
KRYPTOPORTIKUS
Titel: DARK RAINBOW
Label: Fast Ball/Bob Media
Spieldauer: 43:59 Minuten
VÖ: 21. März 2025
Falls jemandem die Stimme bekannt vorkommen sollte, es ist eine bekannte Stimme. Denn KRYPTOPORTIKUS ist eine Zusammenarbeit des Produzenten Chris Technitz (Scatterface, Carrier) mit dem Sänger Franz Herde. Klingelt es? Das war die Stimme der Kultscheiben „Life Cycle“ und „Steps“ aus dem Hause Sieges Even.
„Dark Rainbow“ ist kein leicht bekömmliches Album. Es enthält eine gewisse Note Thrash der technischen Art. Aufgelockert wird dies mit vielen ruhigen Passagen und fast soundtrackmäßigen Momenten. Das funktioniert über weite Strecken ausgesprochen gut, Vor allem die ruppigen Sachen gehen mir richtig gut rein. Nur ein Song macht mich wenig glücklich. ´The Oracle´ hat leider den uninspiriertesten Chorus seit der Erfindung der Dosenravioli. Die monotone Wiederholung halber Wörter („the ora- the ora- the ora the ora- the oracle of truth„) kratzt förmlich am Nervenkostüm.
Falls sich wer nach der Bedeutung des Bandnamens fragt, hier geht es nicht um elektronisches Geld. KRYPTOPORTIKUS ist zusammengesetzt aus einem griechischen und einem lateinischen Wort. Dieser versteckte Laufgang ist ein ganz oder teilweise unterirdischer Gewölbegang. Die Ausstattung war meist gehoben etwa mit Wandmalereien. So dienten sie an warmen Tagen dem Promenieren im Schatten. Das kann man sich ähnlich vorstellen wie bei Kreuzgängen in mittelalterlichen Klosteranlagen. Hierzulande ist solch ein Gang in einer römischen Villa in Boos im Landkreis Bad Kreuznach zu finden. Man kann aber auch nach Reims, Rom oder Pompei reisen.
Passend zur Bedeutung des Bandnamens erzählen die zwölf Tracks des Albums Geschichten aus der Mythologie Griechenlands. So finden der Kampf und Troja und Odysseus ebenso Erwähnung wie der Kampf zwischen Athen und Sparta. Das Schicksal der Medusa ist ebenso Thema wie die Reise der Argonauten auf der Suche nach dem Goldenen Vlies.
All dies ist spannend in Szene gesetzt. Auch mit der Hilfe so prominenter Kollegen wie Oliver Holzwarth (Sieges Even) oder Marc Nickel (Bleeding). Ja, an die Stimme von Franz Herde muss man sich eventuell gewöhnen. Sicherlich ist diese nicht jedermanns Sache. Er erreicht aber auch Frequenzen, die nahe dem Bohrer beim Zahnarzt liegen. Doch solche Stücke wie der düster stampfende Titelsong erreichen gerade dadurch ihre durchschlagende Wirkung. Und auch augenzwinkernde Anspielungen sind dem Duo nicht ganz fremd. So bekommt ´The Wanderings Of Ulysses´ einen Hauch Running Wild eingepflanzt.
Man muss sich drauf einlassen. Es besteht die Chance, das Ganze nicht zu mögen. Die Musik von KRYPTOPORTIKUS ist doch relativ speziell. Nicht für jedermann. Doch mit etwas Geduld und der Vorliebe für den Techno Thrash von Anno Domini 1990 könnte man hier ein kleines Juwel für sich entdecken. Den Versuch ist es wert.
Mario Wolski vergibt 8,5 von 10 Punkten