IRONHAMMER Festival 2020
TANKARD – PYRACANDA – STORMZONE – TYLER LEADS – SWEEPING DEATH – LORD VIGO
12.09.20 im JUZ Andernach
Das Corona-Jahr 2020 wird wohl als Totengräber der Kunstszene und Veranstaltungsbranche in die Geschichte eingehen. Doch im Norden von Rheinland-Pfalz stemmt sich eine über 2000 Jahre alte Römersiedlung tapfer gegen die Flut von Festivalabsagen. Nicht umsonst wird Andernach in einschlägigen Kreisen als „Metal Metropole Mittelrhein“ bezeichnet und diesem Prädikat wurde der JUZ Live Club auch vergangenen Samstag wieder gerecht, als es beim IRONHAMMER-Festival hieß „ausverkauft“! Dies konnte freilich nur durch ein ausgeklügeltes Hygienekonzept und eine perfekte Organisation gelingen. Das Festival fand diesmal als Open Air statt. Für alle Besucher wurden Sitzplätze und Stehtische zur Verfügung gestellt. Dies tat der Stimmung keinen Abbruch, zumal auch für das leibliche Wohl bestens gesorgt war.
Als pünktlich um zehn vor vier die Pfälzer LORD VIGO die Bühne betraten, war es für ihren düsteren Doom Metal eigentlich viel zu hell und sonnig. Nach ein paar technischen Problemen zu Beginn ihres Sets entwickelte das Quintett dennoch seine gewohnte Souveränität und nahm die Menge mit auf eine Zeitreise durch ihre gesamte Diskografie, angefangen bei ‚Ishtar – Queen Of The Night‘ vom Debüt bis hin zu ‚On The Verge Of Time‘ vom aktuellen Album „Danse De Noir“. Vor allem Frontmann Vinz war gut bei Stimme und behielt trotz der Hitze bis zum Ende der Show seinen Ledermantel an. That`s Metal
Anschließend erhöhten SWEEPING DEATH die Schlagzahl gewaltig und fegten wie ein Wirbelsturm über die JUZ-Bühne. Vor allem Sänger Elias Witzigmann wirbelte wie ein Derwisch und sammelte haufenweise Punkte durch seine sympathischen bayrischen Ansagen. Das Prunkstück dieser Band ist jedoch die Gitarrenfraktion, die das fachkundige Publikum ein ums andere Mal erstaunt zurückließ, vor allem beim zehnminütigen ‚Death Of A Chiromantist‘.
Normalerweise hätte es die darauffolgende Band sehr schwer gehabt, dies noch zu toppen, doch TYLER LEADS aus Recklinghausen eilt der Ruf einer herausragenden Liveband voraus, dem die Jungs auch diesmal gerecht wurden. Mit dem fetzigen Opener ‚Call Of The Wild‘ riss man das mittlerweile auf Betriebstemperatur befindliche Auditorium gleich zu Beginn mit und ließ es bis zum Schluss auch nicht mehr los. Vor allem die Zwillingsbrüder an Mikro und Gitarre gaben mal wieder alles und verließen am Schluss völlig verschwitzt, aber mit einem glücklichen Lächeln, die Bühne.
Da die ursprünglich gebuchten US-Bands Jag Panzer und Night Demon Corona-bedingt absagen mussten, folgte mit STORMZONE aus Belfast die erste und einzige ausländische Band des Festivals. Die Nordiren um die beiden Sweet Savage-Urgesteine David Bates (Schlagzeug) und Harv Harbinson (Gesang) hatten immerhin sieben Studioalben im Gepäck und mussten sich in den zur Verfügung stehenden 50 Minuten auf ihre absoluten Highlights beschränken. Aber so ist das nun mal beim Ironhammer, da haben bis auf Headliner und Co-Headliner alle die gleiche Spielzeit und das ist auch gut so. Eine besondere Anerkennung in den Reihen der Nordiren galt Basser Graham McNulty, der den gesamten Auftritt mit einem gebrochenen Fuß absolvierte und sich rein gar nichts anmerken ließ.
Pünktlich zum Co-Headliner PYRACANDA ging die Sonne unter, so dass die Lichtshow erstmals richtig zur Geltung kam. Die Koblenzer Thrash-Legende hatte bereits im Februar ihre Reunion im JUZ gefeiert und präsentierte sich dementsprechend top aufeinander eingespielt. Aktivposten waren wie gewohnt Bassist Dieter und Frontmann Hansi, die ständig in Bewegung waren und die Menge ordentlich antrieben. Ein Übriges dazu taten Gassenhauer wie ‚Two Sides Of A Coin‘, der Mottosong des Tages ‚Don`t Get Infected‘ und das abschließende ‚Top Gun‘. Kein Wunder also, dass es einige Headbanger nicht mehr auf den Sitzen hielt.
Bei TANKARD sollte sich der Bewegungsdrang des Publikums noch erhöhen. Dem trat Organisator Jan Müller durch eine nachdrückliche Ansage im ersten Teil der Show souverän entgegen. Außerdem sorgten die engagierten Ordner permanent für die Einhaltung der Hygieneregeln. Die Frankfurter ‚Bier-Metaller‘, allen voran Sänger Gerre, ließen sich die gute Laune nicht verderben und thrashten sich agil wie eh und je durch ihr anderthalbstündiges Headlinerset, dessen Höhepunkte man sich mit ‚Zombie Attack‘ und ‚Empty Tankard‘ vom Debütalbum für den Schluss aufsparte.
Als Fazit lässt sich festhalten, dass Liveveranstaltungen wie diese auch in Zeiten von Corona stattfinden können, wenn sie straff organisiert sind und die Hygieneregeln von den Besuchern eingehalten werden. Das haben das Team vom JUZ Live Club und das disziplinierte Andernacher Publikum beim IRONHAMMER-Festival 2020 eindrucksvoll demonstriert. Und so freut man sich auf ein baldiges Wiedersehen in der „Metal Metropole Mittelrhein“.
Text: Alex Fähnrich
Fotografie: Jörg Schnebele
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