MOONTOWERS, SOBER TRUTH – Koblenz
MOONTOWERS, SOBER TRUTH
25. Februar 2023
Florinsmarkt, Koblenz
Was fĂŒr ein groĂartiger Samstag! Erst gewinnen meine Schalker zum ersten Mal seit einer gefĂŒhlten Ewigkeit ein Bundesligaspiel (Anmerkung der Red: ĂHEM!!!!) und dann kann ich meiner guten Laune bei einer energiegeladenen Clubshow zĂŒgellos freien Lauf lassen. Zwar waren wir zum FuĂballgucken nur ein paar TĂŒren weiter in der Koblenzer Altstadt, aber als wir um ca. halb neun den Florinsmarkt betretenâŠ
⊠sind SOBER TRUTH bereits dabei den Laden zu zerlegen. Also schnell raus aus den Winterklamotten und ab vor die BĂŒhne, um festzustellen, dass anstelle von Bassistin Jules nur ihr Instrument auf der BĂŒhne steht. Die ErklĂ€rung folgt umgehend: Die Gute hat sich einen fiesen Infekt zugezogen und kann deshalb heute nicht dabei sein. Ăberhaupt geht diesmal schief, was schiefgehen kann: Technische Probleme bei Intros, gerissene Gitarrenseite bei Aaron, ein Scheinwerfer muss umgestellt werden, weil er Torsten stĂ€ndig mitten ins Gesicht strahltâŠso fuckin` what?! Die drei Jungs verlieren zu keinem Zeitpunkt die Ruhe und schon gar nicht den SpaĂ bei der Sache. Das schĂ€tze ich so an dieser Band, man merkt einfach in jeder Sekunde mit wieviel Lust und Leidenschaft sie bei der Sache ist, allen voran BandgrĂŒnder Schramm, der schon so lange dabei ist und immer noch brennt wie am ersten Tag. An seiner Seite sein MeisterschĂŒler Aaron Vogelsberg, der mal wieder headbangt als gĂ€be es kein Morgen und dabei seine filigranen Tapping-Soli aufs Griffbrett zaubert. Komplettiert wird die Sober-Familie seit kurzem vom 17-jĂ€hrigen Adrian Conzen an den Drums. Ich konnte mir zwischendurch nicht verkneifen Petra Schramm, Torstens Gattin und sozusagen âMutter der Kompanieâ, zu fragen, ob sie ihre Leute jetzt direkt aus der Wiege stehlen wĂŒrden. Wie schon bei Aaron und Jules ist den Schramms auch hier wieder ein GlĂŒcksgriff gelungen, denn Adrian spielt das Set, samt Drumsolo, durch wie ein alter Hase und baut zwischendrin noch ein paar lockere KunststĂŒckchen mit seinen Drumsticks ein. Die Setlist umfasst ein gutes Dutzend Songs und ist sehr ausgewogen. Meine persönlichen Highlights sind heute âPlanted Brainsâ vom aktuellen Album âLaissez Faire, Lucifer!â, das in einer gerechten Welt ein Radiohit wĂ€re, das Type 0 Negative-Cover âI Don`t Wanna Be Meâ, âRivenâ vom âPsychosisâ-Album und die tonnenschwere Zugabe âNo Hope In Sightâ, die wie eine traurige Zusammenfassung der momentanen Weltlage anmutet. Doch fĂŒr TrĂŒbsal ist heute kein Platz und so mischt sich die Sober-Crew gleich nach ihrer Show unters Volk und feiert krĂ€ftig mit.
Die Umbaupause gestaltet sich Ă€uĂerst kurzweilig, da der Florinsmarkt nun mal DER Treffpunkt fĂŒr Metal im Koblenzer Raum ist und man viele SzenegröĂen endlich mal wieder trifft. Dazu gehört DJ Mario, der vor, zwischen und nach der Livemucke wieder einen Klassiker nach dem anderen aus der Konserve serviert. So ist die Menge schon mĂ€chtig auf Betriebstemperatur als MOONTOWERS die kleine Flori-BĂŒhne entern. Mit drei gestandenen Mannsbildern vor dem groĂen Drumset wird das schon ziemlich KUSCHelig, zumal die Jungs das nach einer Liveabstinenz von ĂŒber einem Jahr nach eigener Aussage verdammt vermisst haben. Da ist es nicht verwunderlich, dass Kuschke und Baulig ihren Frontmann Dommermuth wĂ€hrend des Auftritts mehrmals richtig ins Sandwich nehmen und ihm dabei ihre GitarrenhĂ€lse fast unter die Nase reiben. Dirk bleibt dabei stoisch cool und zockt seine Slide-Gitarrensoli völlig unbeeindruckt runter. Genau diese unterschiedlichen Charaktere und Spielarten machen diese Band aus: Der eher aus dem Blues und Classic Rock kommende Dommermuth (Mojo Tool, Blueside), Kuschke alias Infernal von den Black-Thrashern und Lokalhelden Desaster, Baulig von den Koblenzer Thrashern Secutor und Kratz, der frĂŒher bei der Institution Metal Inquisitor an den Kesseln saĂ. Aus ihren sehr unterschiedlichen Wurzeln haben MOONTOWERS einen episch-folkigen Doom-Sound kreiert, den es so kein zweites Mal gibt. Die Entwicklung der Band ist wirklich rasant. Nach der ersten EP, von der heute alle drei Tracks im Set sind, kam das groĂartige âCrimson Harvestâ-Album, welches die Show mit âWhite Handâ eröffnet und mit der Bandhymne âMoontowers Rise Againâ beschlieĂt. Dazwischen kommen natĂŒrlich noch weitere âCrimson Harvestâ-Kracher wie âBringer Of Dawnâ oder das TitelstĂŒck zum Zuge, was mich aber wirklich plĂ€ttet sind die drei neuen Songs âThe Absence Of Empathyâ (Tolle Vocals!), âKenomaâ (Geiler Refrain!) und âLeviathanâ (Wahrlich ein Ungeheuer!). Da steigt die Vorfreude auf das zweite Album. Die Mucker haben genauso viel SpaĂ wie die johlende Menge, besonders Kuschke grinst wie ein Honigkuchenpferd, wĂ€hrend er sich ein Killerriff nach dem anderen aus dem Ărmel schĂŒttelt. Und Fabio zeigt mit seinem pumpenden Bass, warum auch die vier Saiten, die heute bei Sober Truth krankheitsbedingt gefehlt haben, fĂŒr eine Metal-Band so essentiell sind. Ein intensiver Auftritt des Quartetts, was sich sonntags auch an meiner Nackenmuskulatur ablesen lĂ€sst.
Insgesamt ein ganz toller Abend, mit vielen netten Menschen und zwei eigenstĂ€ndigen Bands, die sich angenehm vom schnöden Einerlei der Szene abheben. Wenn euch also am Montag auf der Arbeit die lieben Kolleg:innen auf Lord Of The Lost ansprechen und euch anerkennend auf die Schulter klopfen, weil jetzt sogar eine âeurerâ Heavy Metal-Bands beim ESC dabei sind, nehmt sie doch einfach mal mit zu einem richtigen Metal-Konzert im Florinsmarkt. Jochen und seine Crew werden sich freuen. AbschlieĂend gebĂŒhrt mein Dank meinem Kumpel Andy Dötsch, der wieder mal fĂŒr Sound und Licht verantwortlich zeichnete, und meinem lieben Kollegen JĂŒrgen Simon von âTime For Metalâ fĂŒr die coolen Fotos.
Text: Alex FĂ€hnrich
Fotos: JĂŒrgen Simon