THE NIGHT FLIGHT ORCHESTRA
Titel: AEROMANTIC
Label: NUCLEAR BLAST / WARNER
Spieldauer: 59:05 Minuten
Die Jungs wollen´s jetzt endgültig wissen, soviel ist klar. Ansonsten würde man nicht eine derartige Schlagzahl an den Tag legen und die Alben als potenziellem path to glory jedesmal mit einem schmutzigen dutzend Songs vollpflastern, von denen schließlich einer das gute Stück sein könnte, welches den Durchbruch bringt. Aber sie machen mitunter auch extrem geile Mucke, diese durchgeknallten Schweden mit ihrem besch******* Klamottengeschmack, der einen mitunter glauben lässt, Farin Urlaub habe sich dieses Projekt gone Band ausgedacht. Noch immer wildert man bemerkenswert ekelbefreit in der sicher nicht immer geschmackssicheren AOR-Phase 1975 bis 1985, orientiert sich an Toto, Saga, Styx, Foreigner und ELO, bis der Melodien-Overkillarzt kommt. Aber wer kann bei Betörendem á la „Divinyls“ schon „Nein,“ „No,“ “ Njet“ oder „gar “ Hakuna“ sagen? Eben! „This Boy´s Last Summer“ macht auch Bock auf ausgelassenes Hüpfen durch schwedische Großstadtvororte – jaja, „everybody said I was crazy“. Da macht der Björn wieder einen guten Job als frei swingender Flugbegleiter der schlüpfrigen Sorte und bietet Eskapismus deluxe. Darf bei allem gebotenen Respekt für Greta ja auch mal sein! Da vergeht die Zeit wie im Fluge… Schluck, war das politisch korrekt? Die von Lukathers Gnaden umschmeichelten „Curves“ scheinen es nicht zu sein, aber in fortgeschrittenem Alter wird bei Dunkelheit eben von schwülen Stränden und coolen Cocktails geträumt. Ist aber tatsächlich eher für hochpreisiges Publikum, all das hier. Eben gar nicht Greta, sondern peinlicher middle-aged Caucasian white male, der sich von ihr for whatever reason bedroht fühlt. „Transmissions“ ist definitiv voll nicht Altenessen oder Dresden-Prohlis… Vor dem geistigen Auge sieht man eher Céline Dion bei irgendwelchen Awards spitzmündeln und -füßeln. Igitt aber auch! Vielleicht liegt genau da die Krux. Hardrock wie im Opener „Servants Of The Air“ oder dem Titeltrack wird in homöopathischen Dosen verabreicht, und diese Songs zeigen auch noch immer, dass es Meister Strid an der absoluten, komplett schambefreiten Upper Class-Coolness mangelt, die das Zielpublikum auf der eigenen Idee von Romantik ausgleiten lässt. Wir reden hier immerhin nicht von tschechischem Bierbad (as yummy as it may be), sondern von nordamerikanischem Hummer mit Champagner. „Golden Swansdown“ mag jenen Weg zeigen, der m. E. aber nur über eine Tour im Vorprogramm der, falls noch aktiven, Großen gehen wird. Ansonsten werden The Night Flight Orchestra irgendwann in jenem Schlamm des metallischen Untergrunds, dem sie entsprangen, stecken bleiben. In der Musik ist es schließlich wie in der Gesellschaft: Schranken sind schwer zu überwinden. Es wäre aber auch wirklich gut, wenn die Schweden das nicht schafften… Manche Preise sind sehr hoch.
Patrick Müller vergibt 8 von 10 Punkten