GREYDON FIELDS, SCRAPER, MAVORT
Eine Stippvisite dort, wo sich Hase und Igel gute Nacht sagen.
Den ganzen Tag wollte sich das Wetter nicht so recht entscheiden, denn nach anfänglichem Regen lugte für einige Zeit die Sonne hervor, um zum späten Nachmittag hinter dunklen Wolken zu verschwinden. Die Idee, mit dem Mopped nach Osterath zu fahren, wurde rechtzeitig vor Abfahrt begraben, was sich als eine gute Entscheidung erwies. Kaum im beschaulichen Osterath und in Pauls Savanne angekommen, plästerte es derart nieder, als wolle der Himmel mit einem Schlag die monatelange Trockenheit vergessen lassen.
Pauls Savanne ist so eine Art uriger Schuppen mit Bar, ein paar Tische und der Möglichkeit, Dart-Pfeile auf eine Scheibe zu werfen. Im hinteren Teil liegt ein kleiner Veranstaltungssaal, der eine überschaubare Anzahl Zuschauer fasst und mit einer Bühne aufwartet. Ich bin rechtzeitig vor der Zeit anwesend, so dass ich die leicht gedrungene Live-Location auf mich wirken lassen kann. Rechts ein reservierter Tisch vor der Bühne, links der Merch-Stand und hinten vis-a-vis zur Bühne natürlich das Mischpult, dazu noch die Basisbeleuchtung und dem Konzert-Event steht nichts mehr im Weg.
Die Bühne ist bereits für MAVORT „gedeckt“ und auch der Soundcheck ist bereits „im Kasten“, wie mir Peter noch verrät, kurz bevor es auf die Bühne geht. Insgesamt entsteht ein leicht hektisches Treiben, denn Musikern wie Zuschauern ist klar, dass es gleich losgehen wird. Auf der Bühne formieren sich die fünf Musiker zu einem Kreis und schwören sich noch einmal auf den Auftritt ein, bevor das ‚Intro‘ startet, man sich mit den Instrumenten bewaffnet und das Licht gedimmt wird.
Nach dem Intro steigt man gleich mit dem hypnotisch fesselnden ‚Blue Sky‘ ein, eine groovige Walze von der 2014er EP „Sick Thoughts“. Mittlerweile wurde der Song neu eingespielt, wobei beide Versionen stark sind, die aktuelle Fassung bei der Live-Darbietung logischerweise aber den größeren Wiedererkennungswert hat. Mit diesem Einstieg hat man das Publikum auch sofort gepackt und feuert mit ‚Coward‘ gleich den nächsten Pfeil ab und schlägt den Bogen zur letzten EP ‚Lost In Me‘. Leichte Probleme beim Sound werden in der Folge ausgemerzt, während die fünf Jungs in guter Mischung ihr vollständiges Repertoire darbieten. Ihr vollständiges Repertoire? Mitnichten, denn der Gig hat natürlich ein paar Überraschungen parat. Die erste ist der neue Song ‚Enemy In You‘, der quasi weltweite Premiere feiert und für ergreifende Augenblicke im Publikum sorgt, die sich dieses Momentums bewusst werden. Bei ‚Lost In Me‘ tritt Stefan einen Schritt zur Seite und macht gerne Platz für einen Gastmusiker, der ihn mit vollem Stolz erfüllt. Mit seiner Gitarre bewaffnet entert muskelgestählt Marc Vortmann die Bühne und übernimmt den Part seines Dads. Auch dieser ergreifende Moment erntet großen Applaus, der die Mannen auf der Bühnen weiter beflügelt. In Ermangelung des gewünschten Platzes auf der Bühne muss das Stage Acting stationär angelegten Bewegungsabläufen weichen, so dass der Sänger nahezu der einzige Aktivposten ist. Peter agiert hinter seiner Schießbude routiniert und anscheinend völlig unaufgeregt, wobei eine gewisse Aufregung schon zu merken ist. Zwar läuft nicht alles fehlerfrei und nach Gusto der Band, doch mit dem Schlusskracher ‚I’ll Go My Way‘ verabschiedet man sich mit einem Ausrufezeichen und darf mit diesem Auftritt auf jeden Fall zufrieden sein, denn der Schlussapplaus des Publikums ist ein deutlicher Gratmesser. Chapeau, Jungs!
Tracklist:
- Intro
- Blue Sky
- Coward
- Enemy In You
- Sick Thoughts
- Lost In Me
- Agora
- Setted Aim
- Game
- These Dayz
- I’ll Go My May
Musikalisch ein ganz anderes Kaliber sind dagegen die nächste Band, die wir erwarten dürfen. SCRAPER kommen aus Marl und sind im Thrash Metal Zuhause. Bevor es aber etwas derber zur Sache geht, muss erst einmal umgebaut werden. Wie bei Underground-Veranstaltungen üblich wuseln die Mitglieder von MAVORT und SCRAPER auf der Bühne, um ihr Equipment weg- bzw. hinzuräumen. Nach einer guten halben Stunde ist dieser Akt endlich geschafft, jedoch muss man noch den Soundcheck absolvieren. Dummerweise will sich auch der Bandbanner nicht so richtig gerade aufhängen lassen und auch der Soundcheck zieht sich gefühlt wie Kaugummi.
Schlussendlich legt man dann aber einfach los und, oh Wunder, der Sound ist echt gut gelungen und nach meinem Höreindruck auch in Sachen Lautstärke perfekt abgestimmt. Die Songs stammen zum Teil vom 2020er Album „Hunger Within“, aber auch neues und bereits live erprobtes Material ist dabei, so dass den Zuschauern ein interessanter Mix geboten wird. Die Jungs sind professionell und engagiert unterwegs, wie allein schon das einheitliche Bühnenoutfit zum Ausdruck bringt. Dies ist sicherlich auch dem Bandnamen geschuldet, denn ein Kohleschürfzug hat in der rauhen Arbeitswelt unter Tage keinen Platz für bunte Vielfalt. Viel Platz hat man für kraftvoll in den Arsch tretenden Thrash, der auf seine unwiderstehliche Art Wirkung entfaltet. Trotz der Härte und gewisse Brachialität findet man sich immer eingängig wippend mitgenommen und kann es locker wegstecken, dass bereits der Opener ‚Incarcerate‘ ein ordentliches Brett auf die Zwölf ist. Vergessen ist die zähe Umbaupause, denn die intelligent aufgebauten Songs verfehlen ihre Wirkung nicht. So ein Stück wie ‚King Of Nightmares‘ zeigt, dass die Marler schon ordentlich was drauf haben und zu begeistern wissen. Der Spielwitz der Jungs ist in der Musikwelt auch nicht spurlos vorbeigezogen, denn sie haben schon einige Aufmerksamkeit auf sich ziehen und namhafte Gigs absolvieren können. Auch diesen Abend können die Jungs mit dem Prädikat „well done“ verbuchen.
Tracklist:
- Incarcerate
- Infinite Jouney
- Hunger Within
- Progenis Of The Void
- Deus Ex Machinegun
- King Of Nightmares
- Cold Resistance
- Epitome Of Devastation
Schlussendlich fehlt nach einem weiteren Umbau noch die Band, die das „Osterath Metal Meeting“ organisiert hat: GREYDON FIELDS. Auch hier zieht sich der Umbau zwangsläufig, führt aber bei allen Beteiligten nicht zum Abbruch der guten Laune. Rein vom Backkatalog her können die Essener mit dem größten Songmaterial aufwarten. Von der Gewichtung her liegt der Schwerpunkt der Setlist auf dem letzten Album „Warbird“, jedoch auch die beiden Alben davor werden entsprechend gewürdigt.
Mit ‚Golem‘ hat man einen Song vom Album „Tunguska“ als Opener gewählt, bei dem die Band direkt auf den Punkt da sein muss. Mit den ersten drei Songs brennt man gleich zu Beginn des Auftritts ein Feuerwerk ab, um die Zuschauer mitzureißen. Nicht verwunderlich, dass im Publikum auch gleich die Fäuste in die Höhe gereckt werden und der Funke umgehend überspringt. Die Midtempo-Nummer ‚Empire Of The Fools‘ lässt Band und Zuschauer etwas durchschnaufen, ehe mit ‚Keyboard Warrior‘ die Zügel wieder etwas angezogen werden und dem Zuschauer die Möglichkeit offeriert wird, in den Refrain lautstark einzustimmen. Das Publikum genießt auch den letzten Bandauftritt an diesem Abend, doch auch die schönsten Momente gehen einmal vorbei und so schließt ‚Some Things I See‘ einen rundum gelungenen Auftritt von GREYDON FIELDS und einen ebenfalls fantastischen Abend mit spielfreudig aufgelegten Bands ab.
Tracklist:
- Golem
- Rise Of The Underground
- Death From Within
- Empire Of The Fools
- Keyboard Warrior
- The Key
- Autophobia
- Warbird
- The Walking Dead
- End Of Eternity
- Inner Fire
- Some Things I See
Fazit: Kein Konzert ohne Fazit, was diesmal ein lachendes und ein weinendes Auge beinhaltet. Das lachende Auge freut sich über drei tolle Bands, die mit viel Herzblut dem Publikum ordentlich eingeheizt und alles gegeben haben. Das weinende Auge muss leider zur Kenntnis nehmen, dass der Underground doch wenig Aufmerksamkeit erfährt, denn die rund 50 Zuschauer an einem solchen Abend sind natürlich zu wenig, insbesondere wenn man bedenkt, dass der Großteil aus der unmittelbaren Fanschaft der Bands selber stammt. Ich kann also nur daran appellieren, den üblichen Satz „Support the Underground“ nicht nur daher zusagen, sondern auch mit Leben und Taten zu füllen. Denn wie heißt es so schön: „Wenn der letzte Club in eurer Stadt geschlossen hat, der letzte unbekannte Künstler von der Bühne getreten ist und niemand mehr Lust hat, Events für euch zu organisieren, werdet ihr merken, dass man geile Atmosphäre nicht runterladen kann. – Support your local heroes, geht zu den kleinen Konzerten und Partys eurer Stadt!“
RB
Fotografie: Robert Buder