COBRA SPELL, THE DIRTY DENIMS, WHY AMNESIA, GRACEFIRE – Resonanzwerk

COBRA SPELL – THE DIRTY DENIMS – WHY AMNESIA –  GRACEFIRE – Resonanzwerk

31. März 2023

Oberhausen, Resonanzwerk

Leute, wir müssen wirklich reden! Um die 100 Leute in einer schicken, angenehmen Location mitten im Herzen des Ruhrpotts und an einem Freitagabend bei einem jungen, wilden, angesagten 80’s Glam/Sleaze Metal Quintett? Definitiv schwierige und harte Zeiten für Venues, Bands und Veranstalter. Wir sagen jedenfalls Danke für einen schönen Konzertabend mit jeder Menge Frauenpower, vor allem an das Personal von Bar, Technik und Bühne, die für einen (fast) reibungslosen Ablauf und die problemlose Einhaltung des straffen Zeitplans sorgten.

GRACEFIRE:

Wie bereits auf dem im Internet veröffentlichten Zeitplan „angedroht“, betreten GRACEFIRE aus dem Raum Stuttgart eine Viertelstunde vor der Zeit die Bühne nahe des Centro. Das wilde „drei-damige“ Quartett, in dem Basser Simon Jokschas als einziger Vertreter des vermeintlich starken Geschlechts die Stellung hält, eröffnet mit seinem ehrlichen Rock und Stücken wie `Dangerzone´ und `Am I Dreaming´ den Abend. Die Schwaben legen eine Menge Spielfreude an den Tag und sind ganz offensichtlich und nach eigenem Bekunden, sehr froh, hier und heute dabei sein zu können. Sogar die Grace-Fire Anfeuerungsrufe klappen nach ein wenig gemeinsamer Übung bestens. Schließlich gibt es noch den brandneuen, packenden Song `Postcard from Berlin´, da kann kam auch mal über den ein oder anderen nicht ganz geraden Ton hinwegsehen.

WHY AMNESIA:

Dann stürmen zu den Klängen ihres Intros WHY AMNESIA aus Recklinghausen auf die Bühne und rocken mit Songs wie `(The)Promise´ und `Rollercoaster´ los. Dabei posen die beiden Gitarristen um die Wette, aber vor allem glänzt Frontröhre Shirley Golightly mit ihren sympathischen Ansagen und ihrer kraftvollen Stimme. Der Alternative Rock mit Anleihen aus Hard Rock, Grunge und Funk mit Songs zwischen poppig, eingängig sowie räudig und ein wenig dreckig kommt bei den Anwesenden gut an und die Menge nach und nach erstmals in Wallung. Der erste Livegig der Band in 2023 setzt sich mit weiteren energiegeladenen Nummern ihres „Female Fronted Jack Rock aus dem Pott“ wie `First time´ und `Jack it off´ furios und mitreißend fort. Es folgen unter anderen die Weltpremiere des neuen Tracks `Because She goes Jack´, die Ballade `Pour Me A Whiskey´ und die letzte Single `Angels’ Share´. Das hat schon mal richtig Spaß gemacht!

 

THE DIRTY DENIMS:

Nach kurzer Umbaupause entern die Niederländer THE DIRTY DENIMS das Podium in Resonanzwerk und legen mit `Ready Steady Go´ passend und energiegeladen los. Das Quartett aus Eindhoven spielt Happy Hardrock mit Gute-Laune-Garantie und kombiniert fröhlichen Rock ‘n Roll und Powerpop mit einer Prise Punkrock. So klingen Songs wie `Last Call For Alcohol´, `Thunder From Down Under´ und das grandiose `Creatures Of The Night´ dann auch nach AC/DC, Joan Jett, Ramones, Rose Tattoo und The Donnas und machen eine Menge Spaß. Sängerin/Gitarristin Mirjam Sieben und ihre Mitstreiter fühlen sich auf der Bühne pudelwohl und in ihrem Element, was äußerst ansteckend ist und sich auf die Anwesenden überträgt.

Die Frontfrau hinter dem Mikro glänzt außerdem mit ihren mit sanftem, niederländischen Akzent versehenen Ansagen und ihrer Powerstimme. Apropos Mikro: sie lässt sich auch nach wiederholten Problemen mit selbigem nicht aus der Ruhe bringen, welche dann nach mehrfachem, schnellem Tausch des Equipments auch prompt erledigt sind. Dem hohen Unterhaltungs-, Ohrwurm- und Mitsingfaktor von Songs wie `Can´t Get Enough Of Rock ´n´ Roll´, `Make Us Look Good´ und `Hit Me With Your Best Shot´ tut dies ohnehin überhaupt keinen Abbruch. Das ist alles nicht besonders originell oder innovativ, aber unfassbar mitreißend und macht mordsmäßig Laune. Dies kann man mittlerweile auch an der deutlich mehr mitgehenden und Reaktionen zeigenden Menge feststellen. Schließlich kommt ein mitreißender Gig mit dem AC/DC Cover `Highway to Hell´ zum viel umjubelten Abschluss.

COBRA SPELL:

Grundsätzlich ist klar, für wen ein Großteil des Publikums heute Abend erschienen ist, nämlich um die von Gitarrenphänomen Sonia Anubis (Ex-CRYPTA, Ex-BURNING WITCHES) gegründeten und angeführten COBRA SPELL zu sehen. Und doch hat man das Gefühl, dass sich vor dem Headliner die Halle noch ein wenig mehr geleert bzw. nach der kurzen Umbaupause nicht wieder komplett gefüllt hat. Davon lassen sich die fünf Mädels allerdings nicht beirren und geben wirklich alles und von Anfang an Vollgas. Da wird in Zweier- und Dreier-Formationen unter Beteiligung von Bassistin Jara Solis, die als Ersatz für die kürzlich ausgestiegene Angelina Vehera einsprang,sowie Noelle dos Anjos an der Rhythmusgitarre gepost, gebangt und die Axt geschwungen, was das Zeug hält.

Neben Mastermind, Enfant Terrible und Aktivposten Sonja Anubis tut sich dabei naturgemäß vor allem Frontfrau Kristina Vega hervor, die mit ihren Ansagen durchs Set führt, sich nach Leibeskräften bemüht, das Publikum zu animieren und mit ihren hohen Schreien vermutlich auch Tote aufwecken könnte. COBRA SPELL enttäuschen wahrlich nicht und doch will der Funke bei Tracks wie `The Midnight Hour´, `Shake Me´ und der aktuellen Single `Flaming Heart´ nicht so recht und komplett überspringen. Die Truppe drückt wirklich auf die Tube, wirkt dabei aber auch irgendwie routiniert und zieht Programm und Show professionell durch. Erst beim bewährten W.A.S.P.-Cover `Animal (Fuck Like A Beast)´ und dem folgenden, pfeilschnellen `Accelerate´, bei dem ein sehr enthusiastischer Fan die ein oder andere Textzeile ins Mikro schmettern darf, wird nochmal eine Schippe drauf gelegt und die Handbremse komplett gelöst.

Die beiden Zugaben, bestehend aus dem bereits gespielten Anfangsdoppel aus `Poisonbite´ und `Addicted to the Night´, kommen danach ebenfalls nochmal besser rüber und beim Publikum an und sorgen für langanhaltenden Applaus und einen „versöhnlichen“ Abschluss. Und so endet ein unter dem Strich gelungener Abend, der mehr Gäste verdient gehabt hätte und an dem THE DIRTY DENIMS in Sachen Hitdichte und Authentizität die Nase vorne hatten.

Text: Michael Gaspar

Fotografie: Sven Bernhardt