ARCH ENEMY, BEHEMOTH, CARCASS, UNTO OTHERS

ARCH ENEMY, BEHEMOTH, CARCASS, UNTO OTHERS

29. Oktober 2022

Mitsubishi Electric Halle, Düsseldorf

Ein starkes Package aus vier namhaften Bands verschiedener Couleur wurde den Metalfans an einem lauen Herbstabend in Düsseldorf präsentiert. Die „The European Siege 2022“ Tour hat einen hochwertigen, spannenden, und stilistisch vielseitigen Mix aus den schwedischen Melo Deathern und Chartstürmern ARCH ENEMY, den polnischen Black Metal Göttern BEHEMOTH, den UK Death Metal Urgesteinen CARCASS und den US Gothic Rockern UNTO OTHERS zusammengeführt.

Die Auswahl der Veranstalter, insbesondere der beiden Headliner, wurde durch die sehr gut gefüllte Mitsubishi Electric Halle belohnt und in ihrer Richtigkeit bestätigt. In der Menge dominierten neben den naturgemäß in der Überzahl befindlichen Fans der Schweden, vor allem und in überraschender Vielzahl Shirts der schwarzmetallischen Osteuropäer.

Den Anfang machen jedoch die US-amerikanischen Heavy Metaller/Gothic Rocker und Idle Hands Nachfolger UNTO OTHERS. Fünf Minuten vor der angekündigten Anfangszeit beginnt das lange Intro, so dass pünktlich die ersten Töne des harten Openers `Heroin´ erklingen. Dieser stammt wie drei weitere der sieben Songs kurzen Setliste vom starken, aktuellen Output „Strength“. Diese werden allesamt gekonnt, packend und bei gutem Sound gezockt und vom bereits reichlich anwesend Publikum mehr als wohlwollend aufgenommen.

Mit starken Tracks wie dem mitreißenden `No Children Laughing Now´, dem grandiosen Ohrwurm `Nightfall´ und dem abschließenden Death Rock Kracher `When Will God´s Work Be Done´ kann da auch eigentlich nicht viel schief gehen. Während der sonnenbebrillte Sänger/Gitarrist Gabriel Franco weitgehend stoisch und routiniert seinen Job erledigt und Ansagen auf Begrüßung und Songankündigungen beschränkt, entpuppt sich der zweite Gitarrist Sebastian Silva mit seinem Stageacting und einigen, gestenreichen Publikumsanimationen als Aktivposten. Gute Band mit starken Songs und düsterem Sound, von der man gerne mal einen ganzen Clubgig sehen würde.

 

CARCASS sind und waren immer eine Besonderheit im Extreme bzw. Death Metal, denn die Band um Bandkopf Jeff Walker hat nicht nur seit jeher ihren eigenen musikalischen Stil, sondern auch optisch wollen sie sich von den Genregenossen abheben. So war die Düsseldorfer Bühne auch in weiß gehalten als die erfahrene Truppe mit `Buried Dreams`, `Kelly’s Meat Emporium` und `Incarnated Solvent Abuse` ihren Auftritt begann.

Wie so häufig, schieden sich auch hier die Geister. Einerseits herrschte pure Begeisterung und sogar die ersten Moshpits des Abends tobten durch die Halle aber genauso stark vertreten das “Achselzucken“ ob der Darbietung. Legende für die einen, eher mittelprächtige Band für die anderen, so ist das halt. Dabei machten die Engländer ihre Sache gar nicht schlecht. Routiniert aber mit mehr als genug Einsatz und einigen starken Tracks im Repertoire, wie `Corporal Jigsore Quandary` oder dem wohl bekanntesten Song `Heartwork` oder dem Uralttrack `Carneous Cacoffiny`. So gesehen muss man CARCASS auch an diesem Abend eine mehr als nur anständige Leistung attestieren

Polens Nummer eins im Black Metal Sektor waren da schon eine ganz andere Hausnummer. Mit großem Intro, stimmungsvollen Schattenwürfen auf dem Vorhang und dem `Post‐God Nirvana` Intro starteten BEHEMOTH eine wirklich große Show, die mit ` Ora Pro Nobis Lucifer`  ihren theatralischen Anfang nahm. Licht,  Sound und Stimmung waren Headlinerwürdig und viele, die an diesem Abend in die Düsseldorfer Halle gekommen waren, sahen Nergal und seine Crew wohl auch als genau das: den persönlichen Headliner. Reichlich Fanshirts und vereinzelte Corpsepaints waren nicht der einzige Beleg dafür, dass sie ein echter Co-Headliner waren. Die Band ist live inzwischen einfach zu einem großen Act gewachsen, die verstanden haben, dass böse sein allein nicht ausreicht, um Hallen zu füllen. So zeigte sich Bandmittelpunkt Nergal sich an diesem Abend mit ein paar deutschen Sätzen und Ansagen regelrecht gesprächig und ließ sich und die Band feiern. Über die volle Spielzeit von 70 Minuten legten BEHEMOTH einen extrem druckvollen Auftritt, voller unheilvoller Stimmung, satanischen Elementen aber auch Feuer. „Kostümen“,   und wirklichem Stageacting hin.  Auch ohne Flammenfontänen wäre es im Publikum heiß her gegangen aber so kochte die Stimmung bei Songs wie ‘The Deathless Sun`, `Bartzabel` (mit Anti-Pabst Mütze) oder dem eingängigen Klassiker `Conquer All` wohl noch mehr.

Musikalisch hat die Band ihr Spektrum ohnehin seit langem erweitert und so trug die bandeigene Mischung aus Black, Death und Extreme Metal an diesem Abend wieder mal ihre Früchte. Das Ende des Sets läutete der “The Satanist“ Track `Blow Your Trumpets Gabriel` ein , gefolgt von `Versvs Christvs´ vom aktuellen Longplayer, bevor der finale Brecher `Chant for Eschaton 2000` eine Show beendete, die nur als Erfolg  gewertet werden kann.

Setliste BEHEMOTH:

Ora Pro Nobis Lucifer

The Deathless Sun

Ov Fire and the Void

Thy Becoming Eternal

Conquer All

Daimonos

Bartzabel

Off to War!

No Sympathy for Fools

Blow Your Trumpets Gabriel

Versvs Christvs

Chant for Eschaton 2000

 

Trotz oder gerade wegen des straffen, daher aber minutiös eingehaltenen Zeitplans erklingen pünktlich um zehn vor zehn die ersten Akkorde von Deceiver, Deceiver´, dem Quasi-Titelsong der aktuellen ARCH ENEMY Scheibe und der Headliner betritt noch versteckt hinter einem Vorhang die Bühne. Wenig später gibt dieser den Blick auf das vom Gitarrenduo Amott/Loomis und der wie so oft in schwarzes Leder gewandeten Frontfrau Alissa White-Gluz angeführte Quintett frei.

Es folgen der Kracher `War Eternal´ und nach kurzen Begrüßungs- und Ankündigungsworten der Kanadierin der Wages Of Sin“ Track `Ravenous´, der mittlerweile über zwanzig Jahre auf dem Buckel hat, was man ihm aber zu keiner Zeit anhört. Die alten Tracks fügen sich problemlos in die mit insgesamt sechs Stücken naturgemäß vom aktuellen “Deceivers“ Dreher dominierte Songauswahl ein. Wohl der Band, die mit so einem bockstarken Dreierpack in ihren Set starten kann.

Und doch bestätigt sich im Folgenden die Erwartung, dass die alten und „mittelalten“ Stücke wie beispielsweise das ultraschnelle `As The Pages Burn´ und die Hymne `The Eagle Flies Alone´ am besten ankommen und das Publikum mit den neuen Kompositionen zumindest in Teilen noch ein wenig fremdelt.

Zu Beginn des folgenden `Into The Eye Of The Storm´ legen die vier Bandmitglieder, welche nicht hinter der Schießbude sitzen, auf den vier vorhandenen Podesten stehend los und im weiteren Verlauf des Songs kommt zum ersten und einzigen Mal die schwarz-weiße Bandfahne zu ihrem geschwenkten Einsatz. Das alles wirkt und ist einstudiert und lässt keinen Platz für allzu große Interaktion mit dem Publikum oder gar Spontanität und Improvisationen.

Dennoch hat die stimmgewaltige Sängerin ihre Crowd im Griff und die Fans fressen ihr von Minute eins aus der Hand. Auch den Aufforderungen, wahlweise zu springen oder die Handy-Taschenlampen gemeinsam zum Leuchten zu bringen (bei `My Apocalypse´), wird euphorisch und in großer Zahl Folge geleistet und auch die Ohoho-Chöre nach der Melodie von `Sunset Over The Empire´ vom sangesfreudigen Volk gnadenlos durchgezogen.

Das Quintett zockt die Songs tight und fachmännisch herunter und der Sound ist richtig gut, besonders die Gitarrenarbeit kommt fantastisch zur Geltung. Einzig der cleane Mittelpart des epischen `Handshake With Hell´ stinkt dagegen ein wenig ab, mit dem „gänsehäutigen“ Solopart am Ende des Stücks kann die Fronterin das Ruder aber wieder etwas herumreißen.

Die siebzig Minuten sind schnell vergangen und so folgt nach dem kurzen, intensiven Instrumental `Snow Bound´, welches mit atmosphärischem Licht unterstützt wird und der Sängerin zu einer kurzen Verschnaufpause dient, und kurzen Abschieds- und Dankesworten mit der “Doomsday Machine“ Bombe `Nemesis´ der umjubelte Schlusspunkt. Viele Anwesende wissen da vermutlich noch nicht, dass es keine Zugabe geben wird. So wirklich wollte zumindest bei mir der berühmte Funke hier nicht überspringen, aber der Großteil der Metalheads geht nach dem obligatorischen Erinnerungsfoto vollständig zufrieden nach Hause.

Setliste Arch Enemy:

`Deceiver, Deceiver´

`War Eternal´

`Ravenous´

`In The Eye Of The Storm´

`House Of Mirrors´

`My Apocalypse´

`The Watcher´

`The Eagle Flies Alone´

`Handshake With Hell´

`Sunset Over The Empire´

`As The Pages Burn´

`Snow Bound´

`Nemesis´

`Fields Of Desolation´ (Outro)

 

Text: Michael Gaspar

Fotografie: Sven Bernhardt