Du betrachtest gerade CYTOTOXIN – Giftig wie eh und je

CYTOTOXIN – Giftig wie eh und je

  • Beitrags-Autor:

Hallo nach Chemnitz, ins Lager der Chernobyl Death Metaller von CYTOTOXIN, deren fünfte Platte “Biographyte” in den Startlöchern steht und am 11. April 2025 veröffentlicht wird. Ich bin Tobias aus der Nähe von Mannheim, habe euer Album unter meinem Review-Fallbeil und freue mich, Fonzo ein paar Fragen für unser Webzine stellen zu dürfen. Aber erstmal herzliche Glückwünsche zur anstehenden Veröffentlichung von “Biographyte”, ein Album, das richtig knallt! Wie geht es euch so kurz vor dem Release der neuen Nuklear-Keule, die bei Blood Blast Distribution erscheinen wird?

Hallo Tobias und vielen Dank für die netten, einleitenden Worte. Wir sind natürlich in voller Vorfreude auf den kommenden Release und können es gar nicht erwarten, die Reaktionen der Fans zu sehen. Biographyte ist definitiv ein neues Kapitel in der Bandgeschichte, das mal wieder einige Änderungen mit sich bringen wird (zB neuer Drummer) und das färbt natürlich auch auf die Musik ab. Wir waren aber immerhin schon immer Freunde davon, mit jedem neuen Album einen neuen, wenn auch nicht komplett anderen Weg einzuschlagen.

Ihr wart fünf Jahre abstinent, es gab keine neuen Songs von euch. Gewollte Pause?

Gewollt und teilweise auch erzwungen, sagen wir es mal so. Als eine Band die irgendwo zwischen Profi- und Amateurniveau steht ist es immer schon schwierig gewesen Musik und Job unter einen Hut zu bringen. Dazu kommt noch ein Wechsel in unserem Line Up, denn mit Panzer durften wir unseren neuen Schlagzeuger in unsere Reihen aufnehmen, der seinen Vorgänger Stocki ersetzt hat. Dazu kamen noch die erzwungenen Coronajahre mit sehr wenig Auftritten die das Bandleben einfach auf eine niedrigere Herzschlagfrequenz gedrückt haben. Nichtsdestotrotz leben wir ja noch und das soll nach 15 Jahren Bandgeschichte schon etwas heißen!

Wie sieht denn euer Line-up 2025 aus – wer zockt was bei CYTOTOXIN?

Ich muss sagen, dass ich sehr froh bin, dass man nach wie vor noch von einer kleinen Familie reden kann. Der einzige heiße Posten bei uns scheint der des Drummers zu sein. Mit Maximilian Panzer sind wir da hoffentlich an ein gutes Ende gekommen und es schaut sehr gut aus. Er hat sich bei uns eingewöhnt, versteht mittlerweile unseren Humor und das ist das Wichtigste. Ansonsten ist mit Jason an der Gitarre und den drei Gründungsmitgliedern Grimo, Fonzo und Vitalis alles beim Alten geblieben! Wir haben wohl doch eine höhere Halbwertszeit als gedacht. Wenn man so ein Projekt als junger Student gründet, denkt man nicht unbedingt weit in die Zukunft…

Ihr widmet euch in euren Texten Themen, die Tschernobyl und die Katastrophe von 1986 betreffen. “Biographyte” bildet da keine Ausnahme. Ich war da acht Jahre jung und meine Hörgewohnheiten waren TKKG und Die Drei ???, ich habe zwar in den Nachrichten und Gesprächen von dem Unglück gehört, greifen konnte ich es aber nicht. Wie und was habt ihr von der Katastrophe damals mitbekommen?

Da kann ich jetzt nur für mich sprechen und ich war damals genau wie du auch acht Jahre alt. Mitbekommen habe ich tatsächlich auch sehr wenig, aber wir waren viel im Wald und haben gern Pilze mit nach Hause gebracht und gegessen… Im Nachhinein vielleicht keine so gute Idee… Aber das erklärt vielleicht zumindest den Hang zur extremen Musik.

Woher kommt euer großes Interesse für Tschernobyl, dass Inspiration für die mittlerweile fünfte Platte ist?

Als die Band 2010 entstanden ist, übrigens aus den Überbleibseln einer Death/ Black Metal-Truppe, hat sich zunächst der Sound von Cytotoxin durch erste Songs geformt. Wir waren damals Fans von, unter anderem BENEATH THE MASSACRE und die dudeln bekanntermaßen viel in verminderten Tonleitern herum. Am besten Mal googeln, falls euch das nichts sagt… Dieser giftige und bedrohliche Sound sollte seit jeher Markenzeichen von CYTOTOXIN sein und so mussten wir nur noch ein passendes Thema finden. Damals war es auch irgendwie üblich, dass Bands nicht einfach nur Musik gemacht haben, sondern sich auch einem bestimmten Thema widmeten. Als Beispiel würde ich hier mal NILE nennen, die auch ein großes Vorbild waren. Der Schritt zu Chernobyl und Strahlung im Allgemeinen war dann gar nicht mehr so weit und wurde hauptsächlich von unserem Sänger Grimo und dem damaligen Drummer Ollie vorgeschlagen.

Um was geht es denn Schwerpunktmäßig auf “Biographyte” und auf welche Gangart, in musikalischer Hinsicht, dürfen sich eure Fans einstellen?

Unsere Alben sind zumindest teilweise gern als Konzeptalben zu verstehen und diesmal haben wir uns entschieden, wieder einen Blick in eine dystopische, fiktive Zukunft zu werfen. Am Album Artwork erkennt man schon ganz gut, dass diesmal eine Wüste die Sperrzone um den alten Reaktor bedeckt und ein seltsames Ungetüm die Land durchstreift. Dieses schleppt an Ketten gebunden verschiedene Sehenswürdigkeiten aus der Tschernobyl Zone hinter sich her. Im gewissen Sinne sollen das Altlasten und Erinnerungen darstellen, die an das Unglück von damals erinnern. Darauf nehmen die einzelnen Songs dann auch Bezug. Kompositorisch haben wir wieder versucht, eine breite Palette abzudecken. Da ist von langsamen Schwingern bis hektischem Gebretter wieder alles dabei. Eine Schachtel schwermetallischer Pralinen mit einem ordentlichen Schuss Strahlung. Vielleicht nicht alle auf einmal genießen!

Sind die bisher veröffentlichten Singles ‘Hope Terminator’, ‘Condemnesia’ und Titeltrack ‘Biographyte’ ein Querschnitt von dem, was ihr euren Fans an die Stirn tackert?

Ja und nein. Meiner Meinung nach hat jeder Song auf der neuen Scheibe sein ganz eigenes Aroma, was auch durchaus Absicht war. Wer bisher nur die drei Singles kennt, hat auf dem Album noch viel zu entdecken. Ich empfehle, wenn ich darf, ‚The Everslave‘ und ‚From Bitter Rivers‘!

Natürlich darfst du. Woher holt ihr euch Inspiration und das Hintergrundwissen zur Katastrophe? Wart ihr schonmal vor Ort oder habt mit Leuten gesprochen, die Tschernobyl erforschen.

Da bin ich leider der falsche Ansprechpartner. Grimo ist derjenige, der die konzeptionelle Seite der Band gestaltet. Seine Einflüsse sind meines Wissens nach aus vielen unterschiedlichen Quellen entstanden wie Bücher, Filmen, Serien und Videospielen.

Vor Ort waren wir selber noch nicht. Vor dem Krieg in der Ukraine wäre das fast schon passiert, aber wir hatten auch immer Bedenken. Denn man konnte in den letzten Jahren schon beobachten, dass sich die Sperrzone immer mehr zu einer Attraktion gewandelt hat und das entspricht nicht unbedingt unserer Vorstellung. Aber wer weiß, vielleicht werden wir doch irgendwann mal dort vor Ort sein.

Wie beurteilt ihr die derzeitige Weltlage? Ist die Angst vor einem Atomkrieg gegenwärtig, wenn man sich auch noch intensiv mit dem Thema auseinandersetzt, so wie ihr es macht?

Wir haben immer versucht, uns mit politischen Statements zurückzuhalten. Nicht selten erlebt man, dass man eine ganz fest Meinung zu etwas hat und diese nach vielen Jahren revidieren muss, weil die Verhältnisse doch nicht so waren, wie sie den Anschein hatten. Krieg ist auf jeden Fall Scheiße für alle Beteiligten und Atomkrieg sollte mit allen Mitteln vermieden werden. Ich kann mir persönlich nicht vorstellen, warum auch nur irgendjemand keine Angst davor haben sollte. Allerdings kann man Menschen mit Angst auch sehr gut lenken. Das versuche ich nicht aus den Augen zu verlieren. Eine gewisse Besonnenheit hat da noch nie geschadet.

Wie sehen eure Live-Pläne für 2025 aus? Kommen nach der Tour im April auch Festivalauftritte im Sommer?

Ich schaue in meinen Terminplan und ich sehe: Das Groovy & Stinky Festival in Prag am 24.04. Das ist auf jeden Fall einen Abstecher wert! Dazu gesellen sich noch das geniale MISE Open Air, das Front Line Fest in Brünn und das Free & Easy in München. Die Festivalsaison schließen wir dann auf dem Summer Breeze ab. Habt ihr vielleicht schon mal gehört? Ein beschauliches Festival in Bayern, hehe.

Auf diesem beschaulichen Festival werde ich auch sein, vielleicht sieht man sich dort. Ich bedanke mich für das Interview und für deine Zeit, Fonzo.

Interview: Tobias Stahl
Photocredit: Mrs. CONTRAst