20 Jahre MONO INC. Festival Amphitheater

MONO INC. – DIARY OF DREAMS – TANZWUT – EISFABRIK – MANNTRA – SOULBOUND – ALIENARE

02. September 2023

Gelsenkirchen, Amphitheater

 

Die sanften deutschen Gothicrocker MONO INC. feierten ihr 20jähriges Jubiläum und hatten in das große Gelsenkirchener Amphitheater geladen. Mit dabei, noch zahlreiche andere Bands des schwarzen Spektrums, so dass hier ein veritables Festival bei bestem Wetter und einer ziemlich vollen Hütte entstand.

ALIENARE

Bereits Mittags um 14:00 eröffneten die aufstrebenden ALIENARE die Geburtstagsparty. Das junge deutsche Duo begann den Tag mit ihrem „gute Laune“ Synthie-Pop und dem Song `Perception` und entpuppte sich im Verlaufe des acht Songs umfassenden Sets als Mitmachband, wie Sänger  T. Green immer wieder betonte. Und es funktionierte, spätestens beim Song `Move` klappte die Aufforderung auch mit einer ansehnlichen Menge an tanzenden Fans vor der Bühne, die auch noch beim letzten ALIENARE-Song `Emerald` dabei waren.

 

SOULBOUND

Die selbsterklärte “WeDon’tGiveAFuck-Metal” Band SOULBOUND begegnete mir in diesem  Sommer schon zum zweiten mal mit ihrer Mischung aus metallischen und melodiösen Industrial, NDH, Gothsounds auf einem eher schwarzen Festival. Dort sind sie offensichtlich auch eher zuhause als auf einem donnernden Moshpitspektakel. Dennoch, neben dem bandtypischen Sympathiefaktor, können die Jungs auch ein gewisses Maß an Härte an den Tag legen. So wurde auf der Bühne gebangt und zwischendurch gescreamt , als sei hier Wacken und nicht das Mono Inc. Jubiläumskonzert. Vom anwesenden Publikum wurde die Band und ihre Musik deutlich mehr als nur wohlwollend aufgenommen. Die Bielefelder Truppe macht ihre Sache auch einfach gut, leistet sich keinerlei musikalische Ausfälle oder irgendwelche Allüren. Im Gegenteil, die eingängigen aber mit Grundhärte gesegneten Songs wie `Devil`,  ’I‘m Alive` (dass sich laut Sänger Johnny den zwei Millionen Klicks auf Spotify nähert), `Addicted To Hell` oder die NDHlastigen Nummern `March, March` `Fuck You`, das Sänger Johnny der Rechten widmete, wurden anständig abgefeiert.  Irgendwie passt es auch zur Band, wenn der Frontman über den eigenen Kampf gegen Depressionen spricht und dazu aufruft, sich im Bedarfsfall Hilfe zu suchen. Peinlich? Nein, keinesfalls und das Gelsenkirchener Halbrund mochte die gezeigte Ehrlichkeit.

 

MANNTRA

Die Dark Folk Metaller, bzw. Rocker aus Kroatien MANNTRA war als nächstes an der Reihe. Dabei präsentierte die Band mit ihrem Sänger Marko M. Sekul, der auch Zahnpastawerbung machen könnte  ihr Material vom neuen “Kreatura“ Album sowie wohl auch dem Vorgänger “Monster Mind Consuming“. Songs wie `Ori, Ori` und `Königsmord` wurden agil , spielfreudig und auch mit genug Kraft ins Rund geschmettert und zum Teil auf deutsch angesagt.  Spätestens aber wenn sich Marko humorig über sein Cardio-Training beschwert „Everyone fucking hates cardio“ oder Gitarrist Dorian „Dodo“ Pavlović ganz alleine auf dem Mini-Keyboard eine Einmann Show bietet, die auch nicht schlechter als manche reine Electroband klingt, („Are you ready for some Disco Action?“)  hatten MANNTRA einen beträchtlichen Teil des Publikums auf ihrer Seite. Wenn demnächst mal mehr Menschen mit dem Songmaterial vertraut sind, kann das Ganze auch außerhalb ihrer Heimat noch deutlich größere Dimensionen annehmen.

 

EISFABRIK

Mit EISFABRIK kam der Rückkehr des Electropops der Marke VNV Nation auf die Bühne. Was soll ich als alter Metaller dazu sagen? Alle Songs sind rein auf Tanzbarkeit ausgelegt, höchst gefällig bis zum Ohrwurm und meist stimmlich sicher vorgetragen.

Das Quartett, bestehend aus Keyboardern, Synthieschlagzeuger plus Sänger steht auf der Bühne und macht ihr Ding entsprechend ordentlich.

Steht, richtig, der Bär tobt hier naturgemäß nicht unbedingt auf der Bühne, was soll man auch machen,  wenn dreiviertel der Band an Ort und Stelle verharren müssen, um ihre Tasten zu bedienen und Frontmann Charly Barth-Ricklefs alias Dr. Schnee, nicht unbedingt die Rampensau gibt? Ihr kurzfrisitg aufgetretener „Yeti“ wandert zwischenzeitlich durch das Publikum und so bleibt als einziger wirklicher „Showeffekt“, passend zur Band, ein wenig Kunstschnee, der im strahlenden Sonnenschein zumindest eine Hälfte der Bühne erreicht. Musikalisch liefern EISFABRIK bekannte Songs ihrer Karriere wie z.B. `Saving Shores`,  ` Walking towards the sun`, `Schneeman` oder  `Eins mit dem Wind`, die natürlich allesamt die tanzaffine Zielgruppe im Publikum erreicht. Passt schon irgendwie, Ok, mir persönlich fehlt bei der Truppe jeglicher Widererkennungswert, da jede Melodie bereits schon von x anderen Genrevertretern gespielt wurde. Aber, was weiß ich schon von Electro-Pop?

 

TANZWUT

TANZWUT, Berlins Spielmänner kommen mit Getöse auf die Bühne und rufen das Publikum lautstark heran:  Aushängeschild und Frontmann Teufel beklagt die „erschreckende Nüchternheit“ auf, dass „man mehr trinke und Unzucht vor der Bühne treibe, bis man sich nicht am nächsten Tag nicht mehr erinnere“. Solche und ähnliche Ansagen kennt und liebt das anwesende Volk an den Folk, Rock, Mittelalter und Metal verbindenden Herrschaften, die natürlich auch hier wieder eine verdammt gute Show abrissen und das Publikum schon mal mitrissen. Immerhin sind sie selbst bereits seit 25 Jahren erfolgreich unterwegs und damit auf eigener “Silberner Hochzeit“ Tour. Musikalisch gibt es in Gelsenkrichen Songs wie `Brüder im Geiste`, `Bis zum Meer` oder `Narziss` , das mit des Teufels Aufforderung  „macht mal alle Selfies!!“ eingeläutet wird, weil ja alle so ungewöhnlich gut aussähen. Zwischendurch legen TANZWUT auch mal Härte an den Tag, oder spielen neues Material wie `Schreib es mit Blut` und `Puppenspieler`, natürlich nicht ohne Hinweis darauf, dass sie selbst auch gelegentlich als Puppenspieler auftreten. Kurzum, eine wirklich unterhaltsame und souveräne Show des Sechserpacks, die selbstverständlich sehr gut ankommt, wobei ich mir zum 25. Jubiläum selbst mehr Ausflüge in das ganz alte Material gewünscht hätte.  So hätten vielleicht noch mehr Fans, wie gewünscht“ „durchdrehen“ können.

 

DIARY OF DREAMS

DIARY OF DREAMS, bringen naturgemäß eine völlig andere Stimmung auf die Bühne als TANZWUT zuvor. Wer es aber, wie Adrian Hates, geschafft hat einen völlig eigenständigen, sofort erkennbaren Sound zu kreieren, der gehört an diese Position, So sind in den jetzt fast  drei Jahrzehnten zahllose Hits mit eigenem Charakter entstanden, auch wenn in den reinen Elektrosound der frühen Tage inzwischen auch längst die Gitarren ihren erfolgreichen Einzug gehalten haben.

So auch an diesem Abend. Kommt  `MenschFeind` noch ohne großartige Gitarren aus , kann  `Endless Nights` schon mit ordentlicher Sechssaiterunterstützung und Adrian Hates greift immer öfter auch selbst zur Gitarre. So dominiert zwar die gewohnte Dunkelheit und Melancholie, die aber mit Härte angereichert wird. Wenn dann noch Highlighttracks wie    `The Curse` oder der irgendwie positive Stampfer und Uraltsong `Undividable` schließlich in der von allen mitgesungenen fast akustischen Pianoversion von `Traumtänzer` gipfelt, dann haben DIARY OF DREAMS ihre Sonderstellung in der schwarzen Szene ein weiteres mal bewiesen.

 

MONO INC.

MONO INC. lassen mit ihrem Auftritt in meinem Kopf Vokabeln wie „sanft“ oder „lieb“ auftauchen. Begriffe, die sonst selten fallen aber zu MONO INC. passen sie einfach. Insbesondere Sänger Martin Engler ist geradezu die personifizierte Nettigkeit, der sich zutiefst dankbar und glaubhaft bescheiden gibt. Er schafft es die Fans und Band quasi zu umarmen, miteinzubeziehen und in den Mittelpunkt zu stellen. Dabei ist er das Zentrum. Das Halbrund des Amphitheaters frisst ihm fast geschlossen sprichwörtlich aus der Hand. Es klatscht, singt, schwenkt die Arme auf den geringsten Fingerzeig oder singt spontan „happy birthday“ zur Geburtstagesfeier der Band.

Dass MONO INC. eine perfekte Show abliefern und Songs quer durch die Historie  bedienen, weiß jeder, der die Fünf in den letzten Jahren einmal live gesehen hart. Licht und Sound passen einfach, heben mal den einen oder anderen Musiker in den Vordergrund, wie zum Beispiel die über allen thronende  Schlagzeugerin Katha Mia, die ab und zu Duettpartnerin wird.  Dass es dabei klanglich übermächtige Keyboards und Chöre gibt, die bei einer Band ohne Keyboarder im Normalfall sauer aufstoßen, stört nicht nur niemanden, sondern es scheint noch nicht einmal wirklich aufzufallen. Ob ich mir an diesem Abend manchmal mehr Härte und Dreck gewünscht hätte, ist dabei völlig irrelevant.

Band und Publikum feiern diesen Abend zusammen und sich gegenseitig. Die Fans jubeln,  wenn die Gemeinschaft der „Raben“ beschworen wird, fühlen sich mitgenommen wenn Toleranz und Liebe zu den wichtigsten Werten erklärt werden oder nostalgische Geschichten, zu Zeiten von Unheilig  erzählt werden.  Die Frage ob Songs wie ` An klaren Tagen` nun berührend oder rührselig sind stellt sich schlicht keiner. Wenn Iggy Pops `Passenger` als “Dosenöffner” für die Karriere der Band deklariert wird, singen so ziemlich alle ”lalalala“ und nein, die Gitarre wird natürlich nicht zerschlagen.

Neben ihrer Liebenswertigkeit, bieten MONO INC. natürlich auch ihre Hits der letzten zwei Jahrzehnte auf. Supereingängige Songs mit Mitmachcharakter wie `Arabia` , `Voices of Doom` , `Welcome To Hell` (mit  Pestmaskentragenden Gestalten) und das finale ` Children of the Dark` sind der Grund warum die Band dort ist, wo sie heute stehen.

MONO INC. Setliste:

The Last Crusade

Princess of the Night

In My Heart / My Sick Mind TV / This Is the Day

Louder Than Hell

When the Raven Dies Tonight

An klaren Tagen

Sleeping My Day Away (D‐A‐D cover)

Arabia

Where the Raven Flies

Revenge / My Worst Enemy / After the War

Lieb Mich

The Passenger

Voices of Doom

Wiedersehen Woanders

Welcome to Hell

Heartbeat of the Dead

Children of the Dark

 

Text ud Photo Credits: Sven Bernhardt