KEEP IT TRUE Festival – RISING III

DORO – FLOTSAM AND JETSAM –  ALIVE AND DANGEROUS  – OMEN – EVIL INVADERS – Q5 – DESTRUCTOR  – TRIUMPHER – WITCHUNTER – AMETHYST

DIRKSCHNEIDER – METAL CHURCH – WATCHTOWER – ENFORCER  – METALUCIFER – AMBUSH – PHANTOM SPELL – WIZZARD  – CLAYMOREAN – TAILGUNNER

Würzburg, Posthalle

06.- 07.Oktober 2023

Das KEEP IT TRUE RISING hat sich in den letzten Jahren zu einer festen Größe in der metallischen Festivallandschaft entwickelt. Geboren unter erschwerten Bedingungen während der Pandemie, war die zweite Ausgabe ein einziges Fest der NWOBHM. Der dritte Streich steht heuer, mit seinen beiden deutschen Headlinern, unter dem Banner teutonischen Stahls. Ansonsten ist sowohl das Billing als auch das Publikum absolut international. Neben den vielen US-amerikanischen Bands sticht dabei Metalucifer aus Japan heraus, während abseits der Bühne eine junge Dame aus Neuseeland wohl die weiteste Anreise gehabt haben dürfte. Aber egal woher sie auch kamen, die 20 Bands und die rund 2000 Metalheads aus der ganzen Welt feierten im schönen Würzburg ein zweitägiges Metal-Fest der Sonderklasse. Die Obliveon-Crew bestehend aus Marius und Yours Truly war für euch dabei. (Alex)

Freitag, 6.10.23 (Tag 1)

Wie bei KEEP IT TRUE-Veranstaltungen üblich, wird der erste Tag natürlich von einem Newcomer pünktlich zum angekündigten Beginn eröffnet. An diesem Freitag geben sich die schweizerischen Nachwuchstraditionalisten von AMETHYST die Ehre. Ihre Debüt-EP „Rock Knights“ hat im Underground bereits einige Anerkennung erlangt, auf der Bühne besteht jedoch noch etwas Luft nach oben. Geschmackssicher zeigen sich die Jungspunde, indem sie ‚On To The Borderline‘ der obskuren NWOBHM-Truppe Mendes Prey covern. (Marius)

Gut, dass Kollege Gindra so zeitig vor Ort ist, denn ich schaffe es trotz aller Bemühungen erst um halb eins in der Posthalle zu sein. Wenigstens bekomme ich noch die letzten drei Songs vom Festival-Opener mit und bade sogleich in der einzigartigen KIT-Stimmung, in der auch die erste, noch so unbekannte Band gnadenlos abgefeiert wird, love it! Bei WITCHUNTER bin ich dann allerdings auf meinem Posten und kaufe als Englischlehrer als Erstes mal ein „H“, LOL! Die Italiener, allen voran Sänger Steve De Leo, überzeugen mich allerdings trotz der merkwürdigen Schreibweise ihres Bandnamens. Das ist solider Heavy Metal mit leichtem Speed-Einschlag, der live vor allem von dem extrovertierten Frontmann lebt. Steve wechselt nicht nur nach gefühlt jedem Song sein Outfit, sondern wirbelt wie ein Derwisch über die Posthallenbühne und ist die geborene Rampensau. Optisch erinnert er mich an den jungen Kory Clake (Warrior Soul) und sein Zungenspiel würde einem Gene Simmons (Klammerbemerkung unnötig) zur Ehre gereichen. Jedenfalls bieten WITCHUNTER eine sehr unterhaltsame Show, die Lust auf mehr macht. (Alex)

TRIUMPHER haben mit ihrem Debütalbum „Storming The Walls“, welches im Frühjahr auf No Remorse Records erschien, im Underground für mächtig Furore gesorgt. Man vernimmt sogar mal wieder Unkenrufe, die von Hype sprechen, was ich persönlich für lächerlich halte. Aber so ist das in den inneren Zirkeln der Trve Metal-Szene, da ist alles, was nicht vor mindestens 40 Jahren auf Single oder Tape erschien “untrve to the bone“. Egal, die jungen Griechen ziehen ihren Stiefel heute unbeirrt durch und auch hier ist es der Frontmann, der die ganze Aufmerksamkeit auf sich zieht. Antonis Vailas, oder Mars Triumph wie er sich jetzt nennt, hat gesanglich schon bei Saboter eine gute Figur abgegeben und tut das auch hier, vor allem, wenn er seinen Spartaner Helm aufzieht. Selbst das Manowar-Cover ‚Blood Of My Enemies‘ bekommt er ordentlich hin und die ganze Posthalle singt mit. Irgendwie fühlt sich das ob des rapiden Niedergangs des Originals wie ein Generationenwechsel an, auch wenn die Fußstapfen von Manowar für TRIUMPHER insgesamt dann doch etwas zu groß sind. (Alex)

Als ich vor weit über 10 Jahren mal zu einem fairen Preis das Debüt „Maximum Destruction“ von 1985 erlangte, war es um mich geschehen und ich verliebte mich direkt in dden kultigen Sound der Cleveland Metaller von DESTRUCTOR. Leider kamen die Herren seit 15 Jahren nicht mehr über den Großen Teich und so musste ich warten bis zu jenem Tag, um Dave Overkill und seine Mannen endgültig mal live zu sehen. Doch die Geduld hat sich gelohnt… Bestens auferlegt, haut uns das in Würde gealterte Power/Thrash Quartett sowohl bockstarke Songs des neuen Albums als auch alte Gassenhauer wie ‚Iron Curtain‘, ‚Pounding Evil‘ oder das namensgebende ‚Destructor‘ auf die Mütze. Erste Reihe Mitte ist hier für mich Pflicht und die viel zu kurzen 45 Minuten gehen wie in Flug vorbei. Hoffentlich dauert es nicht wieder 15 Jahre, bis sie nach Europa zurückkehren; dann vielleicht auch mit dem leicht anstößigen ‚Bondage‘ auf der Setlist. (Marius)

Nach der räudigen DESTRUCTOR Show wird es mit Q5 zwar um einiges melodischer, aber nicht weniger kultig. Sieben von neun Songs des ‘84er Debüts „Steel The Light“ kommen hier zum Zuge, lediglich zwei vom schwächeren Nachfolger „When The Mirror Cracks“ von ‘86. Frontmann und einziges Urmitglied Scott P. Palmerton ist auch fast 40 Jahre später stimmlich auf der Höhe, bei ‚Lonely Lady‘ holte er Sölicitör-Sängerin Amy Lee Carlson auf die Bühne, um ein bockstarkes Duett hinzulegen. Ein weiteres Tageshighlight und ein Feuerwerk an Hooks vom Feinsten. So liebe ich melodischen Heavy Metal. P.S.: Das Debüt dreht sich seit der Show wieder häufiger auf dem Plattenteller. (Marius)

Bei den EVIL INVADERS haben wir uns eine Pause gegönnt, denn der Mensch lebt nicht nur von Metal allein. Einige Jahre ist es bereits her, dass ich OMEN zum letzten Mal sah, daher war die Vorfreude wieder immens. Zusammen gehalten von Kenny Powell steigt die US Metal Legende direkt mit ‚Death Rider‘ in die Presche, die Setlist besteht ausschließlich aus Songs der ersten drei Alben, wobei ich gefühlt selten so viele „Warning Of Danger“-Songs (‚Red Horizon‘!!!) bei einer OMEN-Show gehört habe. Trotz einiger hörbarer Patzer von Cheffe Kenny liefern die Amis mit ihrem griechischen Sänger Nikos eine wieder mal mehr als solide Show. Ich habe sie aber in den letzten 15 Jahren auch schon etwas besserer in Form erlebt. (Marius)

Mehr Thin Lizzy als bei ALIVE AND DANGEROUS kann man heutzutage wohl nicht mehr erleben; nicht einmal vom immer noch aktiven „Original“. Die Tributband um Originalmitglied und Drummer Brian Downey, der mit weit über 70 noch immer tight wie eine Atomuhr spielt, hat völlig Zurecht ihren hohen Platz im Billing bekommen. Bassist/Sänger Matt Wilson klingt nicht nur wie sein großes Vorbild, er sieht einem jungen Phil Lynott auch noch zum Verwechseln ähnlich. Evergreens wie ‚Are You Ready‘, ‚Jailbreak‘, ‚Emerald‘ und unvermeidbare Hits wie ‚The Boys Are Back in Town‘ oder die finale Zugabe ‚Whiskey In The Jar‘ werden vom geschmackssicheren Publikum mehr als gebührend abgefeiert. Sogar ‚Cold Sweat‘ von meinem Favoritenalbum „Thunder & Lightning“ findet seinen Platz in der Setlist. Dafür gibt’s extra Lob… (Marius)

Nach der Absage der letzten Europatour ist die Vorfreude auf FLOTSAM AND JETSAM grenzenlos. Gerne hätte ich endlich ein paar der Songs vom bockstarken, immer noch aktuellen „Blood In The Water“-Album live gehört, aber in diesem Rahmen war mit einem old-school Set zu rechnen und so kommt es dann auch. Was soll`s, an Evergreens wie ‚Hammerhead‘, ‚Dreams Of Death‘, Desecrator oder ‚She Took An Axe‘ kann man sich eh nicht satthören und Göttergaben wie ‚I Live You Die‘, ‚No Place For Disgrace‘ und ‚Doomsday For The Deceiver‘ haben ohnehin ihren festen Platz in der Hall Of Fame des Heavy Metal. Die beiden letztgenannten werden direkt hintereinander gebracht, was meine Nackenmuskulatur auf die erste Bewährungsprobe dieses Wochenendes stellt. Lediglich die Backing Vocals von Basser Bill Bodily bei ‚Disgrace‘ sind etwas dünn, das klang bei seinem Vorgänger Michael Spencer besser. Dafür ist der Viersaiter viel in Bewegung und harmoniert gut mit Drum Machine Ken Mary. Mike Gilbert und Steve Conley sind eh perfekt aufeinander eingespielt und liefern sich wie immer wilde Riff- und Solo-Schlachten. Eric AK ist im Alter erstaunlicherweise immer besser bei Stimme und singt wie ein junger Gott. Er ist heute besonders gut aufgelegt und kommuniziert viel mit dem Publikum. Am Ende schießt er allerdings ein wenig übers Ziel hinaus, als er nach ‚Iron Maiden‘, dem einzigen Stück neueren Datums, ‚Der Führer‘ als besondere Zugabe für die deutschen Fans ankündigt. Es gibt nicht wenige Zuschauer, die diese Art von Humor und die Anti-Nazi-Message des Songs nicht verstehen. ‚Iron Tears‘ oder ‚Hard On You‘ wären vielleicht die bessere Wahl gewesen. Andererseits wissen alle Flotzheads Bescheid und feiern ihre Jungs trotzdem oder gerade deshalb ab, FTD! (Alex)

Eines vorweg: Im Vorfeld wurde die Headlinershow von DORO als DORO PESCH PLAYS WARLOCK angekündigt. Mit dabei auch Tommy Bolan, der 1987 die Gitarre auf „Triumph And Agony“ einspielte. Zuerst startet die Show noch recht erwartungsvoll und man bleibt bei alten WARLOCK Songs. Angekündigt wurde auch noch, das Album in Gänze zu spielen. Leider wird dieses Versprechen nicht eingehalten, am Ende fehlt fast die Hälfte der Songs. Sei’s drum, das ist noch das kleinere Problem. Was das Publikum viel mehr verärgert und die Halle im Handumdrehen leert, ist ein rund 10 (!) Minuten langes Schlagzeugsolo, woraufhin die Geduld vieler WARLOCK-Fans auf eine harte Probe gestellt wird. Ebenso das unnötige ‚Breaking The Law‘-Cover und zwei Songs ihrer Solokarriere, die auf einem Festival wie dem KIT Rising mal so gar keiner braucht. Somit geht der erste Tag etwas zwiegespalten zu Ende; und auch wenn DORO bis heute eine Sympathieträgerin für mich ist, so war das eher mal… nix. (Marius)

Samstag, 7.10.23 (Tag 2)

Der zweite Tag beginnt weitaus entspannter als gestern, weil die dreistündige Autobahnfahrt wegfällt und man sich gegen Mittag ganz entspannt in Richtung Posthalle aufmacht. Nachdem der Metal Market bereits gestern geplündert wurde, kann man es auch dort lockerer angehen und den ein oder anderen Tonträger mitnehmen, den man am Vortag anscheinend übersehen hatte. TAILGUNNER reißen einen dann um Punkt zwölf aus dem Plausch mit einem der Händler und geben eine dreiviertel Stunde lang Vollgas. Die jungen Briten sprinten über die Bretter als würden sie für Olympia trainieren, vor allem Bassist und Bandgründer Thomas Hewson. Die neue Gitarristin Rhea Thompson besteht ihre Feuertaufe mit Bravour und gibt sogar ein kurzes Solo mit Publikumsanimation zum Besten, als ihr Axtkollege Zach Salvini mit technischen Problemen zu kämpfen hat. Es ist schon beachtlich, wie professionell diese blutjunge Truppe auf der Bühne agiert. Sänger Craig Cairns sieht jedenfalls aus, als sei er gerade volljährig, was seine Performance umso professioneller wirken lässt. Kein Wunder also, dass die Truppe von Atomic Fire gesignt wurde. Labelvertreter Markus Wosgien, der die Band unter Vertrag nahm, wird den Auftritt seiner Schützlinge mit Genugtuung beobachtet haben. (Alex)

 

Auf CLAYMOREAN hatte ich mich im Vorfeld echt gefreut. Ich besitze zwar nur das letzte Studioalbum der Serben, dasgefällt mir aber sehr gut. Zu meiner Freude bringt das Quintett drei mir bekannte Songs, die ich entsprechend abfeiere: ‚Battle In The Sky‘, das Virgin Steele-Cover ‚The Burning Of Rome‘ und als Rausschmeißer noch ‚Hunter Of The Damned‘. Bandgründer und Gitarrist Vlad hat sichtlich Spaß in den Backen und versteht sich gut mit seinem neuen Kollegen und Namensvetter an der zweiten Klampfe. Im Mittelpunkt steht allerdings Sängerin Dejana, die nicht nur gesanglich absolut auf der Höhe ist, sondern auch über eine beeindruckende Bühnenpräsenz verfügt. Nach anfänglicher Zurückhaltung geht sie im Laufe der Show immer mehr aus sich heraus und kommt bei ihren Ansagen sehr sympathisch rüber. Ich glaube, ich muss mir die restlichen Alben von CLAYMOREAN auch noch zulegen… (Alex)

WIZZARD gehören zu klassischen Bands, die irgendwann mal in den 80ern einen kleinen lokalen Hit hatten, für über 35 Jahre in der Versenkung verschwanden und nun fürs KEEP IT TRUE wieder aktiviert wurden. Die Schweden spielen an diesem Tag das erste Konzert seit 1986 und werden von einem kleinen, aber feinen Kreis (viele davon Landsmänner und -frauen) vor der Bühne manisch abgefeiert. Der melodische Heavy Metal geht tatsächlich gut ins Ohr und bei der Bandhymne „Ninya Warrior“ gibt’s für viele kein Halten mehr. Da kann künftig gerne mehr kommen. Für mich das Obskuritätenhighlight des Wochenendes. (Marius)

PHANTOM SPELL ist ein Nebenprojekt von Seven Sisters-Bandleader Kyle McNeill und war offensichtlich eigentlich nur als Studioprojekt gedacht. Jedenfalls habe ich Kyle bei einer seiner Ansagen so verstanden, dass KIT-Macher Oliver Weinsheimer ihn wohl mit sanftem Druck zu diesem Auftritt überreden konnte. Gut so, Oli! Denn „Immortal‘s Requiem“ ist wahrlich ein Meisterwerk, dessen livehaftige Darbietung ein wirklich besonderes Erlebnis darstellt. Trotz ein paar technischer Probleme, die Kyle mit seinem typisch britischen Sarkasmus kommentiert, funktioniert das Zusammenspiel zwischen ihm und seinen vier Mitmusikern ganz hervorragend. Songs wie ‚Seven Sided Mirror‘, ‚Black Spire Curse‘ und ‚Blood Becomes Sand‘ sind Sternstunden progressiven Retro Rocks und treiben einem fast Freudentränen in die Augen. Gerne mehr davon! (Alex)

AMBUSH spielen zwar gefühlt auf jedem zweiten Festival, aber das hat seine Gründe. Die Schweden sind einfach absolute Stimmungskanonen! Die Jungs verfügen nicht nur über klasse Songs wie ‚Firestorm‘ oder ‚Hellbiter‘, die von der Menge lauthals mitgesungen werden, sondern mit Oskar Jakobsson auch noch über einen sehr agilen Frontmann. Die „Schnorresmänner“ an seiner Seite haben ebenfalls stets ein Lächeln auf den Lippen und formieren sich gerne posend zu einem Metal-Ballett. Das Quintett macht einfach tierisch Spaß und wird zurecht immer wieder gebucht und abgefeiert. (Alex)

Seit meinen Teenagertagen liebe ich METALUCIFER und ihren vor Klischees übertriefenden Party Heavy Metal. Die verrückten Japaner um Sabbat-Sänger Gezol mit einheimischer Verstärkung durch Mamonohunter und Ex-Metal Inquisitor Gitarrist Blumi lassen mal wieder keine Klischees aus. Bart Gabriel, diesjähriger Tourmanager, kommt mit echter Kettensäge bei ‚Heavy Metal Chainsaw‘ auf die Bühne. Bei ‚Heavy Metal Hunter‘ gibt’s einen Showkampf mit Bandkumpel Jero von Abigail, der zuerst mit ausgestreckten Mittelfingern und Linkin Park-Hoodie auf die Bühne kommt und dann nach paar „auf die Mütze“ und einem ins Publikum fliegenden Sweater im KIT-gerechten Outfit parat steht.  Ich frage mich danach, ob das Kleidungsstück nun noch weitere Verwendung findet, oder bereits als Grillanzünder seinen Dienst quittiert hat. Sei’s drum: Stumpf ist hier wie immer Trumpf, alle acht Songs der Setlist beginnen mit dem magischen Wort – ich meine es gibt auch nur eine ganz kleine Anzahl an Songs, deren Titel anders beginnt – und allgemein wurde die feiernde Meute eine gute Dreiviertelstunde wieder bestens unterhalten. Natürlich immer mit dem typisch japanischen Humor und einem großen Augenzwinkern. Genau mein Entertainment! (Marius)

Während ENFORCER nehme ich den Weg zum Wohnmobil auf mich, um mich vor WATCHTOWER nochmal kurz auszuruhen und zu stärken. Ich habe die Band bis hierher zweimal live erleben dürfen: Zum ersten Mal auf der Tour mit Coroner 1990 und dann auf dem KIT 2010, beide Male mit Alan Tecchio am Mikro und beides waren absolute Sternstunden. Ich liebe diese Band einfach abgöttisch und bin total gespannt, wie sie live mit Originalsänger Jason McMaster klingen werden. Als ich die Rampe zur Posthalle hinaufeile, um auch nicht eine Sekunde der Intergalaktischen zu versäumen, kommen mir viele Leute entgegen und ich befürchte schon, dass sie vor dem Wachturm fliehen. Drinnen ist die Halle aber dann Gott sei Dank noch gut gefüllt. Jason scheint meine Bedenken zu teilen, denn er bedankt sich während des Sets mehrfach dafür, dass das KIT-Publikum den doch sehr außergewöhnlichen Stil von WATCHTOWER goutiert. Dabei scheint er jedoch den eigenen Ruf zu unterschätzen. Im KIT-Kosmos genießen die Texaner absoluten Kultstatus und so steht die Halle beim Eröffnungsdoppel ‚Asylum‘ und ‚The Eldritch‘ unmittelbar Kopf. Die Setlist ist eine perfekte Mischung aus den beiden Longplayern „Energetic Disassembly“ und „Control And Resistance“, wobei ich völlig baff bin, wie gut McMaster die „Control“-Songs singt und wie souverän und witzig er selbst bei den ausgedehntesten Instrumentalparts agiert. Rick Colaluca sieht mit seinen 60 Jahren nicht nur aus wie 30, sondern spielt auch noch so wie vor 30 Jahren. Ron Jarzombek lässt alle Gitarristen des Wochenendes wie blutige Anfänger aussehen und Doug Keyser ist einfach völlig durchgeknallt: Wie dieser Typ in Shorts und kariertem Sakko über die Bretter marodiert, dabei die unmöglichsten Fratzen schneidet und die krassesten Bassläufe zupft, ist einfach unfassbar. Das Einzige was fehlt, sind die Knieschoner, die die Jungs früher trugen, als sie sich noch auf dem Bühnenboden wälzten, während sie den halsbrecherischsten Kram spielten. Ich bin vor Verzückung teilweise wirklich weggetreten, kann mich aber noch dunkel an ‚Social Fears‘, The Fall Of Reason‘ und ‚Tyrants In Distress‘ als absolute Highlights des mit großem Abstand besten Auftritts des Festivals und des für mich besten Konzerts der letzten 20 Jahre erinnern. Da können allenfalls Arch/Matheos und Heir Apparent beim KIT 2012 bzw. 2016 ansatzweise mithalten, WATCHTOWER = G.O.T.T.! (Alex)

Vom Wachturm körperlich und seelisch völlig ausgelaugt, heißt es nun für meine alten Helden von METAL CHURCH nochmal alle Reserven zu mobilisieren. Die spannendste Frage ist sicher, ob Neu-Sänger Marc Lopes, der beim aktuellen MC-Album „Congregation Of Annihilation“ eine wirklich gute Figur abgibt, auch die alten Band Classics sauber zu intonieren weiß. Ich finde insgesamt gelingt ihm das heute wirklich gut, vor allem bei den Songs der ersten beiden Scheiben, mit dem Reverend David Wayne an den Vocals. Vielleicht konzentriert man sich auch deshalb auf die Frühphase der Band und bringt mit ‚Badlands‘ nur ein Stück aus der Mike Howe-Ära, genau wie nur einen Song vom aktuellen Album (‚Pick A God And Pray‘). Für meinen Geschmack könnte Lopes zwar den ein oder anderen Schrei weglassen, dafür ist er ein wirklich cooler Frontmann, der sich on stage mit traumwandlerischer Sicherheit bewegt. Leider ganz im Gegensatz zu Kurdt Vanderhoof, der wie festbetoniert am äußersten Bühnenrand verharrt und kaum mit der Menge interagiert. Natürlich ist er eher ein introvertierter Typ, aber so passiv habe ich ihn echt noch nie erlebt. Vielleicht gab es ja technische Schwierigkeiten (Sender kaputt?) oder er hatte einfach `nen schlechten Tag. Dafür liefern seine Kollegen Steve Unger (Bass) und Rick van Zandt (Gitarre) eine ansprechende Show ab und Stet Howland ist sogar ein richtiger Showdrummer, auch wenn er – wie schon seine Vorgänger – Kirk Arrington nie ersetzen können wird. Gerade bei Songs vom Debüt wie ‚Battalions‘, ‚Beyond The Black‘ oder ‚Metal Church‘ vermisse ich Kirks einmaligen Stil ganz besonders. Die beiden letztgenannten sind das wohl beste Eröffnungsdoppel eines Metal-Albums ever und bilden heute den Abschluss einer guten, wenn auch nicht perfekten Show. (Alex)

Die zwei Tage waren intensiv und meine Stimme nach METAL CHURCH schon schwer angeschlagen (ich sollte mir für KIT-Veranstaltungen künftig immer Halstabletten einpacken, harhar!). Doch wie sollte es anders sein, haut Oli natürlich zum Grande Finale noch etwas ganz Feines raus. Accept waren 2002 überhaupt meine erste Berührung in Sachen Heavy Metal. Nun ist Udo DIRKSCHNEIDER zumindest wieder mit Bassist Peter Baltes vereint, mit Wolf Hoffmann unter dem „Originalbanner“ wird’s in diesem Leben wohl nichts mehr. Strafe der späten Geburt eben… Sei’s drum: natürlich lässt sich der „German Tank“ bei seinem lupenreinen Accept-Set nicht lumpen und präsentiert uns knapp 100 Minuten Hymne auf Hymne, die hier wahrscheinlich JEDER im Schlaf rückwärts mitsingen kann. Peter Baltes darf sich bei mit seinem pumpenden Spiel in ‚London Leatherboys‘ austoben, wo mir als Bassist vor Ehrfurcht die Kinnlade runterfällt. Udos Sohnemann Sven ist mittlerweile schon seit mehreren Jahren fester Drummer der Band und ebenfalls ein begnadeter Musiker.  Als wir kurz nach Mitternacht mit „Balls To The Wall“ in die Nacht entlassen werden, sind die Mitsingchöre bald lauter als auf Beatles-Konzerten der späten 60er. Es kommt hier eben zusammen, was zusammengehört. Und für mich schließt sich an diesem Abend ein Kreis: Die erste Metal-Lieblingsband auf meinem Lieblingsfestival. Ich bin am Ende den Freudentränen nahe, denn ich habe diese Reibeisenstimme nie in vertrauterem Umfeld gesehen… Mögen sie uns beide noch lange erhalten bleiben. (Marius)

Noch heiser vom Mitsingen alter Accept-Klassiker malträtiere ich, zusammen mit meinen Jungs, bei der anschließenden Aftershowparty meine Stimme noch weiter zu ‚Gutter Ballet‘, ‚For Whom The Bell Tolls‘ und ‚Hell Awaits‘. Trotz völliger körperlicher Erschöpfung sind wir selbst nach insgesamt über 24 Stunden metallischer Vollbedienung noch nicht bereit, dieses Festival zu Ende gehen zu lassen. Neben der perfekten Organisation, dem insgesamt wirklich guten Sound und den astreinen Bands waren es tatsächlich die vielen Begegnungen mit tollen Menschen (You know who you are!), die dieses Wochenende so unvergesslich machen. Ich bedanke mich im Namen der Obliveon-Crew und allen die noch dabei sein durften ganz herzlich bei Oli Weinsheimer und seinem Team für ein wunderschönes Wochenende, CU next time! (Alex)

Text: Alex Fähnrich, Marius Gindra

Fotos: Mario Lang