KLONE
Titel: THE UNSEEN
Label: PELAGIC RECORDS
Spieldauer: 42:18 Minuten
VÖ: 08. November 2024
Eine Reise in die Tiefe die sowohl für eingefleischte Fans als auch für Neulinge interessant sein sollte: Mit „The Unseen“ legen KLONE erneut den Beweis ab, warum sie zu den führenden Kräften des modernen Progressive Rock zählen. Das zehnte Studioalbum der französischen Band ist eine kühne und ambitionierte Reise in eine Klanglandschaft, die sowohl vertraut als auch überraschend ist.
Was sofort auffällt, ist die gesteigerte Reife und Komplexität, die Klone mit diesem Album erreichen. Die Songs sind länger, die Strukturen verschachtelter und die Arrangements noch kunstvoller. Doch trotz dieser Komplexität wirken die Stücke nie überladen oder abgehoben. Im Gegenteil: Klone schaffen es meisterhaft, ihre Musik zugänglich zu machen, ohne dabei an Tiefe einzubüßen. Die Klangpalette von „The Unseen“ ist beeindruckend breit gefächert: Von atmosphärischen Post-Rock-Passagen über treibende Riffs bis hin zu verspielten Jazz-Elementen ist alles dabei. Dabei gelingt es KLONE, die verschiedenen Stile nahtlos miteinander zu verschmelzen und ein kohärentes Gesamtbild zu schaffen. Die Texte von Yann Ligner sind wie immer tiefgründig und vielschichtig. Sie laden zum Nachdenken ein und eröffnen dem Hörer neue Perspektiven bezüglich aller Vergänglichkeit und wie wichtig es ist, die Gegenwart als ein Geschenk wahr zu nehmen. Die Atmosphäre des Albums ist dabei oft melancholisch und introvertiert, aber auch von einer gewissen Hoffnung getragen. Also eigentlich genau mein Ding. Wobei ich sagen muss, dass die Band sowieso bei mir ganz weit oben steht. Wenn Yann aus einem Klarton heraus ins Schreien kommt stellen sich mir regelmäßig die Härchen an den Armen auf. Besonders hervorzuheben sind hier Tracks wie `Interlaced`, das mit seinem eingängigen Refrain und den komplexen Arrangements überzeugt, und `Desire Line`, das mit seinem ungewöhnlichen 3/4-Takt und der emotionalen Intensität besticht.
KLONE haben mit diesem Werk erneut ihre eigene Klasse unter Beweis gestellt und zeigen, dass sie auch nach 25 Jahren zu den innovativsten und spannendsten Bands des Genres gehören. Und doch: Für mich persönlich kommt dieses Album nicht ganz an seine Vorgänger heran. Beim ersten Durchlauf blieb mir genau kein Lied sofort in Erinnerung welches besonders heraus gestochen wäre. Auch nach mehrmaligem hören hat sich diese Tatsache leider nicht mehr sehr verändert. Manch einem Hörer mag die Musik von KLONE zu anspruchsvoll oder gar langatmig erscheinen, denn die komplexen Strukturen und die oft ruhigen Passagen erfordern eine gewisse Aufmerksamkeitsspanne. Die ist auf der Couch mit einem Glas guten Wein in der Tat nicht immer ganz so da. Beim Kochen auch nicht. Und beim Autofahren konzentriert man sich ja eh besser auf die anderen Verkehrsteilnehmer. Das Album passt eher zu verträumteren Situationen: Sonntagen, Regen, im Bett liegen bleiben.
„The Unseen“ ist trotzdem ein gelungenes Album geworden, das man gut hören kann und sowohl Fans von Progressive Rock, Alternative, Post- oder Art-Rock als sowieso den Liebhabern anspruchsvoller Musik gefallen dürfte – wenn sie denn keine Angst vor Saxophon Klängen und/oder längeren instrumentalen Passagen haben.
Judith Kroll vergibt 8,5 von 10 Punkten