Die Zeichen im Hause JAG PANZER stehen auf Sturm. Mit dem großartigen neuen Konzeptalbum „The Hallowed“ im Gepäck und dem potenten „neuen“ Label Atomic Fire Records im Rücken wirkt der gute alte Jagdpanzer wie runderneuert. Wir hatten im Rahmen des „Hammer And Iron“-Festivals in Essen die Gelegenheit zu einem ausführlichen Gespräch mit Bandleader Mark Briody (Git) und Bandviking Rikard Stjernquist (Dr).
Noch vor Beginn des Interviews drückt Mark dem Interviewer einen schwarzen Umschlag mit silbernem Bandlogo und der Aufschrift „Welcome To The Hallowed“ in die Hand. Darin befindet sich eine liebevoll gestaltete Audiokarte, die beim Aufklappen einen Promotext spricht und die wichtigsten Infos nebst Cover enthält. Schon vorher hatte Briody über Facebook eine Kampagne gestartet, in deren Verlauf er über 700 seiner Facebook-Freunde eine „The Hallowed“-Postkarte zukommen ließ. Es gibt diesmal sogar ein Comicbuch zum Album! Marks Erklärung für diese analogen Werbeaktionen im Digitalzeitalter ist so einleuchtend wie simpel: „Ich erinnere mich noch genau daran, wie ich 1982 in einen Plattenladen in Denver ging und völlig aus dem Häuschen war, als ich dort einen riesigen „The Number Of The Beast“-Aufsteller sah. Das Internet hat uns solcher Momente weitestgehend beraubt und ich wollte dieses Gefühl mit diesen Promoaktionen wieder zurückbringen.“ An dieser Stelle schaltet sich Rikard ins Gespräch ein und unterstreicht, wie wichtig es gerade im schnelllebigen Computerzeitalter ist, den Leuten etwas Greifbares und Gehaltvolles in die Hand zu geben.
Wir ergreifen die Gelegenheit und sprechen gleich über den ausgezeichneten Drumsound auf „The Hallowed“. Beim Vorgängeralbum „The Deviant Chord“ gab es viel Kritik daran. Nicht wenige Szenewächter behaupteten, das Schlagzeug wäre getriggert gewesen, was den gebürtigen Schweden, der wahrlich aussieht wie ein waschechter Wikinger, noch heute auf die Palme bringt:
„Obwohl diese Vorwürfe völlig aus der Luft gegriffen waren, wollten wir ihnen diesmal keinerlei Vorschub leisten und haben mein vierzig Jahre altes Yamaha-Drumset benutzt.“ Ähnliches gilt für die ewigen Vergleiche mit dem Referenzwerk „Ample Destruction“, welches für viele das beste US-Metal-Album und für nicht wenige vielleicht sogar das beste reinrassige Metal-Album aller Zeiten ist. Mark, der dieses Meisterwerk mit gerade mal siebzehn Lenzen geschrieben hat, bezeichnet es gerne als den „Albatros um seinen Hals“, denn schon mit dem ersten Longplayer Musikgeschichte zu schreiben, ist wohl „Fluch und Segen zugleich“.“ Denn die Fans werden stets jedes Album mit „Ample Destruction“ vergleichen, gleichwohl geben die wahren Anhänger den neuen Sachen immer wieder eine Chance“ und genau das ist laut Rikard „der Grund, warum JAG PANZER auch nach über vierzig Jahren immer noch ins Studio gehen und auf der Bühne stehen.“
Das komplette Konzept von „The Hallowed“ basiert auf dem Cover, welches bereits ein Jahr zuvor entstanden war. Dieses zeigt einen Mann mit Gasmaske und Kalaschnikow, der – wäre da nicht der Schnee – einem Mad Max-Film entsprungen sein könnte, und einen nordischen Hund an seiner Seite. Rikards erste Reaktion darauf war, dass er Mark anrief und ihm sagte, dass dieser Hund einfach zu niedlich aussähe. Dies brachte die Jungs dann auf die Idee, die komplette Geschichte aus Sicht der Tiere zu erzählen. So wurde ein „kreativer Tsunami“ (O-Ton Stjernquist) losgetreten, aus dem eine ausgeklügelte Story entstand, in der die Tiere am Ende des Tages menschlicher als die Menschen selbst wirken.
Mark gibt ein paar Details dazu preis: „Das Ganze findet vor einer Art postapokalyptischem Hintergrund statt, in dem sechs Überlebende ihre Tiere so trainieren, dass diese ihnen auf der Suche nach einem rettenden Ort namens „The Hallowed“ helfen. Viele dieser Tiere haben sich seit der Katastrophe stark verändert. Es gibt zum Beispiel eine Hyäne, die wir Jaws nennen und eine Art riesige Fledermaus namens Swarm. Leider behandeln die Menschen ihre Tiere sehr schlecht, so dass diese sich schließlich gegen sie wenden…“ Da freut man sich doch nicht nur auf das Album, sondern sehnt sich gleich nach einer Verfilmung!
Tatsächlich hat die Band sich so dermaßen in ihr Konzept hineingekniet, dass die Musik, trotz klar abgegrenzter Songs, fast wie ein Soundtrack wirkt. In „Edge Of A Knife“ zum Beispiel benutzt man eine Tonfolge, die auch im Kriegsfilm „Dunkirk“ bei den Gefechten verwendet wird, um ein gewisses Panikgefühl hervorzurufen. All dies ist so geschickt in der Musik verpackt, dass „The Hallowed“ auf mehreren Ebenen funktioniert und sich bei jedem Durchlauf neue Details offenbaren. Die Intros und Zwischenspiele sind so kurzgehalten, dass sie den Plot zusammenhalten, aber zu keinem Zeitpunkt den musikalischen Flow stören. Es erscheint also keinesfalls übertrieben, wenn die Band von ihrem besten Album seit „Ample Destruction“ spricht, mit dem sie hundertprozentig zufrieden ist. Bei der folgenden Headlinershow kommen zwar keine neuen Songs zum Zuge, aber das Konzert entpuppt sich als einziger Siegeszug für JAG PANZER. Der gute alte Jagdpanzer wird also hoffentlich noch viele Schlachten schlagen, egal ob im Studio oder auf der Bühne.
Alex Fähnrich