Jürgen Walzer’s DISPYRIA ´Storytime´

29. Dezember 2023

Herxheim, Elmar-Weiller-Festhalle

Ein Konzertbesuch ist immer auch quasi wie ein Familientreffen. Hier trifft man Leute, die man nur manchmal trifft. Umso schöner die Begegnung, und größer die Freude. Und selbst so versteckte Orte wie Herxheim sind gut für eine gemütliche Sause.

Heute ist der Gastgeber der in Herxheim ansässige Verein Interkunst e.V.. Dieser ambitionierte Haufen organisiert übers Jahr Konzerte aus vielen Bereichen und Ausstellungen. Da gehört das Plätzelfeschd dazu, das größte Open Air Rock und Pop-Event in der Südpfalz. Dieser Verein umsorgt mit Manpower und Getränken die Gäste des heutigen Abends.

Die, so empfinde ich das sicher nicht alleine, leider spärlichen Gäste. Wäre die Halle ein Bierzelt und auf der Bühne eine drittklassige AC/DC-Kopie, wäre die Hütte sicher voll und am Kochen. So hat man hier doch reichlich Beinfreiheit. Was aber der Stimmung, das sei verraten, keinen Abbruch tut.

Jürgen Walzer ist in der Westpfalz kein Unbekannter. In den Neunzigern war er Mitbegründer der legendären Superior. Als ich die in der Bochumer Zeche sehen durfte, war er nicht mehr dabei. Dennoch ist diese Band ein prägender Teil meiner musikalischen Geschichte, eher als der damalige Headliner Virgin Steele, die mit schlechtem Sound und übertriebener Lautstärke glänzten.

Sein den 2010ern hat Jürgen sein Projekt DISPYRIA. Hier lebt er seine Liebe zum Geschichten erzählen aus. Das auf mittlerweile drei Alben, das letzte ´The Story Of Marion Dust´ ist förmlich noch presswarm. Natürlich auch live. Bisher führte er seine Stories eher im Raum Lautern auf. Heute verlässt er das pfälzische Bergland. Aber natürlich nicht allein. Nicht nur bringt er seine Mitmusiker mit, auch ein großer Teil der Anhängerschaft begleitet ihn zum Auswärtsspiel in der Oberrheinischen Tiefebene.

Das Licht geht pünktlich aus. Die große Bühne wird den ganzen Abend hinterfangen mit den zugehörigen Illustrationen von Timo Wuerz. Davor tut sich aber auch Einiges. Neben Jürgen an der Gitarre wird die zweite Gitarre von Patrick Andre gespielt. An den Drums sitzt Mario Walther, die Tasten bedient Michael Weickenmeyer, den Bass Sven Sommer. Hier folgt der alte Witz, den Bassisten erkennt man daran, dass er die Gitarre falsch herum hält. Aber ernsthaft, so kenne ich Bassisten. Introvertiert, kleiner Bewegungsradius. Aber wichtig für den Sound.

Der Sound, und das ist schade, ist direkt vor der Bühne leider etwas schwach, da die Erste Reihe hinter den Boxen steht. Zwei drei Schritte Richtung Mischpult, schon hört man wirklich einen tollen Klang. Darum ist es aber auch direkt in front of stage etwas leer.

Man kennt es von anderen Projekten, zum Geschichten erzählen braucht es mehrere Stimmen. Auf ´Marion Dust´ hörte der geneigte Fan ja schon Sangesprominenz, vor allem Zak Stevens hat viele Herzen erfreut. Aber natürlich auch die Herren Scheepers und Lizard Schulz. Können die Sänger (mit -in) des Abends ebenso überzeugen? Kurz gesagt, ja. Auf der Bühne stehen ja erfahrene Leute. Sabrina Roth und Stephan Hugo gehören schon länger zum Livecast. Dazu kommt Daniel Ott, der auch Teile des Erzählens übernimmt. Das passt. Schliesslich kennen ihn sicher einige vom Metalkeller-Podcast. Ganz neu in der Besatzung ist Dennis Ohler (Dragonsfire). Den habe ich vor allem schon als Fan erlebt, zuletzt hat er beim Iron Fest 2023 neben mir gefeiert.

Von Anfang an wird druckvoll musiziert. Alte Song und neue Stücke werden gut gemischt. Das verändert die Geschichte. Aber jede Geschichte verändert sich bei jedem Erzählen. Musikalisch wird es dadurch richtig rund. Es gibt ruhige Momente. Die Flöte etwa brilliert in Prog Rockigen Momenten. Später aber sorgt sie auch für dissonante Spannungen. Das sind die Augenblicke, wo ich denke, es braucht öfter diese „exotischen“ Instrumente im Metal. Aber viel mehr wird hardrockig bis schwermetallisch abgeliefert. Vom Melodic Rock bis Helloween-Anklängen ist alles zu finden. Und, nein, ich vermisse Zak oder Carsten nicht. Das was hier auf der Bühne passiert, gefällt mir gar noch besser. Die Stimmen wechseln sich ab, singen miteinander, harmonieren. Da gibt es keine Konkurrenz. Nur ein Gemeinsam.

Später ergänzt ein langjähriger Weggefährte Jürgens die Truppe. Markus Pfeffer, der Lauterer Musikworcaholic und Überzeugungstäter (Atlantis Drive, Barnabas Sky, Lazarus Dream, deren neues Album demnächst erfreuen wird), stößt dazu. Noch mehr Riffs, noch mehr Soli, noch mehr Theater. Die Gänsehaut, die sich breit macht, will kaum wieder abflauen.

Zum guten Schluß durften die Anwesenden schon einen Blick werfen auf das Cover des vierten Albums, das schon weit gediehen zu sein scheint. Das aber hätte es nicht gebraucht. Auch so sieht man bei den Dispyrians auf und vor der Bühne nur zufriedene, gar glückliche Gesichter. Ich werde ganz sicher wieder versuchen, anwesend zu sein, wenn DISPYRIA ihre Geschichten erzählen. Und vielleicht werde ich, entgegen aller meiner Gewohnheiten, auch einmal in den Metalkeller reinhören.

Ein Dankeschön geht an dieser Stelle an Matt Bischof, der uns freundlicherweise einige seiner Bilder zur Verfügung gestellt hat.

 

Text: Mario Wolski

Photo Credits: Matt Bischof