KAMELOT, MYRATH, ELEINE, LEAGUE OF DISTORTION – Essigfabrik

KAMELOT – MYRATH – ELEINE – LEAGUE OF DISTORTION

17. März 2023

Köln, Essigfabrik

“Awaken The World Tour 2023“ – unter diesem an den Titel des brandaktuellen Albums “The Awakening“ angelehnte Banner lud mit KAMELOT eine der innovativsten und momentan einflussreichsten und populärsten Melodic Power Metal Bands zum freitäglichen Stelldichein in die Essigfabrik zu Köln. Im Gepäck hatten sie dabei nicht nur einige Songs des neuen Albums, sondern auch drei allesamt sehr interessante und unterhaltsame Special Guests.

LEAGUE OF DISTORTION

League Of Distortion

Vor den bereits zahlreich erschienenen, konzerthungrigen Fans betraten pünktlich um 19:00 Uhr angeführt von der ehemaligen EXIT EDEN-Sängerin Anna Brunner und dem KISSIN‘ DYNAMITE-Gitarristen Jim „Arro“ Müller zunächst die deutschen Modern Metaller LEAGUE OF DISTORTION die Bühne im Deutzer Hafen. Es gelang dem Quartett mit ihren modernen Metalhymnen wie dem Opener `My Revenge und dem folgenden `Solitary Confinement´ vom selbstbetitelten Debütdreher sowie den sympathischen Ansagen der Frontfrau Aufmerksamkeit und Wohlwollen der Anwesenden auf sich zu ziehen.

Doch neben einem Haufen Vorfreude und Spaß war scheinbar auch eine Menge Anspannung und Nervosität im Spiel, so dass diese die Songreihenfolge verwechselte. Doch Glück im Unglück, denn so waren die später benötigten „Rebel“-Rufe für den anschließenden Song `Rebel By Choice´ bereits eingeübt und klappten danach umso besser. Das intensive `Wolf Of Lamb´ bekleidet mit roten bzw. schwarzen Mönchskutten vorgetragen und der von vielen „L.O.D.“-Rufen befeuerte Bandsong beendeten schließlich einen soliden und mit viel Beifall bedachten Auftakt.

ELEINE:

Eleine

Die folgenden Schweden von ELEINE waren da trotz ebenfalls kurzer Spielzeit und Mini-Setliste von sechs Songs sowohl musikalisch mit ihrem ausgefeilten Symphonic Metal als auch von der Performance schon eine andere Nummer sowie auch vielen der Anwesenden bereits bekannt. Da wurde von der Band exklusive Drummer zu viert synchron gebangt und die Matte kreisen gelassen, was das Zeug hält und Songs wie das großartige `Ava Of Death´ vom Auditorium begeistert mitgesungen. Gitarrist Rikard Ekberg, ein wenig des Deutschen mächtig, sorgte mit einer launigen Ansage für Lacher und mit seinen Growls für Stimmung. Mit der neuen Single, der eingängigen Hymne `We Are Legion´, welche erst am 24. März erscheinen wird, kam der unbekannteste und gefühlt auch am wenigsten symphonische Song mit Abstand am besten an. Der abschließende Track `Death Incarnate´ musste vermeintlich mit Hilfe eines bestimmten Lautstärkepegels erst (selbst)aktiviert werden, wofür das Publikum in bekannter Manier zunächst in zwei konkurrierende, von Ekberg und Frontfrau Madeleine Liljestam dirigierte, Hälften geteilt wurde, nur um final dann doch den Einheitsgedanken der Metalszene zu zelebrieren und den Track sowie die Band und ihren Auftritt gemeinsam lautstark abzufeiern.

MYRATH:

Als nächstes stürmten die mit arabisch-orientalischen Einflüssen experimentierenden Power Prog Metaller MYRATH die Bühnenbretter der Domstadt, wo sie bereits von einer tunesischen Fahne im Publikum und insgesamt äußerst herzlich begrüßt wurden. Kissen und Teppiche sorgen für Flair auf der Bühne, ein drehbares Keyboard gehört ja mittlerweile schon zum guten Ton. Hier ist dieses allerdings besonders wichtig, zeichnet es doch für das ein oder andere Solo, aber vor allem für einen Großteil der orientalischen Einsprengsel und Spielereien verantwortlich. Frontmann Zaher Zorgati entpuppt sich als Frauenschwarm, begnadeter Entertainer und musikalischer Mittelpunkt in Personalunion. Er sollte allerdings mal seinen Deutschlehrer kritisch hinterfragen, der ihm neben lebenswichtigen Vokabeln wie „Kartoffel“ so fragwürdige Sätze wie „Deine Mutter heißt Helmut und zieht LKWs auf DSF“ beigebracht hat. Und eine männliche Bauchtanzanlage, nach welcher der Sänger das verzückte Publikum in den ersten Reihen mit seiner GoPro filmt, sieht man auch nicht alle Tage.

Myrath

Doch vor allem sorgt das Quintett mit seinem tanzbaren, eingängigen Sound und Songs wie `To The Stars´, `Dance´ und `Monster In My Closet´ für gute Laune und mit einer Prog-Einlage wie `Endure The Silence´ mit jazzigen Pianosound, versetzten Rhythmen und seiner insgesamt progressiven Ausrichtung auch bei musikalischen Kennern für Bewunderung. Außerdem gibt es noch den gelungenen, neuen Song `Child Of Prophecy´ zu hören und nach dem kurzen Drumsolo kommt nochmals die Kamera des Vokalisten zum Filmen der glücklichen, mittlerweile verschwitzten Meute vor der Bühne zum Einsatz. Zum sehr guten Schluss darf natürlich das hymnische `Believer´ nicht fehlen, das mit seiner „Carry On“ Hook für das stimmungsvolle Ende eines kurzweiligen, mitreißenden Auftritts sorgt. Lange nicht eine Supportband gesehen, die mit so viel Beifall und Jubelstürmen verabschiedet wird, was auch den Musikern spür- und sichtbar großen Spaß bereitete.

KAMELOT:

Bereits nach wenigen Klängen des opulenten Openers `Veil Of Elysium´ wird deutlich, dass KAMELOT trotzdem nochmals eine Liga höher anzusiedeln sind, und zwar sowohl vom Aufwand der Inszenierung, den Bühnenaufbauten als auch der musikalischen Leistung. Die symphonisch und progressiv angehauchten Melodic Power Metaller können aus dem Vollen schöpfen und decken mit ihrer abwechslungsreichen Setliste sieben ihrer mittlerweile dreizehn Studioalben ab. Das Konzert in Köln findet am Veröffentlichungstag der nagelneuen “The Awakening“ Scheibe statt, von der es dann auch gleich `Opus Of The Night (Ghost Reqiuem)´ zu hören gibt. Die Band um Gitarrist und Bandgründer Thomas Youngblood kann weiterhin klotzen und Hits wie `Insomnia´, `Karma´ und das eher selten live gespielte `Vespertine (My Crimson Bride)´ vom vorigen Album “The Shadow Theory“ in die restlos begeisterte Menge feuern.

Sänger Tommy Karevik führt charmant und zurückhaltend durchs Programm und überzeugt mit seiner powervollen Stimme. Doch auch das schwedische Schulsystem müsste eventuell einmal hinterfragt werden, wenn von sage und schreibe acht Jahren Deutschunterricht nur der Ausdruck „hinter schwedischen Gardinen“ in Erinnerung bleibt. Um die zahlreichen Kollaborationen der Truppe mit Gastsängerinnen wie Lauren Heart und Alissa White-Gluz abzudecken, hat man für die Tour die talentierte, bezaubernde Melissa Bonny (Ad Infinitum, The Dark Side Of The Moon) angeheuert, die für die weiblichen Gastvocals sorgt und ihre Kolleginnen würdig vertritt. Beim neuen Albumtrack `New Babylon´ darf sie dann gleich mal sich selbst ersetzen und trägt auch zu weiteren Glanzpunkten wie `Sacrimony (Angel Of Afterlife)´ und `March Of Mephisto´ nicht unwesentlich bei, bevor der Frontmann beim ruhigen `Song for Jolee´ mit simpler Pianobegleitung alleine und höchstselbst für Gänsehaut sorgt.

Den vielumjubelten letzten Song des regulären Sets bildet die Bandhymne `Forever´, welche der Vokalist für die obligatorische Bandvorstellung sowie diverse Nach- und Mitsingaktionen nutzt. Auch Keyboarder Oliver Palotai, nebenbei bemerkt neben Drummer Alex Landenburg eines von zwei deutschen Bandmitgliedern, kommt hier endlich zu seinem Recht und einem Geburtstagsständchen der Anwesenden an seinem Ehrentag.

Kamelot

Mit Umhang und „Karneval in Venedig“ Maske zunächst nicht zu erkennen spielt der Sänger höchstpersönlich die Einleitung von `Phantom Devine (Shadow Empire)` auf dem Keyboard, welches den hochklassigen Zugabenblock einleitet. Zum folgenden `One More Flag In The Ground´, vermutlich dem großen „Hit“ des frischen Longplayers, betätigt er sich als geübter Schwenker einer Deutschlandfahne. `Liar Liar (Wasteland Monarchy)´ beendet einen fantastischen Gig mit einer pickepackevollen Setliste und entlässt die glückliche Fanschar in die leider völlig verregnete Kölner Nacht.

Setliste KAMELOT:

Veil of Elysium
Rule the World
Opus of the Night (Ghost Requiem)
Insomnia
When the Lights Are Down
Vespertine (My Crimson Bride)
New Babylon
Sacrimony (Angel of Afterlife)
March of Mephisto
Karma
Song for Jolee
The Haunting (Somewhere in Time)
Drum Solo
Forever

Encore:
Phantom Divine (Shadow Empire)
One More Flag in the Ground
Liar Liar (Wasteland Monarchy)

Text: Michael Gaspar

Fotografie: Sven Bernhardt