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All The World’s A Stage: Eine kurze, unvollständige Geschichte des Livealbums im Rock und Heavy Metal – Teil IV

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Das neue Millennium – Veröffentlichungsflut und Gigantomanie

Im neuen Millennium wuchsen die Tentakel des Internet unaufhaltsam in alle Lebensbereiche. Auch und insbesondere die Musikindustrie wurde von den Entwicklungen betroffen und teilweise gar überrollt – die Digitalisierung von Musikformaten führte zu einem dramatischen Einbruch des Verkaufs von Tonträgern. Dadurch wurde der Livesektor immer wichtiger als oftmals einzig relevante Einnahmequelle für Bands. Inzwischen sind wir an einem Punkt angelangt, da große Bands wie METALLICA gesamte Tourneen streamen und die Gigs anschließend zur Gänze ins Netz stellen. Nicht zu unterschätzen ist dabei auch, wie das Smartphone das Liveerlebnis transformiert hat. Der Konsument wird vermittels des kleinen Kastens in seiner Hand selbst zum Chronisten, indem er Teile des Konzerts aufnimmt und (natürlich illegal) online stellt (wollten Dickinson auf „Live After Death“ oder Ozzy Osbourne auf „Reunion“ noch die „lighters“ des Publikums sehen, forderte die Generation Jared Letos erstmals nach den „cell phones“…). All dies trägt zur Entmystifizierung der Künstler und ihres für die menschliche Kulturgeschichte so wichtigen „Produkts“ bei. Man mag dies verteufeln, der Trend wird sich jedoch kaum aufhalten lassen.

Außerdem öffneten die Nachlassverwalter verblichener Bands oder Musiker ihre Archive und begannen, opulente Boxen mit Livematerial (THIN LIZZY) oder einzelne Gigs zu veröffentlichen (QUEEN, BAD COMPANY, DIO, HEAVEN AND HELL etc. pp.). Zudem stellt man solche Gimmicks auch gerne als Bonusmaterial im Rahmen von Wiederveröffentlichungen legendärer Studioalben zur Verfügung, wodurch eigentlich höchst relevantes Material manchmal zum bloßen Anhängsel verkommen und etwas untergehen (wiederholt bei JUDAS PRIEST oder jüngst etwa im Falle SANCTUARYs). Dennoch sahen auch die letzten zwanzig Jahren absolut relevante Veröffentlichungen im Livealben-Sektor, auch wenn es zunehmend schwieriger wird, im Dickicht der VÖs den Überblick zu behalten: IRON MAIDEN etwa haben seit 2002 nicht weniger als sechs (!) offizielle Live-Releases vorzuweisen, und auch kleinere Combos greifen immer mehr zu dieser Möglichkeit, die Bandkasse aufzubessern. Dabei kann man heutzutage im Regelfall neben der Tonkonserve auch eine visuelle Aufarbeitung des Dokuments ins Wohnzimmer holen, und es scheint immer wichtiger zu werden, dem Konsumenten ein wertiges Package mit opulenter Produktion und ggf. auch Verpackung zu offerieren.

Der folgende Einblick in die schöne neue Welt der Livealben ist, es sei erneut darauf hingewiesen, angesichts der Masse mehr noch als die drei vorigen Teile dieses Specials rein subjektiv und spiegelt selbstverständlich nicht zuletzt die musikalischen Vorlieben des Autors wider.

Eine Band, die mit ihren theatralischen Auftritten selbst auf dem amerikanischen Markt Eindruck zu schinden vermochte und bis heute neue Maßstäbe zu setzen vermag ist, ist RAMMSTEIN. Schon in den 90ern begannen die rasant zu Megastarts aufgestiegenen Provokateure Live-DVDs zu veröffentlichen, und trotz solch opulenter Nachlesen wie „Rammstein in Amerika“ (hier begeistert eher die Doku) oder „Paris“ bleibt die „Völkerball“ CD nebst DVD unübertroffen. Das später auch von Metallica genutzte Amphitheater in Nimes bot den angemessenen Rahmen für eine infernalische, passender Weise im Rahmen der Tour zu ihrem letzten relevanten Album „Reise, Reise“ aufgenommenen Sinnesexplosion. Ein Hitgewitter deluxe ergiesst sich in ein völlig enthemmt agierendes Publikum („Du hast“!), das der mit irgendwo zwischen bayerischer Folklore und Leni Riefenstahl-Ästhetik agierenden Band aus der Hand frisst. Dabei war man zum Glück gerade erst auf dem Weg in die Gigantomanie und überzeugte stattdessen mit an Depeche Mode und Kraftwerk angelehntem, geschmackssicherem Industrial-Look, der noch nicht von der Musik ablenkte. Auf maximum volume produziertes Riffmassaker folgt hier auf Riffmonster (allein in den ersten 20 Minuten „Links 2-3-4“, „Feuer Frei!“ , „Asche zu Asche“…), für das genial getxtete „Los“ hatte man sich bei Metallica ein Clubgigs imitierendes Setup abgeschaut, und natürlich gibt es zu alten Schoten wie „Du riechst so gut“ auh reichlich Feuer und zum Glück noch keine pseudointellektuellen brechtschen Schlenker. Die Nummer ist soundtechnisch wie filmisch vollkommen perfekt inszeniert, ohne dabei auch nur ansatzweise an Unmittelbarkeit zu verlieren. Ein seltener Glücksfall. Was ein geiles Pferd!

 

Muse

Down – Diary Of A Mad Band

Hang zu Yesscher Gignatomanie – weniger ist nicht selten mehr (Metallica, Nevermore)

 

 

Was also macht ein großartiges Livealbum aus? eSongs, eine spielfreudige Band, den rechten Moment in der Diskographie, eine die Atmosphäre des Gigs einfangende Produktion, Partizipation der Crowd, ein Sinn für Dramaturgie Dabei muss einfach vieles zusammen passen: die Ausgangsstimmung im Publikum und der Band Magie lässt sich schließlich nicht Bereich der Imagination des Zuhörers ein vernünftiges IntroKEINE FADEOUTS

Hell erstrahlende Perlen und abseitige Tipps aus dem Netz…

https://www.youtube.com/watch?v=IJjL4sT9J_0&list=PLUER4zPoj02T59QjwqCj7gt8Uk35Q6qRY – abartig fantastische Aufnahmen von einem Gig Downs im House of Blues, New Orleans, die die Energie ihres schwachen Livealbums locker vervierfachen und auf Vinyl veröffentlicht gehören, visuell inkl. Phil Anselmo als „Angry“ Anderson-doalike! So geht Doom im 21. Jahrhundert. Ultraheavy („Ghosts Along The Mississippi“!! „Bury Me In Smoke“!!!), da wäre man einfach gern dabei gewesen, Stadionatmosphäre in einem Club!

Jeff Martin & Toronto Tabla Ensemble

https://www.youtube.com/watch?v=Zm-DA8TXuPM TWISTED SISTER

Bands von denen Alben wir Livealben brauchen:

Tool

 

LIVEALBEN als Additionen zu Reissues – Priest, Death etc. TRIUMPH SAN BERNARDINO

LIVE ROADBURN Serie Enslaved Grave Pleasures etc.