LORDI, ALL FOR METAL, CRIMSON VEIL – “Unliving Pictour Show 2024”

LORDI, ALL FOR METAL, CRIMSON VEIL – “Unliving Pictour Show 2024”

30. April 2024

Capitol Mannheim

Unliving Pictour Show 2024

Bei uns in Deutschland tanzt man jedes Jahr am 30. April in den Mai. Früher, in meiner Kindheit, nannten wir diese Nacht “Hexennacht” und spielten den Leuten Streiche – hierzu kennen sicherlich viele von euch diverse Stories, meine denkwürdigste ware die, als wir einen Raubfisch in den Teich eines, uns nicht sympathischen Nachbarn setzten, der sich dann an den Zierfischen labte. Aber ich schweife ab. Der 30. April in diesem Jahr bringt Monster statt Hexen, knackstarken True Metal statt Schlagernacht und Tanz mit Silbereisen und auch etwas Neues, Geheimnisvolles, das ich noch nicht kenne – Alles neu macht der Mai – sagt man auch in Deutschland.

Für mich ist es der zweite Besuch im Capitol Mannheim, dem früheren Kino und heutigen Veranstaltungsort für Konzerte, Kabarett, Comedy und vieles mehr, hierzu verweise ich auf die Homepage des Capitol. Das einzigartige Flair eines umgebauten Kinos haben wohl nicht viele Locations in Deutschland und die bewegte Geschichte in über 95 Jahren Geschichte wohl noch viel weniger. Schon wenn man vorm Eingang steht und den beleuchteten C A P I T O L Schriftzug erblickt, ist das ein: “Ja, hier wurde Geschichte geschrieben und heute wirst du ein Teil davon”, Gefühl, das ziemlich cool ist. Der Eingang ist barrierefrei, daher kann ich mit meinem Rollstuhl problemlos ins Foyer gelangen, Hilfe wird mir auch angeboten, das war auch schon bei meinem Besuch vor einiger Zeit so, danke nochmal an dieser Stelle, für die stetige HIlfsbereitschaft und Freundlichkeit aller im Capitol. Die Toilette für Rollstuhlfahrer ist direkt neben dem Eingang, groß und sauber. Auch das ist wichtig – nicht nur für Leute mit “Wheels of Steel”. Der Weg zum Innenraum führt an einer großen Bar vorbei, Zeit um ein leckeres Bier mit in den Innenraum zu nehmen, wo Rollstuhlfahrer in einer erhöhten Loge Platz nehmen dürfen, in der man auch schnell mit anderen “Bereiften” ins Gespräch kommt. Die Sicht ist völlig in Ordnung, der Blick auf die Bühne fast uneingeschränkt möglich, außer jemand stellt sich genau vor die Loge, was sich aber in der Regel schnell und unproblematisch klären lässt, ein Hoch auf unsere Metalfamilie! Wer gerne einen virtuellen Rundgang machen möchte, der kann das ebenfalls auf der Homepage des ehemaligen Kinos machen. Wenn man mit Rollstuhl anreist, sollte man sich nur vorher kundig machen, wo man parken kann, da Parkplätze in der Nähe leider rar gesät sind. Hier ist eine frühzeitige Anreise ratsam, oder der ÖPNV.

Apropos Anreise. Einlass ist um 18 Uhr, die wohl am Abend noch ausverkaufte Veranstaltung beginnt um 19 Uhr, ich bin natürlich schon früh da, besorge mir meine LORDI VIP Goodies und sitze nun in der Loge, als es dunkel wird und CRIMSON VEIL, mir bisher unbekannt, den Abend mit dem Song ‘Ribbons’ einläuten. Die britische Band besteht aus Mishkin Fitzgerald (Gesang), Garry Mitchell (Gitarre), Hana Piranha (E-Cello) und Anna Mylee (Schlagzeug) und hat mit der Musik von LORDI oder ALL FOR METAL nicht viel gemeinsam. Der Sound von CRIMSON VEIL ist ziemlich einzigartig und wird von ihrem Label Reigning Phoenix Records so beschrieben:

>>Creating unique, sinister soundscapes, the UK based outfit CRIMSON VEIL — consisting of four talented multi-instrumentalists — ingeniously combines elements of rock, metal and film music while lyrically covering esoteric topics, accompanied by dark visual aesthetics. Their members originally come from different band projects and bring an impressive touring history across the UK, the US and Mexico. In addition, they have also been able to work with music industry greats such as Paul Reeve (MUSE etc.) and John Fryer (DEPECHE MODE, NINE INCH NAILS) in the past.<<

Heute und im Moment des Augenblicks nehme ich die Band, deren beiden Sängerinnen wohl als Göttinnen des Lichts und der Dunkelheit gekleidet sind, als einen Mix aus Dark Metal, Progressive Metal mit theatralischem Klargesang und Growls wahr, die eine sehr atmosphärische, wenn auch nur fünf Songs dauernde, Show liefert und den Abend gebührend eröffnet. Die weiteren Lieder sind ‘Shift’, ‘Painkiller’, ‘Flinch’ und ‘Hex’. Zu letzterem gibt es ein offizielles Video und diverse Amateurvideos auf YouTube – reinschauen lohnt sich.

Die Umbauphase wird genutzt, um ein kühles Bierchen zu zischen und sich auszutauschen mit zwei Mitarbeiterinnen vom Capitol – liebe Grüße an dieser Stelle – die auch sehr angetan von CRIMSON VEIL sind. Während des Schnacks hüllt sich die Bühne in rotes Licht, ein martialisches Intro ertönt, Stahl klopft auf Stahl und ALL FOR METAL stürmen die Bühne. Die Heavy-True Metaller um Sänger Tetzel (auch ASENBLUT) und Antonio Calanna mit den Gitarristen Jasmin ‘Jassy’ Pabst und Ursula Zanichelli, so wie die Mannheimer Florian Toma (Bass) und Leif Jensen (Drums) samt den beiden sexy Showgirls Christina Schulz und Luisa Lohöfer stürmen die Stage und feuern ‘All For Metal’ auf das Mannheimer Publikum ab, das mit der ersten Sekunde in Flammen steht. ALL FOR METAL wären aber nicht ALL FOR METAL, wenn sie die True Metal Schraube nicht noch weiter in Richtung fetter Hymnen, Nackenbrecher-Riffs und catchy Texten drehen könnten und so legen Jungs wie Mädels ‘Fury of the Gods’, ‘Raise Your Hammer’ und ‘Born in Valhalla’ nach, was die Temperatur im Capitol deutlich nach oben treibt – direkt in die oberen Ränge, wo de Muppet Show sitzt – Grüße an Bülent Ceylan gehen raus, der auch regelmäßig im Capitol auftritt, Monnemer Bu halt. Showtechnisch sind ALL FOR METAL ebenfalls großartig unterwegs und so bekommen wir eine cool inszenierte Show für ‘Mountain of Power’ und ‘Hear the Drum’ zu sehen, während ‘Legends Never Die’ eine klassische Metal Ballade ist, die Tetzel unlängst einem verstorbenen Freund widmete. Ihre neue Single ‘Gods of Metal’ geben MANO….äh…ALL FOR METAL auch zum besten und wer waren nochmal diese MANOWAR? Scherz beiseite, ich durfte die US-True-Metaller live erleben, ich darf heute ALL FOR METAL live erleben und lehne mich hier und jetzt aus dem Fenster: Das Vakuum, das Manowar hinterlassen haben, werden ALL FOR METAL Stück für Stück füllen, wenn sie so weitermachen.

Bei den Jungs und Mädels ist immer etwas los auf der Bühne – egal ob die beiden Sänger abrocken, die Gitarren geflext werden oder die sexy Showgirls tanzen. Mit dem letzten Song ‘Goddess of War’ bringen die “Italo-Teutonen” dann die mächtige Bühne zum wackeln, die Zuschauer zum Tanzen und Headbangen – alles ist angerichtet für die Unliving Pictour Show, alles ist bereit für “The Monsterican Dream”, die Sieger des ESC, die bekanntesten Monster aus Finnland, aber erst muss die Bühne umgebaut werden.

Die diesmal etwas längere Pause wird genutzt, um sich mit flüssigem zu versorgen, da das Capitol dem Vorraum der Hölle gleicht – von der Betriebstemperatur der Zuschauer her – und die Kehle dementsprechend trocken ist. Auf dem Weg nach draussen unterhalte ich mich mit CRIMSON VEIL über die Zukunftspläne der Band und bekomme sogar eine handgeschriebene Setlist von Sängerin Mishkin Fitzgerald, die sie auf die Rückseite eines von der kompletten Band signierten Plakats schreibt. Auch HIRAES Growl-Meisterin Britta Goertz ist im Capitol und hat Zeit für einen Schnack. ALL FOR METAL sind an ihrem Merchstand, signieren CDs, LPs, machen Fotos und sprechen mit ihren Fans. Natürlich lasse ich mir die Gelegenheit nicht nehmen und darf berichten: der Hammer von Tetzel ist ziemlich schwer. An dieser Stelle ein weiteres Dankeschön für die Gespräche, die ebenfalls handgeschriebene Setlist die ich am Merch bekam und den Asenblut-Anhänger, inklusive meinem Versprechen, die neue ASENBLUT-Scheibe vorzubestellen!

Jetzt wird’s aber Zeit die Reifen quietschen zu lassen, denn der KISS Song ‘God of Thunder’ läuft gerade vom Band und ist das Zeichen für alle LORDI Fans und die, die es heute Abend noch werden, ihre Plätze einzunehmen. Kaum zurück in der Loge läuft ‘SCG XVIII: Nosferuiz Horror Show’ und Mr. Lordi (Vocals), Hella (Keyboards, Backing vocals), Mana (Drums), Hiisi (Bass, Backing Vocals) und Kone (Guitar, Backing Vocals) kommen auf die Bühne um eine sehr bildgewaltige Show mit ‘Unliving Picture Show’ vom aktuellen Album “Screem Writers Guild” zu eröffnen. Mr. Lordi erklärt nach dem Song das er erkältet ist und leichte Probleme mit der Stimme habe, davon kann man aber nichts hören und der Monster-Chef liefert über die gesamte Zeit eine einwandfreie Performance ab, so auch während ‘Lucyfer Prime Evil’, ‘My Heaven Is Your Hell’ und ‘Blood Red Sandman’, dass vom Album “The Monsterican Dream” stammt, welches in diesem Jahr 20 Jahre jung wird.

Deswegen spielen die Finnen auf dieser Tour viele Songs vom “Geburtstagsalbum” und eben ihrer neue Platte. Genaue Statistiken findet ihr auf Setlist FM – eine Seite die auch Mr. Lordi kennt, wie er dem Publikum verrät. Nach dem Drum Solo von Mana, der den ‘ The Imperial March’ spielt, geht es mit ‘In the Castle of Dracoolove’ und ‘Scarecrow’ weiter, bei letzterem bauen LORDI eine Vogelscheuche ins Programm ein. Überhaupt geht auf der Bühne so viel ab, jedes Theater wäre neidisch ob der genialen und leidenschaftlich dargebotenen Show von LORDI, die obendrauf noch sehr detailverliebt sind – großartig. Nach ‘Thing in the Cage’ kommt mit Hella’s Keyboard Solo ein Stück, das abhängig von der Anfeuerung des Mannheimer Publikums ist – Spoiler: Mannheim hat abgeliefert und Hella auch! Spätestens nach ‘Who’s Your Daddy?’ und ‘Wake the Snake’ besteht absolute Einsturzgefahr für das MVV Hochhaus auf der anderen Neckarseite, denn das Capitol tanzt, hüpft und monstert sich in Ekstase. Zwischen Hiisi’s Bass Solo und Kone’s Guitar Solo packen LORDI ‘Kalmageddon’, ein weiteres Lied aus “The Monsterican Dream”. Über ‘Inhumanoid’, ‘Devil Is a Loser’ und ‘Would You Love a Monsterman?’ kommen wir zum absoluten Höhepunkt und leider auch zum Finale des Abends – ihr ahnt es – denn der ESC-Sieger Track ‘Hard Rock Hallelujah’ ist der letzte Song an diesem 30. April 2024 im Capitol, der live gezockt wird, aber dafür auch der, bei dem die Richterskala stark nach oben geht und sämtliche Erdbebenmessungen das Capitol als Epizentrum markieren. Zurecht gefeiert verlassen LORDI die Bühne und auch die Fans verlassen das Capitol – verschwitzt, weil viel getanzt und glücklich, weil der Abend so, so, so toll war!

Im Anschluss an das Konzert findet ein Meet and Greet statt, für das man ein Ticket braucht. Ich habe wie alle anderen auch ein grünes Bändchen ums Handgelenk und warte auf LORDI, die sichtlich müde von der Show Autogramme schreiben, Fotos machen und sich kurz mit jedem Fan unterhalten. Ich freue mich über meine Autogramme, die vielen Bekanntschaften, die ich gemacht habe, den Fan des SV Waldhof, der mir eine Setliste schenkte und überhaupt darüber, dass ich hier sein darf. LORDI in dem Ambiente des Capitols erleben zu dürfen ist ein echtes Highlight, denn auf Festivals oder als Supportband (Sabaton) können sie leider nicht das entfesseln, was sie als Headliner imstande sind zu tun. Jeder, der es mit LORDI hält und die sympathischen Finnen noch nie als Headliner während eines Gigs in einer Halle oder eben in einem ehemaligen Kino – wie wir alle heute – gesehen hat, sollte das dringend nachholen. Nur hier entfachen Mr. Lordi, Hella, Mana, Hiisi und Kone ihr volles Potential, können ihre Show mitsamt der dichten Atmosphäre aufziehen, die jeden Monstermaniac begeistert!

Setlist LORDI

‘God of Thunder’
(KISS vom Tape)
‘SCG XVIII: Nosferuiz Horror Show’
‘Unliving Picture Show’
‘Lucyfer Prime Evil’
‘My Heaven Is Your Hell’
‘Blood Red Sandman’
‘Mana Drum Solo’ (‘Star Wars – The Imperial March’)
‘In the Castle of Dracoolove’
‘Scarecrow’
‘Thing in the Cage’
‘Hella’s Keyboard Solo’
‘The Children of the Night’
‘Who’s Your Daddy?’
‘Wake the Snake’
‘Hiisi’s Bass Solo’
‘Kalmageddon’
‘Kone Guitar Solo’
‘Inhumanoid’
‘Halloween Theme’
(John Carpenter Song)
‘Devil Is a Loser’
‘Would You Love a Monsterman?’
‘Hard Rock Hallelujah’
‘God Gave Rock ‚N‘ Roll To You’
(KISS vom Tape)
‘Outro’
(Quelle Setlist des Abends)

Setlist ALL FOR METAL

‘All for Metal’
‘Fury of the Gods’
‘Raise Your Hammer’
‘Born in Valhalla’
‘Mountain of Power’
‘Hear the Drum’
‘Legends Never Die’
‘Gods of Metal’
‘Goddess of War’

Setlist CRIMSON VEIL

‘Ribbons’
‘Shift’
‘Painkiller’
‘Flinch’
‘Hex’

Bericht: Tobi Stahl
Fotografie: Tobi Stahl (https://www.instagram.com/krachmachermusik/)