
CASTLE ROCK 2025
DAWN OF DESTINY – VANAHEIM – SOULBOUND – OST+FRONT – WARKINGS – CIRCUS BIZARRE – MASCHINIST – MOTEL TRANSYLVANIA – MISSION IN BLACK – AESTHETIC PERFECTION – LACRIMAS PROFUNDERE – LEAVES´ EYES – KATATONIA
04. Juli – 05. Juli 2024
Mülheim a.d. Ruhr, Schloss Broich
Tag 1: Freitag, 04. Juli 2025
Der jährliche Trip nach Mülheim zum Castle Rock Festival, im schönen Ambiente des überschaubaren Schluss Broich, ist echte Tradtion für das obliveon und so machten wir uns auch in diesem Jahr wieder auf den Weg durch rappelvolle Strassen, um das Metal and Goth Festival bei seiner 25. Jubiläumsausgabe zu besuchen. Ausnahmsweise hätten sogar noch ein paar Menschen auf das Gelände gepast aber auch mit etwas mehr Platz war mehr als genug Stimmung und gute Laune deutlich sichbar.
DAWN OF DESTINY
Der Auftakt bei der diesjährigen Ausgabe ist den Bochumer Power/Symphonic Metallern DAWN OF DESTINY vorbehalten. Die Truppe um Mastermind und Bassist Jens Faber und Sängerin Jeanette Scherff kommt mit der großartigen brandneuen Scheibe „IX“ im Gepäck nach Mülheim. Vielleicht ist das ein Grund, dass das Ganze live noch nicht immer ganz sattelfest klingt. Mit ihrem sympathischen Auftritt und starken Songs wie ‚A Child‘s Hand‘ und der Single ‚Alive‘ dennoch ein solider Auftakt.
VANAHEIM
Die niederländischen Pagan/Folk Metaller VANAHEIM Legen da direkt ein ganz anderes Tempo vor und stimmungstechnisch eine ganze Schüppe drauf. Mit ihrer Kriegsbemalung und ihrem mitreißenden Mix aus folkigen tanzbaren Melodien sowie Melo Death Riffs und aggressiven Vocals, aber auch epischen Sounds und Chören sorgt die engagierte Truppe erstmals für so richtig Alarm in der pittoresken Bude. Die energetische Bühnenshow mit der Violine von Rikke Linssen und ansteckenden Songs wie ‚Reuzenspraak‘ und ‚The Dwarven Chant’, die zum Mitsingen und -tanzen einladen sowie für den ersten Circle Pit des Festivals sorgen. Und beim episch-hymnischen ‚Gevallen in de Nacht‘ nimmt Gitarrist Michael van Eck sogar ein Bad in der Menge. Das hat schon mal Spaß gemacht!
SOULBOUND
Obwohl die Melodic Industrial Rocker SOULBOUND aus Bielefeld kommen haben sie sich in den letzten Jahren so ein wenig zu Lokalmatadoren des Mülheimer Festivals entwickelt und wurden vom empathischen Pott-Publikum adoptiert. Vor zwei Jahren noch als Opener der Sause im Schloss durften sie dieses Mal deutlich später mit ihren treibenden Beats, harten Riffs und eingängigen Refrains und packenden Songs wie `Addicted To Hell´ und `Forever in the Dark´ glänzen. Wie schon 2023 unterhält Sänger Johnny Stecker mit einem „That‘s What She Said“ Filmzitat (Wayne´s World?!) die kichernde vermutlich überwiegend weiblich besetzte erste Reihe. Mit ihren Songs, vor allem aber ihrer enormen Spielfreude und der Begeisterung über den warmen Empfang fängt die Band die Anwesenden ein. Aber auch für die leisen, ernsten Themen in Form einiger offener Worte zum Thema Depression, welche den Track `Undone´ einleiten, findet sich ein Platz und die entsprechende aufmunternde Publikumsreaktion.
OST+FRONT
Die Berliner Metzger-Metaller OST+FRONT sind bekanntermaßen Freunde der Provokation und des tiefschwarzen bzw. blutroten Humors. Und das beweisen sie auch prompt nach Ende des `Heavy Metal` Intros mit ihrer bekannten Schlachter-Optik und jeder Menge Gimmicks, die über das Set verteilt eingestreut werden. Angeführt von Patrick Lange, besser bekannt als Herrmann Ostfront, knallt die Truppe ihre zumindest textlich bösartigen NDH Tracks wie `Denkelied ` oder `Fleisch` trocken ins Publikum, das sozusagen auf den Geschmack kommt und die Show genießt. Dazu werfen OST+FRONT mit ihrer eigenen Währung um sich und besingen mal den `Gangbang` mal die `Freundschaft`. Musikalisch bewegt sich das Ganze im bekannten Neue Deutsche Härte Bereich, wobei dem etwas kritischen Zuhörer vielleicht auch Parallelen zu den großen Vorbildern mit dem R auffallen. Egal, dem Publikum gefällt es. Zum Ende kommt noch einmal `Heavy Metal` ausgiebig zum Einsatz. Dass der Song nicht wirklich nach Heavy Metal klingt (sondern halt nach NDH meets irgendwas), stört keinen, auch nicht, dass der Track inklusive Outro auf über zehn Minuten gedehnt wird. Im Gegenteil, das Schloss fordert lauthals “Zugabe“ und wird erhört. Natürlich mit `Bitte Schlag Mich` bevor dann die karnvelsartige Marschmusik den Auftritt beendet.
WARKINGS
Ihrer gestiegenen Popularität angemessen standen die multinationalen Power Metaller WARKINGS dieses Mal als Freitags-Headliner auf der Mülheimer Bühne. Am Veröffentlichungstag ihrer neuen „Armageddon“ Scheibe bliesen sie dann inklusive des Titelsongs sowie den beiden Singles `Genghis Khan´ und `Kings of Ragnarök´ drei Tracks des neuen Longplayers in die hunrige Meute, wenngleich die älteren Songs wie `Hephaistos´ oder `Warriors´ gefühlt auf mehr Gegenliebe stoßen.
Die Band zieht ihr Image, ihre Verkleidungen und Themen konsequent durch, auch wenn das `Castlus Rockus Mülheimus´ Gerede von Sänger G. Neuhauser auf die Dauer etwas ermüdend war und sich mir nie erschließen wird, warum ein österreichischer Sänger auf englisch mit einer deutschen Crowd kommuniziert. Deutsch redet dieser eigentlich nur mit dem kleinen Max, der zur Zukunft des Heavy Metal stilisiert wird und somit für den Untergang des M. Wendler sorgen wird und mit diesem kurzen Auftritt den mitreißenden und vielumjubelten Schlussteil mit den Bandklassikern `Fight´, `We Are The Fire´, `Sparta´ und `Gladiator´ einleitet.
Tag 2: Samstag, 05. Juli 2025
CIRCUS BIZARRE
Frühstücks- und verkehrsbedingt ein wenig verspätet, gelingt es dann doch noch einen stabilen Eindruck von den deutschen Dark Rockern CIRCUS BIZARRE zu erhaschen, in deren Mittelpunkt Fronterin Jasmin Elisabeth Wanner mit ihrem theatralischen Habitus, ihren schrägen Ansagen und ihren grellen Vocals steht. So wirklich bizarr sind weder Zirkusoptik noch Musik, bei der zudem Songs wie `Real Boy´ und `The Promised End´ mit ihrem kaum einzuordnenden Stilmix verwirren. Da weiß der abschließende deutschsprachige Song `Puppenspieler´ mit Abstand am besten zu gefallen.
MASCHINIST
Von der Nürnberger NDH Truppe MASCHINIST hatte ich eigentlich nicht viel erwartet, denn elektronische Sounds und das NDH übliche Brachialriffing,sind eigentlich nichts Besonderes und doch überzeugten MASCHINIST nicht nur mich, sondern auch einen Großteil des Publikums mit ihrem Auftritt. Denn das, was Fronter Stephan Rußler und seine Crew auf der Bühne treiben, ist schlicht und einfach nicht peinlich oder albern, (wie bei manchen anderen Genregenossen), sondern kraftvoll und eben keine Rammsteinkopie.
Klar hört man manchmal etwas OOMPH!, Die Krupps oder auch Eisbrecher heraus aber die Grenzen des Genres sind nun mal eng gesteckt und werden vom Trio (plus ihrem mannshohen Roboter am Schlagzeug) in alle Richtungen ausgelotet. So wird der Überblich über ihr Songwriting , also die Setliste auch nicht langweilig, sondern zeigt sich abwechslungsreich. ´Die Maschine Lebt`, `Willkommen` und der `Genderwahn` eröffnen das Konzert und geben den (Maschinen-)Takt vor. Bei `Die Erde Brennt` gibt es die ersten Flammen, sowie im späteren Verlauf noch ein paar dezentere optische Gimmicks. Mal hat Sänger Stephan ein nettes Schild um den Hals (“Während des Auftritts bitte nicht am Sänger lutschen“), mal schwingt er den Schraubenschlüssel oder auch ein Kreuz. Bei ` Küss Mich Puppe` fliegen die Gummipuppen durchs Publikum, während er selbst eine solche in den Armen wiegt. Das hymnische `Mein Leid` beendet dann den gelungen Gig. Kurzum, es hat Spaß gemacht!
MOTEL TRANSYLVANIA
Die italienischen Industrial/Gothic/Horrorpunker haben das Castle Rock scheinbar zum bunten Familientreffen ausgerufen, begrüßt der Fronter, der Frontschnuckel Julian Larre (Lacrimas Profundere) zumindest im Ansatz ein wenig Konkurrenz macht, doch einige bekannte Gesichter in den ersten Reihen. Und auch der eingängige, elektronische Sound der Band mit Songs wie `To Hell´, `Taste of you´, `Behind the Storm´ und dem nagelneuen `Obscene´ kommen sehr gut bei den zum Feiern aufgelegten Fans im mittlerweile wieder sonnendurchfluteten Schlosshof an. MOTEL TRANSYLVANIA erweisen sich als perfekt-düstere Festivalband und eine der Entdeckungen der beiden Tage im Pott, die auf viel Gegenliebe stößt, wozu sicherlich auch das Mono Inc. Cover `Children of the Dark´ beiträgt.
MISSION IN BLACK
Weiter geht es mit der 2010 gegründeten süddeutschen Band um die aus The Voice 2019 bekannte Fronterin Steffi Stuber. Diese schwäbelt fröhlich und sympathisch durch ihre Ansagen, während der melodische Death/Thrash Metal Sound des Fünfers auf die Dauer doch ein wenig eindimensional daherkommt und Tracks wie `What does it take to be alive´, `Kill your Idols´ und `First Comes The Blood´ vielleicht auch nicht ganz der „cup of tea“ der meisten Anwesenden sind. Mit `Dreamcatcher´ und `The Darkness Within´ bläst die wohl härteste Band des Festivals weitere Songs routiniert in die Menge und dürfte damit zumindest den ein oder anderen Genrefan durchaus überzeugt haben.
AESTHETIC PERFECTION
AESTHETIC PERFECTION, die US Truppe um Mastermind Daniel Graves zeigte sich deutlich kraftvoller als von vielen unbedarften Besuchern erwartet. Anstatt einer „Laptop an und gut“ Nummer, trumpfte das Trio mit Gitarristin Lore Jarocinski und echtem Schlagzeug auf unter sorgte für genug Vortrieb für den nimmermüden Daniel. Dabei kann er sich zusätzlich auch auf Genre-Hits wie ` The Dark Half`oder `Rhythm + Control` verlassen.
An diesem Abend steigt AESTHETIC PERFECTION mit `Gods & Gold` in die Show ein um gleich mal wieder Opfer technischer Probleme zu werden. Denn, `Bad Vibes`kommt ohne hörbaren Gesang aus den Boxen. Zwar gibt sich der Fronter alle Mühe, bleibt aber für das Publikum schlicht unhörbar. Das legt sich dann auch erst nach Ende des Songs. Was soll’s, “That’s Rock`n`Roll“ wie Sänger Daniel feststellt. `SEX` stellt die Stimmung aber sofort wieder her und die Party geht weiter. Mit `Spit It Out` nähert sich die Show dem Höhepunkt und das obligatorische ` Love Like Lies`mobilisiert noch einmal alle Kräfte des Publikums und beendet eine echt gelungenen und großflächig gefeierten Gig.
LACRIMAS PROFUNDERE
Die alteingesessenen Goth-Rock Metaller LACRIMAS PROFUNDERE, die sich in den letzten Jahren deutlich weiterentwickelt haben, waren auch wieder zu Gast und für viele (weibliche) Fans sicher ein Grund hier zu sein, denn was da aus den ersten Reihen an, nennen wir es mal vorsichtig „weibliche Entzückungslaute“, hallte war schon erstaunlich. Und Sänger und Blickfang Julian Larre, enttäuschte nicht in seiner Rolle als absolute Rampensau und Zentrum der Band, um Bandkopf Oliver Nikolas. Von den ersten Tönen der geilen `Obscurity Single` bis zum finalen Track ` Father of Fate` spielte er mit dem Publikum, das ihm auch prompt aus der Hand fraß. Mal kletterte er auf den Boxenturm, dann singt er einen kompletten Song im Publikum oder er nimmt eine Zuschauerin mit auf die Bühne um dort mit ihr zu tanzen. Aber auch die männlichen Wesen können der Show und vor allem der Musik etwas abgewinnen, die einen Spagat zischen klassischen, teilweise catchy Gothic Rock und Metal, inklusive evil Screams und echter Härte, problemlos meistert. Sprich, Songs wie `A Cloak Woven of Stars` oder `Unseen` knallen einfach. Dazu kamen aber auch ältere Tracks wie `Ave End` oder `The Letter`. Und auch die sind wahrlich keine schlechten Kaliber, sondern kamen mit ordentlich Dampf und in tadelloser Form gezockt, von der Bühne. Das Fazit lautet ganz einfach nur: Kommt jederzeit gerne wieder! Nicht nur die Mädels werden sich freuen.
LEAVES´ EYES
Drummer Nils Kreul kommt aus dem Pott, die finnische Sängerin Elena Siirala wohnt in Bayern und Basser Dominik Prykiel stammt aus Polen, so gut wie
ein Heimspiel also für die Symphonic Folk Metaller, zumindest stellt es Mastermind und Bandchef Alex Krull (Atrocity) gut gelaunt in seinen Ansagen so dar. Ansonsten nützen Leaves´ Eyes außer Backdrop und ein wenig Feuer erfreulich wenig Brimborium, sondern lassen lieber die starken Songs ihrer mittlerweile über zwanzigjährigen Bandgeschichte und die beeindruckenden Vocals ihrer Frontfrau für sich sprechen.
Dabei wechselt sich diese wie gewohnt mit den Growls des Bandgründers ab, während die Stücke zwischen LEAVES´ EYES Viking Metal Party (´Edge Of Steel´, `Swords In Rock´, `Hell To The Heavens´) und symphonisch-hymnischem Stoff wie `Serpents And Dragons´ hin und her springen. Natürlich findet dabei auch und vor allem die aktuellen „Myths Of Fate“ Scheibe mit den vier mitreißenden und gut in der Setliste verteilten Tracks `Hammer of the Gods´, `Realm of Dark Waves´, `Who Wants to Live Forever´ sowie dem viel umjubelten Abschluss `Forged By Fire´. Apropos Abschluss: vielleicht war der einzige kleine Wermutstropfen das aprupte Ende des Auftritts ohne eine richtige Abrundung oder eine Zugabe, was möglicherweise dem etwas in Verzug geratenen Zeitplans des Samstags geschuldet gewesen sein mag.
KATATONIA
KATATONIA sind hierzulande ja nicht allzu häufig unterwegs uns so warten viele gespannt auf den dunklen metallischen aber auch komplexen und emotionalen Act. Dabei sind KATATONIA vielleicht eine schwierige Wahl für einen Headliner, denn zum einen sind sie nicht gerade als Livevirtuosen bekannt zum anderen ist das nicht gerade partytaugliche Material vielleicht doch zu unzugänglich. Eins vorweg, die Schweden zeigen sich an diesem Abend spielerisch und auch Jonas Renkse ist zwar hinter seinem Haarvorhang versteckt, aber vokaltechnisch auf der Höhe.
Dass sich KATATONIA dabei längst vom Death Metal der frühen Tage verabschiedet haben, ist keine Überraschung uns so ist der Gig in Konsequenz eher hypnotisch oder wenigstens stimmungsvoll als aggressiv. Allenfalls Sebastian Svallands stets grimmige Miene erinnert noch an alte Tage.Dennoch animieren Songs wie `Behind The Blood`, ´Old Heart Falls`, `Soil`s Song` oder `Opaline` (ohne Gewähr) viele Fans zum bangen, darunter auch einige Musikerkollegen, die sichtlich begeistert sind. So geht es vielen auf dem Schlosshof, der sich aber schon merklich lehrte. Wie gesagt, selbst Fans der Band erkennen nicht jedes der progressiven Lieder, mangels Refrain kein Wunder, aber Spaß hatte die verbliebene Meute mehr als genug an dem finalen Auftritts des Festivals.
Dank Castle Rock, auf die nächsten 25 Jahre. Wir sind gerne dabei!
Text: Michael Gaspar, Sven Bernhardt
Photo Credits: Sven Bernhardt