VIOLET & DEFENDER – Waldbronn

VIOLET & DEFENDER

28. März 2025

Waldbronn, Soundcheck One

Woran merkt man, dass man alt wird? Neue Kollegen sind so alt wie deine Kinder. Und die Bands auf der Bühne sind genauso jung.

Wenn man an Karlsruhe in Richtung Süden vorbei in Ettlingen die A5 verlässt, ist man in wenigen Minuten im Albtal. Das ist eines der vielen schönen Täler im Schwarzwald. Das ist schon landschaftlich schön. Wer etwas Zeit mitbringt, kann in Frauen- und Bad Herrenalb die Ruinen zweier alter Klöster besichtigen. Kurz vorher ist der Ort des heutigen Geschehens. Ein Campingplatz mit einem guten Restaurant, eine alte Industriehalle, ein Wohnhaus und eine Haltestelle der Stadtbahn, das ist der Umgebung des Soundcheck One. Das ist ein wirklich schöner, kleiner Club. Von außer unscheinbar, innen ist es sehr gemütlich. Die kleine Bühne ist wenn es voll ist, von weiter hinten wohl nicht so gut einsehbar. Heute ist es leider nicht ganz so voll.

Schon auf dem Weg spekulieren wir kurz über die Vorband. Der Name DEFENDER klingt nach Manowar Tribute. Am Merchstand aber sehen wir, dass die Truppe ein eigenes Album verkauft. Also, doch keine Tributband. Was uns freut. Noch mehr freut es, was wir dann von dem Quartett aus Balingen geboten bekommen. Ihr klassischer, treibender Heavy Metal wird sicher unter dem Label TNWOTHM verkauft. Allerdings ist das so wenig vielsagend, dass ich dieses Etikett eher unnötig finde. Aber klar, zum Verkaufen benötigt man eine Beschreibung des Sounds.

Der Vierer räumt mächtig ab. Ein bisschen Speed, tolle zweistimmige Gitarren. Vor allem letzteres habe ich lang nicht mehr so toll gehört, vor allem von der Bühne. Manchmal kommen kurze Erinnerungen an härtere Helloween. Fünfzehn Songs zocken sie locker runter. Jeder darf sich auch kurz solistisch austoben. Selbst ein Drumsolo haben die Jungs eingebaut. Das halten sie angenehm kurz, so geht die Spannung nicht flöten. Ein wenig muss ich grinsen. Eigentlich sind diese Rockstarposen längst überholt. Aber DEFENDER steht die breitbeinige Ausstrahlung. Das ist wirklich überzeugend. So wird kurzerhand das Album verhaftet, das erst vor einer Woche erschienen ist.

Nach einer kurzen Pause betreten sie die Bühne. Sie, wegen denen wir hier sind. VIOLET, vier Jungs ein Mädel verehren die Achtziger, ohne sie je erlebt zu haben. Dabei klingen sie wirklich authentisch. Aber das reicht ja nicht, authentisch klingen. Die Truppe hat eine Ausstrahlung. Grandios. Zuerst zu nennen ist die Rhythmusgruppe. Eric am Bass, Maurice an den Drums, sie sorgen für ein fettes Fundament. Da ist Filip an den Tasten. Nicht nur die fliegenden Korkenzieherlocken beeindrucken. Auch sein Tun hinter der Keyboardwand. Er post, er tobt, er tanzt. Gitarrist Manuel liefert seine Licks und Riffs, nachdem er ja schon alle Songs geschrieben hat. Showmäßig kann er sich sogar etwas zurückhalten. Für die Show sorgt die Sängerin.

Denn eine Band ist nichts ohne Gesang. Ich will jetzt nichts über Äußerlichkeiten sagen. Aber Jamie ist schon mal 80s Pur. Die Haare, das Outfit, pure 80s. Das reicht aber sicher nicht. Mit ihrer Stimme bringt sie die Songs erst zum Leben. Nicht nur das. Wenn sie dich anschaut und singt, man hat das Gefühl, sie singt jetzt gerade nur für dich. Sie liebt Kameras und Kameras lieben sie. Sie versteht es, sich lasziv zu bewegen, ohne billig zu wirken. Und dann steht sie vor dir, schaut dir in die Augen und singt ´I Don’t Want To Fall In Love´.

VIOLET sind ein Gesamtkunstwerk. Ein mächtiges. Ich stehe vor der Bühne. Eine Gänsehaut nach der anderen rennt über den Körper. Die Augen füllen sich mit Pipi. Und dieses Gefühl hält wirklich über die ganze Spielzeit. Und da ist es schon fast nicht mehr peinlich, wenn man gerade nicht so textsicher ist. Da wäre man gerne wieder ´Eighteen In Love´.

Das aktuelle Album „Myteria“ steht fast komplett auf der Setlist. Mein Lieblingssong fehlt. Das ist fast gut. ´If I Had You´ hätte mich endgültig in Tränen ausbrechen lassen. Tränen des Glücks zwar, aber Augenwasser. Auch so war diese Stunde für mich ein emotionales Gewitter sondergleichen. Schweißüberströmt und glücklich, so kann ich den Heimweg antreten. Und irgendwie mit dem Gefühl, in einen Jungbrunnen gefallen zu sein.

Was hält einen jung? Neue Kollegen sind so alt wie deine Kinder. Und die Bands auf der Bühne sind genauso jung.

Fotos:Emeraldpics