SABÏRE
Titel: JÄTT
Label: LISTENABLE RECORDS
Spieldauer: 69:38 Minuten
VÖ: 28. Juni 2024
Mit ihrem erstem vollständigem Album „Jätt“ haben die Australier SABÏRE jetzt schon eines meiner Lieblingsalben des laufenden Jahres abgeliefert. Und gleichzeitig einen eindrucksvollen Beweis, wie mitreissend 80er-orientierter Hardrock und Metal auch heute noch klingen kann, wenn Songs und Sound einfach stimmen. Denn die Scheibe bietet eine nahezu perfekte Kombination aus gossen- wie stadiontauglichem Hardrock und sleazigem bis speedigem Oldschool-(US-)Metal.
SABÏRE
Bereits nach ihrer kultigen Debüt-EP „Gates Ajar“ (2018) und ihrem tollen Auftritt beim Keep It True Festival 2019 wurden SABÏRE schon als inoffizielle W.A.S.P.-Erben abgefeiert. Nach den coolen Singles „Mistress Mistress“ (2020) und „Ice Cold Lust“ (2021, nur digital) wurde es dann aber leider unerwartet still um die Band, was wohl leider auch an persönlichen Problemen bis hin zu ernsthaften Selbstmordabsichten von Bandgründer, Sänger und Gitarrist Scarlett Monastyrski lag.
Besser denn je vereinigen die Australier auf „Jätt“ den Spirit und Over-The-Top-Sound von W.A.S.P. und Lizzy Borden mit hymnenhaftem Hardrock von Scorpions und Bonfire, fast schon punkigem Skid-Row-Sleaze und teilweise einer ordentlichen Portion Speed. Passend dazu klingt Monastyrski weiterhin wie ein abgedrehter Bastard aus Blacky Lawless und Klaus Meine, schlägt auf diesem Album aber erstmals auch melancholische Töne an und sorgt mit seiner markanten Stimme (zumindest bei mir) für zahlreiche Gänsehautmomente.
JÄTT
Bereits der Uptempo-Opener ‚Pure Fucking Hell‘ knüpft nahtlos an Hits wie ‚Mistress Mistress‘ oder „One For The Road“ an. Und auch alle nachfolgenden Speeder wie ‚Just A Touch Of Acid‘, ‚Call Me Bastard‘, ‚Your Rending Hands‘ sowie der heftige Rausschmeisser ‚Rip Rip KILL‘ sind absolute Volltreffer und Fistraiser.
Kaum weniger genial und mit eingängiger Hardrock-Kante kommen die flotten ‚Ice Cold Lust‘, ‚I’m A Rock‘, ‚Alone Again‘ um die Ecke – perfekte Mischung aus W.A.S.P., Bonfire, Victory und den Scorpions. Einzig ‚Toxic Man‘ ist in dieser Hinsicht nicht ganz so zwingend sondern „nur“ gutklassig.
Für mehr Abwechslung sorgen das fantastische ‚Last Day‘ (W.A.S.P. meets David Bowie) und gegen Ende das melancholisch-epische ‚Chained Down‘ sowie die tolle Halbballade ‚The Shadow In My Heart‘. Obwohl eher untypisch, gehören gerade diese drei Songs nach einigen Durchgängen sogar zu meinen persönlichen Highlights des Albums.
Im Albumkontext eher verzichtbar sind jeweils rund dreiminütigen Instrumentals des Albums (Entry, Centre und Exit). Hier kommt nur das Outro ‚The Stairs (Exit)‘ mit seiner „Blade-Runner-Atmosphäre“ richtig cool, würde musikalisch aber bessser zu einer Band wie Lord Vigo passen.
Fazit
Auch wenn ich die Debüt-EP schon klasse fand – solch einen fantastischen Album-Einstand hatte ich von SABÏRE nicht erwartet! Mit knapp 70 Minuten Spielzeit macht „Jätt“ dem Begriff „Longplayer“ alle Ehre. Alle zwölf regulären Songs hauen fast ausnahmslos ins Schwarze – und da bleibt auch nach Abzug der eher überflüssigen Instrumentals noch eine ganze Stunde geiler Musik. Für mich ist die Scheibe jetzt schon ein kleiner neuer Klassiker.
Natürlich erfinden SABÏRE Hardrock/Metal nicht neu, klingen trotz hörbarer Referenzen aber niemals altbacken und immer eigenständig. Wenn sich mir beim Hören ähnliche Glücksgefühle einstellen wie vor Jahrzehnten bei W.A.S.P.-Alben wie „The Crimson Idol“ und dem (sträflich unterbewerteten) „Helldorado“, härteren alten Scorpions-Sachen oder auch den ersten Bonfire- und Victory-Alben, dann hat die Band songtechnisch definitiv was richtig gemacht.
Auch wer neben den oben genannten Einflüssen auf hymnenhaften, rockig-speedigen Metal von Bands wie Aerodyne, Enforcer, Leathürbitch, Raptore oder Sintage steht, solle SABÏRE ebenfalls gründlich abfeiern.
Joe Nollek vergibt 9,5 von 10 Punkten