OBLIVION FL
Titel: THE EXECUTIONER
Label: FHM Records
Spieldauer: 52:00 Minuten
VÖ: 27. April 2023
Manchmal findet man sie noch, die seltenen 80iger US Metal Perlen. Mit `The Executioner“ haben wir hier ein solch wertvolles Objekt. Ich gestehe die Band sagte mir mal wieder nichts. Und doch staunte ich nicht schlecht als ich bei den Recherchen zu diesem Review über Namen wie Savatage, Siren, Iced Earth oder Nasty Savage gestolpert bin. Hoppala. Im Thrash – Kessel Tampa Bay, der viele talentierte Bands hervorgebracht hat, haben es die Herren der Band OBLIVION irgendwie geschafft sich mit diesen Bands die Bühnen zu teilen, sich mit ihren Live Auftritten einen Namen zu machen und dann erstmal unterzutauchen. Zwei Demos sind im Zeitraum 1985-1988 entstanden. Danach kehrte Stille ein bis es 2016 für die Band wieder weiterging. Am 27. April 2023 veröffentlichten FHM Records nun das ERSTE Full-Length Album mit 11 Titeln, was auf Grund der Bandgeschichte eigentlich unglaublich ist. Perlen funktionieren global. Genau wie dieses Album. „The Executioner“ ist nicht nur auf CD erhältlich sondern ebenfalls auf 150 rote sowie 350 schwarze LPs verewigt, was die Sache für Sammler und auch für Kenner der Tampa Metal Szene attraktiv macht.
Dem Titel getreu kriegerisch kommt „The Executioner “ daher was sowohl das Artwork vom indonesischen Künstler Wasikendedes als auch die Thematik der Songtexte betrifft. Der Opener `Resist, Deny, Control` legt Tempo vor und macht neugierig auf die folgenden Stücke. Dieses Tempo wird allerdings nicht permanent gehalten. Der Gesang von Patrick Brown ist roh (und erinnert mich stellenweise etwas an an Greydon Fields, auch melodisch sind hier Ähnlichkeiten festzuhalten); die Gitarren schwanken zwischen verspielt und eingängig. Die Texte sind mit Sinn und Verstand geschrieben und berühren mich stellenweise sehr. Gerade der Titel `Sunflower` ruft Bilder aus dem Ukraine Krieg in mir wach und ist eindeutig eine Stellungnahme zum Zeitgeschehen. Während andere Bands sich bei politischen Themen schonmal gern zieren wird hier ein Bild von Sonnenblumen gezeichnet, die aus den Taschen von ermordeten Soldaten gewachsen sind. Und um wen es sich bei dem kleinen Mann der um Waffen bittet handelt, dürfte wohl auch klar sein. Mut ist ansteckend. Danke dafür!
Musikalisch passt „The Executioner“ in diese Zeit ohne den Charm des Old School Metal der 80er Jahre zu verlieren. Was sicher auch daran liegt, dass Songs wie z.B. `Sharkbait` oder `Pushed` in den 80igern geschrieben, aber bisher nie aufgenommen wurden. OBLIVION zeigen sich bei den neueren Stücken zwar auch mal doomig-progig experimentierfreudig, vergessen dabei aber niemals ihre Herkunft. Dieser Mix macht den Hörgenuss einzigartig und angenehm. Man nimmt Bezug zur Vergangenheit und transportiert diese in die Zukunft. So hört man auf dem Intro die Stimme des Verstorbenen Drummers Eddi Molina (RIP) aus den Aufnahmen von 1985 und mit Betty Hancock schließt sich der Kreis. Sie hat dem Lied `Maiden of the Dungeons` bereits 1984 ihr Lachen geliehen und tat dies auf diesem Album im ehrwürdigen Alter von 93 Jahren noch einmal. Fazit: Chapeu!
Judith Kroll vergibt 8,5 von 10 Punkten