MYRKUR – SPINE

MYRKUR

Titel: SPINE

Label: RELAPSE RECORDS

Spieldauer: 33:48 Minuten

VÖ: 20. Oktober 2023

Was hört der geneigte Metalfan eigentlich abseits seiner eigentlichen Lieblingsgenres? Da fallen oftmals Namen von Rockladies wie Tori Amos oder Lee Aaron oder vielleicht etwas Gothic, Dark Wave, EBM oder gar Country.

Im Falle des Verfassers dieser Zeilen muss man hier auf jeden Fall die Blues Ladies von Larkin Poe, die beiden Gitarrenheroinnen Sophie Lloyd und Nita Strauss sowie seit kurzem auch die australische True Crime Industrial Rockerin Skynd nennen.

Und seit einiger Zeit gehört auch MYRKUR in diese Reihe, das Projekt der dänischen Komponistin, Multi-instrumentalistin und Sängerin Amalie Bruun, um deren viertes Studioalbum “Spine“ es hier nun gehen soll.

Während auf den ersten beiden MYRKUR Alben noch mit Shoegaze und Folk Elementen durchsetzter Black Metal Sound domninierte, kam im Folgenden mehr Klargesang mit teilweise aufwändigen Harmonien hinzu und harte Elemente wie die typischen harshen Vocals wurden immer weiter zurückgefahren.

Das “Live”-Album “Mausoleum“ stellte insofern eine Besonderheit dar, als die Scheibe die Songs des Debütalbums in live gespielten, minimal akustisch unterstützten oder reduzierten A-Capella-Versionen enthält und nochmals stärkere skandinavische Folk-Einflüsse offenbart, die beim Nachfolger “Folkesange“, welcher ausschließlich aus ruhigen, folkig-akustischen Stücken bestand, endgültig das Kommando übernahmen.

Dieser Weg wird nach dem kurzen Intro `Balfaerd´ von den acht nagelneuen Tracks konsequent fortgesetzt. Die mysteriöse Künstlerin verbindet ihre sphärisch-ätherischen und glasklaren Vocals mit Klängen von Gitarre, Bass, Piano, Orgel, Violine, Schlüsselfidel und immer mehr träumerischen Keyboardteppichen.

Die frisch gebackene Mutter gießt den damit verbundenen Sturm an Emotionen in klangliche Konturen und Songs wie den Quasi-Opener `Like Humans´ oder das atmosphärisch-intensive `Mothlike´, ein gutes Beispiel für die bereits erwähnten elektronischen Untermalungen und üppigeren Synthie-Orchestrierungen.

Auch das grandiose `My Blood Is Gold´ oder der gute Titelsong liefern in ausgefeilten und harmonischen Arrangements durchaus eingängige, packende Stücke, die auch mal ein Gitarrensolo oder einen kurzen Blastbeatpart zu bieten haben und den Kontrast zwischen der wohl tiefstmöglichen menschlichen Beziehung zwischen Mutter und Kind und unserer entfremdeten, abgekoppelten Welt beschreiben.

Die echten Black Metal Ausbrüche muss man mittlerweile mit der Lupe suchen. Zu Beginn von `Valkyriernes Sang´ scheppert es mal ganz schön, was den Song verbunden mit seinen, variablen Vocals, tollen Chören und Harmonien zu einem der vielschichtigsten und besten der Platte werden lässt.

Zu erwähnen bleiben unbedingt noch das träumerisch-hymnische `Blazing Sky´ und das sanft schwebende, aber in einem treibend-dramatischen Ende aufgehende `Devil In The Detail´.

Spine“ ist eine großartige Scheibe mit “Rückgrat, Herz und musikalischem Können und klingt wie aus einem Guss. Bei jedem Durchlauf ragen andere Songs heraus und bleiben im Gedächtnis und man kann und wird immer wieder neue Details und Elemente entdecken.

Michael Gaspar vergibt 8 von 10 Punkten