U.D.O. & DAS MUSIKKORPS DER BUNDESWEHR – WE ARE ONE

U.D.O. & DAS MUSIKKORPS DER BUNDESWEHR

Titel: WE ARE ONE

Label: AFM / SOULFOOD

Spieldauer: 75:29 Minuten

Irgendwie scheuten die Kollegen dieses Review wie der sprichwörtliche Teufel das Weihwasser: „Orchester, nee, lass mal stecken…“ Nun, warum nicht mal ins kalte Wasser springen und einer deutschen Metal-Institution bei einem Experiment lauschen ‒ ob es sich dabei um eine Retourkutsche für Accepts auf seine eigenen vorherigen Orchester-Projekte folgende Live-Symphonie  handelt („Schaut her, ich kann das mit neuen Songs…“), bleibt eine Frage für etwaige Interviews. Der Appetizer „We Are One“ bestätigte jedoch zunächst in der Tat allerschlimmste Befürchtungen: ein vollkommen überflüssiger Bubblegum-Refrain mit Kinderliedreim lädt zu ungebremstem Fremdschämen ein ‒ wobei man sagen muss, dass man hier Mitleid mit dem Musikkorps haben muss, denn einen solchen Unsinn hätte die Band niemals verzapfen dürfen (auch wenn ehrlich gesprochen Accept nicht eben das Feuilleton bedienen…).

Das Projekt auf diesen Totalausfall zu reduzieren, wäre jedoch grob fahrlässig. Schon der Opener „Pandemonium“ nämlich ist aus gänzlich anderem Schrot und Korn, verzahnt deftiges, typisch voranstampfendes U.D.O.-Riffing mit vom Orchester gezielt in Szene gesetzten Verzierungen und zeigt derart, dass die voll ausgelebte Kollaboration (der Dirigent des Musikkorps war ins Songwriting involviert) Früchte zu tragen vermag. „Love And Sin“ droht zunächst ebenfalls im Kitsch unterzugehen, kriegt dann jedoch mit einem Wolf Hoffmann-Riff (sorry, guys) die Kurve, auch wenn der Refrain wieder etwas zu käsig ausfällt – zwiespältig also. Etwas unangenehm fallen insgesamt Dirkschneiders pathetisch-weltverbessernde Lyrics auf (auch wenn die Idee natürlich ehrbar ist), und manchmal wünschte man sich, komplett überzogener Pathos wäre durch Qualitätsraster gefallen (der Schlagerrefrain des eigentlich hinterhältig groovenden „Children Of The World“). Auch die sich ständig wiederholenden Schemata (Orchesterintro, recht abrupt einsetzende Band) könnten abwechslungsreicher arrangiert sein.

Nichtsdestotrotz gibt es mit etwa mit dem flotten „Strike Back“ oder dem Doppel „Mother Earth“ / „Rebel Town“ auch echte Highlights, während „Neon Diamond“ mit seinen die Fühler gen AOR ausstreckenden Tönen als gelungene Überraschung durchgeht. Auf das eine oder andere Instrumental hätte man hingegen noch verzichten dürfen (ebenso auf das Anthrax-Crossover-Experiment „Here We Go Again“). Insgesamt vermag „We Are One“ nach dem das Thema von „Pandemonium“ wieder aufgreifenden „Beyond Good And Evil“ wahrlich keine durchgängigen Begeisterungsstürme hervorzurufen. Neue Fanschichten werden U.D.O. sich mit diesem Album sicher nicht erschließen, für ihre Konsequenz verdienen sie diesbezüglich jedoch Respekt. Mal sehen, ob es der eine oder andere Song zukünftig entschlackt in die Setlist hoffentlich wieder stattfindender Gigs schafft.

Patrick Müller vergibt 6 von 10 Punkten