DANTE
Titel: WINTER
Label: EIGENPRODUKTION
Spieldauer: 58:54 Minuten
In einer gerechten Welt müsste DANTE den gleichen Bekanntheitsgrad haben wie Dream Theater, mit denen sie auf nationaler Ebene gerne verglichen werden. Doch die Welt ist nicht gerecht und schon gar nicht perfekt, so dass selbst nach 16 Jahren und vier hervorragenden Studioalben nur Eingeweihte wissen, mit was für einer Klasseband wir es hier zu tun haben. Mit ‚Winter‘ kehrt man sogar wieder back to the roots und verzichtet auf ein Label. Und als wären die Jungs selbst ein wenig wütend darüber, hauen sie nach dem eröffnenden Instrumental ‚Holocene‘ mit ‚A Cold Man`s Winter‘ so derbe auf den Putz wie nie zuvor. Vor allem Sänger Alexander Göhs zeigt sich hier von seiner aggressivsten Seite, aber auch Markus Maichel (Keyboard) und Julian Kellner (Gitarre) duellieren sich hier so erbarmungslos als würden sie mit ihren Instrumenten aufeinander einschlagen.
Der ruhige Ausklang wiegt einen kurz in Sicherheit, bevor das ultra-heavy Riff von ‚Lazarus Leaving‘ einmal mehr zeigt, wo der Hammer hängt. Hier ist aber zumindest der Refrain versöhnlich, ansonsten ist Thrash Prog angesagt. Genau wie beim folgenden ‚In Vertigo‘ scheinen die Texte von Göhs bei diesem Eröffnungstriple von einer enttäuschten Beziehung zu handeln. Zwar beginnt dieser Song fast schon lieblich und ist – trotz einiger gesanglicher Eruptionen – insgesamt wesentlich zahmer (tolles Harmonysolo und Pianountermalung im Mittelteil!) als die beiden Tracks davor, aber die letzten Worte („You left me wasted“) lassen inhaltlich nichts Gutes vermuten.
Die zweite Albumhälfte wird durch das für DANTE-Verhältnisse zunächst fast schon konventionelle ‚The Tear That Shouldn`t Be‘ eingeleitet. Das folgende ‚Darker With The Day‘ ist dann aber wieder ein richtiger Nackenbrecher, dessen Gesangslinien sich durch die Hetfield`sche Phrasierung ein wenig nach Metallica anhören. Hier zeigen Jim (Bass) und Chris (Drums) nicht zum ersten Mal, aber wohl am eindringlichsten, aus welchem Holz sie geschnitzt sind. ‚Your God In Vain‘ wird durch die Stimme eines kleinen Mädchens eingeleitet und bewegt sich insgesamt eher im Midtempo, aber natürlich nicht ohne den ein oder anderen Tempowechsel einzubauen.
Wie so oft kommt auch auf „Winter“ das Beste zum Schluss und zwar in Gestalt des zwölfminütigen ‚C.S.T.M.‘, welches nochmals alle Stärken von DANTE in einem enormen Spannungsbogen bündelt. In der Vergangenheit waren auch gerne mal mehrere dieser Longtracks auf einem Album, ich denke da nur an „November Red“, aber heutzutage kommen die Bayern ein wenig schneller auf den Punkt und sind insgesamt merklich gereift. Selbst beim Artwork setzt man heuer auf ein schlichtes aber stylisches Design, ganz im Gegensatz zum Hingucker-Foto beim Vorgänger „When We Were Beautiful“. Fakt ist, DANTEs Musik ist immer noch wunderschön und vor allem verdammt aufregend. Hier kann jeder Progger blind zugreifen und sich zusätzlich am Backkatalog der Band laben: Shop – DANTE Progressive Metal (danteband.de). Um am Ende den Kreis zum ersten Satz zu schließen: ‚Winter‘ ist keinen Deut schwächer als die letzte Dream Theater, vor allem aber unberechenbarer und aufregender.
Alex Fähnrich vergibt 9 von 10 Punkten