HAUNT
Titel: WINDOWS OF YOUR HEART
Label: Iron Grip / Church Recordings
Spieldauer: 39:52 Minuten
VÖ: 01. Juli 2022
Keine Zeit – Keine Zeit
Wie der Hutmacher in „Alice im Wunderland“ scheint HAUNTs Frontman Trevor Church keine Zeit zu haben. Keine Zeit – keine Zeit. So hetzt der Heavymetal Maniac von Platte zu Platte. Der neue Longplayer “Windows of Your Heart“ steht exemplarisch für die haunttypische Qualität: Purer Heavy Metal: schnell, voller Power und gut zum mitgehen.
Die Lieder rauschen nur so hin. Das Tempo wird selten herausgenommen: Egal welches Thema abgehandelt wird. Trevor gibt Gas. Er scheint sich manchmal in den Lyrics selbst überholen zu wollen. Dabei erzählt er uns vieles über sich. Autobiographisches, sogar familiäres, taucht immer wieder auf. Ganz besonderen Einfluss auf das Werk HAUNTS haben Vater und Sohn von Trevor Church. Mit seinem Vater schreibt der Kalifornier gerade dessen Biographie, die das Leben des ehemaligen Montrose & Sammy Hagar Bassisten Bill „Electric“ Church wiedergeben wird. Die wichtigste Person in Churchs Leben scheint jedoch seit seiner Geburt sein kleiner Sohn Rex zu sein. Schon auf der letzten Scheibe war dieser auf dem letzten Song ´It’s In My Hands` mit einem Babyschrei zu hören. Nun, mit fast drei Lebensjahren ist der Einfluss des Kleinen auf die Kreativität des Vaters greifbar. Songs wie ‘Father Time‘ zeigen, dass Trevor sich einige Gedanken um das hier und jetzt und hier die schwindelerregende Geschwindigkeit nachdenkt, mit der die Zeit vergeht.
Die Songs werden in einem einzigen Feuerwerk nacheinander abgefeiert und dennoch ist jeder einzige es wert, sich mit ihm zu beschäftigen. Kleine Geschichten oder Weisheiten werden erzählt. Obgleich ihrer Bedeutung hetzt Trevor durch sein Werk und reißt die Worte oft nur an. So kann er der Geschwindigkeit seines Gitarrenspiels mithalten, die das Tempo setzt. Er selbst gibt an, dass er die Songs so schnell machen muss, da er es liebt live schnell zu spielen. Und wer Trevor Church live erlebt hat, weiß, dass da ein wahrhafter Heavymetalgott auf der Bühne steht, wenn er seine Gitarre bearbeitet und dazu in bester Pose performt.
Mit “Windows of Your Heart“ veröffentlichte HAUNT bereits das siebte Album seit dem Erstlingswerk “Luminous Eyes“ aus dem Jahr 2017. Die zehn Lieder auf dem Silberling (den es standesgemäß für alle HAUNT Platten auf Bandcamp auch in diversen farbigen Vinyls gibt) sind das Ergebnis eines Schaffensprozesses, der kontinuierlich im Heimstudio von Trevor Church lauft. Die Songs, die teils bis Anfang 2021 zurückreichen, werden von ihm an allen Instrumenten eingespielt. Er erklärt dazu „Es gab keinen konzeptionellen Plan. Das gibt es nie. Ich möchte einfach einen guten Song schreiben. Dies war die nächste Sammlung von Riffs und Songs, die ich schrieb. Diese Songs sind fertig, also hier ist ein Album. Das ist die Natur meines Seins. Ich tue es für mich selbst. Ich habe so viele Songs, dass ich sie nie alle rausbringen werde. Der kreative Prozess geht schnell, weil ich mit niemandem daran arbeite. Es funktioniert.“ Dass es funktioniert und HAUNT voller Kreativität stecken, zeigt die Entwicklung der zehn neuen Lieder. HAUNT setzen immer wieder dezent Synthesizer ein und spielen mit balladenhaften Elementen in einzelnen Songs. ‘Dream on it‘ und ‘Defender‘ sind hier exemplarisch zu nennen.
Leider kann das hiesige Publikum dieses Jahr mit keinen HAUNT-Shows mehr rechnen. HAUNT touren diesen Herbst zusammen mit Seven Sisters (UK) und anderen Heavy-Acts durch die Staaten. 2023 soll dann wieder der alte Kontinent im Sturm genommen werden. Wer nach dem Hören der neuen HAUNT Platte nicht genug hat, kann sich bei Facebook in die wöchentlichen Streams von Trevor Church einlinken. Hier spielt er neue Songs vor, redet über Projekte und chattet mit seinen Fans. Für seinen Fanclub Freunde hat er immer wieder was Neues auf Lager, während er einen langen grünen Dübel raucht und immer wieder zur Gitarre greift. So kann die Zeit bis zur achten HAUNT Platte überbrückt werden.
PS: Auch der letzte Song ‘Defender‘ endet mit einem Soundclip des kleinen Rex: „Haunt Papa“
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