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DEZPERADOZ – „Moonshiner“ Release-Party

22.Juni 2022

Café Central, Weinheim

Es sind keine ´Evil Wayz´, auf denen wir uns gen Weinheim bewegen, sondern schlicht die Autobahn. Der Parkplatz ist direkt nebenan, etwas zu Essen finden wir ums Eck. Dort können wir auch schon andere Besucher von Ferne grüßen. Doch kurz darauf steigen wir die Treppe zum Club hinauf. Händeschütteln ist angesagt. Und auch die Band begrüßt uns.

Die kleine Bühne ist bereit, das Publikum ist es auch. So langsam füllt sich der Saal. Für mich ist es das erste Mal, die meisten hier scheinen alte Fans zu sein. Die allerdings haben auch schon lang auf ein DEZPERADOZ -Konzert warten müssen. Genauso ausgehungert, wie sie sind, genauso euphorisch sind dann auch die Reaktionen auf den Opener des Abends und des aktuellen Albums. Genau, ´Evil Wayz´. Binnen Sekunden sind Band und Publikum auf Betriebstemperatur. Auch Club heizt sich zügig auf. Es fühlt sich an, irgendwie zwischen Backstube und Sauna. Oder Dampfbad, wenn man die Luftfeuchtigkeit mit einbezieht.

 

Alles was sie spielen, es folgt Hit auf Hit, es geht Schlag auf Schlag. Wobei, Schlag auf Schlag passt insofern nicht, da das Raumklima ein schnelles Verstimmen der Gitarren verursacht. So entwickelt sich ein Running Gag, eine Person vor der Bühne ist auserkoren, die regelmäßige Stimmpause anzusagen. So geht man damit um, wenn es nicht so richtig funzt, darum darf man die DEZPERADOZ auch Stimmungskanonen nennen. Wenn sie mal auf Schlager machen, brauchen sie gar keinen Namen suchen.

 

Aber Schlager ist eher utopisch, die Truppe rockt. Neues und Altes wechselt sich ab, die Stimmung bleibt stetig hoch. Irgendwann raucht dem Drummer Lars ein elektronisches Teil ab. Aber selbst diese Zwangspause tut keinen Abbruch. Da wird mal eben experimentiert. „Wir haben doch akustische Gitarren dabei.“ So wird also, angeblich ungeprobt, eine Unplugged-Nummer eingefügt. ´25 Minutes To Go´, das sie auf einem älteren Album verrocken, kommt hier wunderbar entschlackt und erdig. Wer weiß, wie lange die Band an dieser Einlage gefeilt hat. Es steht in jeder Werkstatt, jeder kennt es. Auch heute ist es dabei. Das Allheilmittel mit dem Namen WD40 hilft aber auch nicht. Aber vor der Bühne freuen sich alle Hobbyhandwerker, ein Zwischenrufer behauptet gar, er würde seine Schnitzel darin braten.

´OK Corral´, ´Moonshine´, ´Rebel Heart´. Es wird immer wärmer. Die DEZPERADOZ sind ´Back In The Saddle´. Neben den ganzen Cowboy- und Gangster-Songs gibt es von Alex auch persönliches. Wir hatten vor längerer Zeit ein recht persönliches Gespräch über unsere Väter, über Demenz und den Tod. Und Alex hat das gefühlvolle ´River´ seinem Vater gewidmet – und sicher allen Vätern und ihren Kindern, die auch ihre Erfahrungen mit Demenz und dem Ableben enger Familienmitglieder gemacht haben. Das ist sicher einer der stärksten Gänsehautmomente des Abends. Für mich, aber auch für Alex, dem man anmerkt, wie persönlich dieses Lied ist.

 

Danach doch wieder krachig. ´Angels Share´ erweist sich als einer der Hits des Albums. Mit ´Rawhide´ ist erst einmal Schluss. Aber wollen wir die vier einfach so gehen lassen? Ein zweites Mal ´Evil Wayz´ ist der Anfang des Finales. Mit ´Straight Between The Eyes´ folgt der lauteste und schnellste Song des Abends. Auf dem Album ist Tom Angelripper hier Gastsänger, das hört man der Nummer an, auch ohne dem Sodom-Frontmann.. Ein spontanes ´Sweet Home Alabama´ verbreitet nochmals Southern-Feeling, ehe nochmals Johnny Cash geehrt wird. Alle, wirklich alle, singen „Yippie Yayooh, Yippie Yayeeh, Ghostriders in the Sky„, eine letzte Vorstellung der Band noch. Und dann gibt es das instrumentale ´Mexican Border´ vom Band zum Ausklang.

Jetzt muss aber zügig der Flüssigkeitshaushalt wieder in Ordnung gebracht werden. Oder der Kopf gelüftet. Die CDs finden reißenden Absatz. Auch hier noch einmal die Empfehlung, „Moonshiner“ zu hören und zu erwerben. Denn eines der Alben des Jahres (zumindest für mich) bedingte auch eines der besten Konzerte des Jahres. Jetzt noch ein geiles Video, ´My Lucky Graveyardshoes´ wäre ein geeigneter Kandidat, und Vinyl, dann kann der Siegeszug noch viel weiter gehen als nur bis Ahlen auf dem Stadtfest am letzten Juniwochenende…

Text: Mario Wolski

Photo Credit: Axel Hofmann