KANONENFIEBER veröffentlichen am 20. September mit “Die Urkatastrophe” den Nachfolger von “Menschenmühle” über Century Media Records. Ich durfte mit Noise ein interessantes Interview führen, das wir euch heute präsentieren. Viel Spaß beim Lesen!
Hallo Noise! Wo hat dich denn meine Interviewanfrage erreicht? Bist du gerade auf Tour, oder hast du eine Pause? Wie geht’s dir?
Grüße dich Tobias! Genau, ich bin gerade mit Amon Amarth und Insomnium auf Tour. Mir geht’s gut, es ist zwar viel los, aber es ist positiver Stress. Danke für die Nachfrage!
Ich kann mir vorstellen, dass die vielen Shows, die du bisher gespielt hast, an die Substanz gehen – besonders mit den Outfits, die du und deine Bandkollegen auf der Bühne tragen.
Oh ja, sich bei über 40 Grad Raumtemperatur in eine dicke Wollhose, ein Hemd, einen Wintermantel und eine feuerfeste Maske zu zwängen, ist ein absoluter Traum! Ich muss meine Klamotten nach der Show nicht mal waschen, die sind sowieso klitschnass, haha. Aber so ist es eben, ich habe es mir ja so ausgesucht.
Wie war es für dich, mit KANONENFIEBER zum ersten Mal vor so vielen Leuten zu spielen, wie etwa auf dem RockHarz, Deutschlands drittgrößtem Festival? Wie kam der Blackened Metal in deutscher Sprache bei diesem gemischten Publikum an?
Das erste Mal vor wirklich vielen Leuten war letztes Jahr auf dem Summer Breeze.
Mist, da hab ich dich auf dem Breeze verpasst.
Wir waren alle mega gespannt. Aber sobald man die Bühne betritt, verfliegt die Anspannung ziemlich schnell. Das Gehirn schaltet auf Autopilot, und man kann sich fast selbst beim Performen zusehen. Wie unser Auftritt beim RockHarz ankam? Keine Ahnung, ich bin ja nicht im Publikum. Aber von oben betrachtet war die Stimmung auf jeden Fall richtig gut!
Worum geht es thematisch bei KANONENFIEBER, und wie entstehen deine Songs generell?
Kanonenfieber basiert auf Tatsachenberichten, Dokumenten und Briefen aus dem Ersten Weltkrieg. Zusammen mit meinem Kumpel Dani, der ein Hobbyhistoriker ist, habe ich mich der Anti-Kriegs-Thematik verschrieben. Die Songs entstehen in meinem Heimstudio, meistens aus einem Riff, das mir im Kopf herumschwirrt. Drum herum baue ich das Instrumental, und der Text kommt dann dazu. Und zack, ein neuer Kanonenfieber-Song ist geboren.
Wie eng arbeitest du mit deinem Freund, dem Hobbyhistoriker, zusammen?
Dani und ich sind im ständigen Austausch. In den letzten drei Jahren gab es kaum eine Woche, in der wir uns nicht neue Ideen, spannende Geschichten oder grausame Schicksale zugeschickt haben.
Du bist seit 2020 mit der Band aktiv. Wie kam es zur Gründung von KANONENFIEBER?
Für mich beginnt Kanonenfieber mit dem Release von “Menschenmühle” im Februar 2021. Kurz zuvor hatte das Projekt noch nicht einmal einen Namen. Die Idee entstand nach einem Gespräch mit Dani. Wir stellten uns vor, wie es wäre, Metal mit Kriegsbezug auf einer möglichst historischen und ungeschönten Basis zu machen. Und kurz danach ging ich ans Werk.
Welche Botschaft möchtest du mit deinen ernsthaften Songs vermitteln?
Die Botschaft ist klar: Krieg ist zu jeder Zeit und für alle Ewigkeit das Schlimmste, was der Menschheit und dem Planeten passieren kann.
Musstest du die Thematik von KANONENFIEBER schon mal erklären oder Missverständnisse aufklären?
Anfangs ja, aber mittlerweile hat sich das durch die vielen Statements und Interviews gelegt. Unsere Hörer wissen genau, was Kanonenfieber ausdrücken will. Jeder, der sich ein paar Sekunden Zeit nimmt, um über die Band zu recherchieren, kommt auf denselben Schluss.
Kommen wir zurück zu deinem Debüt “Menschenmühle”. Worum ging es auf dem Album, und wie hängt es mit dem kommenden Album “Die Urkatastrophe” zusammen, auf dem ja auch der Song ‘Menschenmühle’ zu finden ist?
“Die Urkatastrophe” ist im Grunde die logische Fortsetzung von “Menschenmühle”. Thematisch liegen beide Alben nah beieinander und behandeln ähnliche Inhalte – von der Ost- bis zur Westfront, Einzelschicksale und generelle Kriegsberichte. Alle Songs von “Menschenmühle” könnten auch auf “Die Urkatastrophe” sein, nur dass ich musikalisch fitter geworden bin und die Produktion viel druckvoller ist.
Was kannst du uns über “Die Urkatastrophe” verraten? Was machst du anders im Vergleich zum Debüt, und was hat sich bewährt?
Da das Album bald erscheint, kann ich fast alles erzählen. Die Instrumentals für “Menschenmühle” habe ich in nur vier Wochen geschrieben, die Songs sprudelten einfach so aus mir heraus. Die Tracks auf “Die Urkatastrophe” lagen teilweise bis zu zweieinhalb Jahre auf meiner Festplatte, bevor ich sie verwendet habe. Ich habe aus einem großen Pool von Instrumentals die besten Stücke ausgewählt und zusammengefügt. Erst dann begann ich mit dem Schreiben und Überarbeiten der Texte. Vom Aufbau her habe ich bewusst Ähnlichkeiten zu “Menschenmühle” gelassen, um den Fans etwas Vertrautes, aber auch Neues zu bieten.
Wenn du an den Texten arbeitest, die ja auf Fakten basieren, berührt dich das Grauen des Krieges dabei?
Das Schreiben für Kanonenfieber kann wirklich mitnehmen. Besonders in der intensiven Schreibphase kann der Strudel aus Tod und Trauer überwältigend sein, was sich auch auf meine Stimmung auswirkt. Wenn ich an den Texten arbeite, konsumiere ich fast ausschließlich kriegsbezogene Medien – Bücher, Filme, Serien, Briefe, Dokumente, Musik – alles dreht sich um Krieg. Um die Texte authentisch wirken zu lassen, brauche ich diese “Beschallung”, sonst würde ich den Soldatenjargon und die Begriffe der damaligen Zeit nicht so originalgetreu wiedergeben können.
Wie groß ist denn der Fundus deines Freundes, und wie viel zusätzliche Recherche steckt hinter den Songs?
Der Fundus ist riesig. Ich würde sagen, es handelt sich um tausende Dokumente, auf die Dani Zugriff hat. Wir haben bisher nur einen Bruchteil davon durchgearbeitet. Die Recherchearbeit ist enorm, selbst passende Arbeitstitel zu finden, ist oft schon ein langwieriges und anstrengendes Unterfangen.
Wirst du dich auch anderen Kriegen widmen? Die Inspirationsquellen gehen ja leider nicht aus.
Falls ich mich anderen Kriegen zuwenden sollte, würde mich der Dreißigjährige Krieg oder der Deutsch-Französische Krieg interessieren. Ich möchte nicht zu aktuelle Themen aufgreifen, weil die politischen Lagen der jüngsten Kriege schwer durchschaubar sind und viele Fallstricke bergen. Ich will mich mit Themen beschäftigen, die klarer sind. Am Ende bin ich Musiker, kein Außenpolitiker, und ganz ehrlich: Politisch bin ich absolut ungebildet. Aber Gitarre spielen kann ich wie kein Zweiter, besonders ‘Smoke on the Water’!
Du bist mit Amon Amarth und Insomnium unterwegs – hättest du dir das vor vier Jahren vorstellen können?
Nicht im Geringsten! Mit meinen Jugendhelden auf der Bühne zu stehen, ist ein absoluter Traum. Und das Beste daran ist: Alle sind unfassbar nett! Die Stimmung mit der Crew und den Bands ist super, und für mich persönlich ist das die beste Tour, die wir bisher gespielt haben.
Wie ist es für dich und deine Band, mit den Großen der Szene unterwegs zu sein?
Es macht riesigen Spaß. Die Venues sind fantastisch, die Professionalität der Crew, das Publikum, das Catering – alles ist perfekt. Es ist ein Standard, von dem wir mit KANONENFIEBER nur träumen können. Mal sehen, was die Zukunft für uns bereithält.
Wann wird es eine KANONENFIEBER Headline-Tour geben?
In genau drei Monaten! Da scheint meine Promoarbeit wohl nicht gefruchtet zu haben, wenn du das noch nicht mitbekommen hast, haha. Von Mitte November bis Mitte Dezember touren wir mit Panzerfaust quer durch Europa. Die Tickets gehen weg wie warme Semmeln. Also, wenn du fünf schwitzende Männer in Uniformen auf der Bühne sehen willst – das ist deine Chance!
Promo kann man nie genug haben. Ich habe den Frankfurt-Termin im Kalender markiert – vielleicht ist der ein oder andere Leser auf den Geschmack gekommen, liest die Info hier und hat Bock KANONENFIEBER live zu erleben.
Zu guter Letzt gehören die finalen Worte meinem Gast. Feuer frei!
Danke für die Fragen, das war ein sehr angenehmes Interview. Und an die Leser: Danke, dass ihr euch durch mein Gequatsche gekämpft habt! Runter von der Couch und ab in den nächsten Metalschuppen, um den lokalen Underground zu unterstützen! Die Jungs und Mädels da draußen brauchen euch!
Interview: Tobias Stahl
Photocredit: Tiffany Anne