viele junge Bands schauen zu euch auf – was würdest du neuen Bands im Death-Metal-Underground heute mit auf den Weg geben?

Hütte: Ich sehe uns selbst als Underground-Band, daher weiß ich nicht, ob Bands zu uns aufschauen. Ich bin dankbar für jeden, der zu unserer Show kommt, und dankbar für jede verkaufte CD, Platte oder Shirt. Aber einen Rat würde ich dennoch geben: Seid ihr selbst, seid Teil der Szene und macht das, worauf ihr Bock habt. Musik sollte man spielen, weil man Bock drauf hat, nicht nur, weil es evtl. anderen gefallen könnte.

Wenn du einen Song von “Abysmal Void” wählen müsstest, der am besten ausdrückt, wofür NEW WORLD DEPRESSION 2025 steht – welcher wäre das und warum?

Hütte: Ich würde “The Vault” nehmen – der beinhaltet alles, was NWD ausmacht: Groove, Melodie und Punch.

Schlussfrage
Bevor wir das Ding hier zumachen – was möchtest du den Fans und Leserinnen noch mit auf den Weg geben?

Hütte: Leute, hört in unser Album rein. Wenn es gefällt, unterstützt uns mit dem Kauf von Merch oder Tonträgern. Unterstützt den Underground, geht zu Konzerten – gerade auch die kleineren. Es gibt so viele gute Bands da draußen, geht raus und entdeckt sie!

Die letzten Worte gehören dir.

Hütte: Tobi, danke für die coolen Fragen, es hat Spaß gemacht, sie zu beantworten. An die Death-Metal-Maniacs da draußen: Keep on rotting in a free world! Cheerz, Hütte/NWD

Interview: Tobias Stahl
Photocredit: Farina Hannemann