CALIBAN – ZEITGEISTER (EP)

CALIBAN

Titel: ZEITGEISTER (EP)

Label: Century Media

Spieldauer: 32:10 Minuten

Nach einem bereits vor Corona geplanten „Sabbatjahr“ meldet sich eine der bekanntesten, wenn nicht DIE populärste deutsche Metalcore-Band mit ihrer frischen EP “Zeitgeister” zurück. Neben einem komplett neuen Song haben die Hattinger dafür sieben “alte” Tracks in ihre Muttersprache übertragen und neu aufgenommen. Inspiriert durch ihre Version von “Sonne” (Rammstein), welches die Band bereits seit Jahren regelmäßig auf ihren Konzerten zum Besten gibt, nahm die Idee dann langsam Gestalt an. Bereits auf den letzten drei Alben befand sich jeweils ein deutschsprachiger Song. Und sowohl “nebeL” als auch “Mein Schwarzes Herz” und “Ich blute für Dich” avancierten schnell zu Fanlieblingen und wurden zu festen und viel umjubelten Bestandteilen der Setlist. Nicht zuletzt kommt die Band mit diesem Mini-Album also auch einem langgehegten Wunsch vieler Fans nach einem deutschsprachigen Output nach. Dazu konnten die Texte nicht einfach 1:1 ins Deutsche übersetzt werden, sondern erhielten komplett neue, gut interpretierbare Lyrics. Die überwiegend recht alten Kompositionen (1999-2009) wurden auch musikalisch grundlegend überarbeitet. Die fette Produktion und der moderne Sound in Verbindung mit den neuen, deutschen Texten stehen CALIBAN dabei ziemlich gut. Die Songs erhalten einen komplett neuen, modernen Charakter, sind dabei allerdings weit von der ursprünglichen Version entfernt und generell ein wenig leichter zugänglich als die Originale.

Aus dem ultraschnellen, hardcore-mäßigen und über zwanzig Jahre alten “Arena Of Concealment” wird beispielsweise ein eingängiger Track im Stil des deutschen 90er-Crossovers, was nicht zuletzt am von Matthias Tarnath von der ostbelgischen Hardcore-Band „Nasty“ übernommenen deutschen Sprechgesang liegen mag. Während der mächtige Live-Kracher ‘Intoleranz’ mit seinen dominanten Mitgrölteilen sich wieder näher am Original befindet, wird aus dem eher sperrigen „All I Gave“ das immer noch mächtige, aber doch deutlich angenehmere ‘Nichts Ist Für Immer’. Inklusive des hymnischen Refrains geht es wie bei fast allen ausgewählten Stücken um Existenzielles wie Liebe und menschliche Abgründe wie Hass, Gewalt und Sucht. Im Vergleich zur Vorlage „My Little Secret“ ist der thematische Überbau beim fantastischen mit Gänsehaut-Chorus zündenden ‘Mein Inferno’ bereits anhand des deutschen Titels zu erahnen. Den Abschluss macht mit dem düsteren, aufwühlenden, aber trotzdem mitreißenden ‘nICHts’ der einzige vollständig neue Song der Scheibe. Der kraftvolle, erst marschartige, dann eruptiv-eingängige Track beschäftigt sich in ergreifenden, berührenden Zeilen mit dem in der Depression gipfelnden Gefühl der Ohnmacht, Angst und Hilflosigkeit des sich mit Selbstmordgedanken tragenden Protagonisten.

Was als „kleines Leckerchen für zwischendurch“ gedacht ist und (bedauerlicherweise) die Ausnahme bleiben soll, stellt sich mit sieben aufwändig überarbeiteten Neuauflagen, einem fesselnden, neuen Song und immerhin über dreißig Minuten Musik als qualitativ hochwertige, unterhaltsame und auch für den langjährigen Fan lohnende Angelegenheit heraus.

Michael Gaspar vergibt 8 von 10 Punkten