INHUMAN
Titel: GLORIAE
Label: ALMA MATER RECORDS
Spieldauer: 48:19 Minuten
VÖ: 07. November 2025
Asche auf mein Haupt, aber die bereits 1992 in Silves in der Algarve gegründeten portugiesischen Gothic Metal Veteranen INHUMAN, die ihren vierten Studio-Langdreher „GLORIÆ“ vorstellen, waren mir trotz einer gewissen Affinität zum Genre bisher kein Begriff.
Eigentlich müsste die Truppe einen ähnlichen Bekanntheitsgrad erlangt haben wie die etwa zur gleichen Zeit durchgestarteten Moonspell, aber leider weit gefehlt. Von etwa 1998 bis zum Comeback mit dem 2020er “Contra“ Album hat man von den Dark Metallern nichts mehr vernommen.
Die Band verbindet klassische und moderne Elemente zu einem meist metallischen, dunklen, atmosphärischen Sound. Kontraste zwischen Melancholie und Moderne sowie ein innovativer Sound mit vielen Tempowechseln, eingängigen Parts und vielseitigen Vocals forcieren eine frische, unverkennbare Mischung aus Metal, Gothic, EBM und sogar symphonischen Elmenten.
Wie der Vorgänger wurde die Scheibe von Daniel Cardoso (Anathema, Moonspell, Angelus Apatrida) produziert und erscheint auf dem Label von Moonspell Fronter Fernando Ribeiro. Das visuelle Element wird aufs minimale beschränkt und lässt die Musik für sich sprechen, die im Mittelpunkt steht: „The focus is clear: the music must speak louder than any image.“ Textlich wird das Konzept des Ruhms und seiner Abwesenheit auf persönliche Kämpfe und Hindernisse, Selbstfindung, Niederlagen und Triumphe übertragen.
Musikalisch gibt es ein düsteres, metallisches, gitarrenlastiges Dark/Death/Goth Gemisch, das abwechselnd das Tempo beinahe doomig drosselt, um es dann unvermittelt wieder anzuziehen, und das perfekt zum trüben Novemberwetter passt. Gleichzeitig eine faszinierende, reizvolle Mixtur voller Tiefe und Atmosphäre, die dem Hörer keine Ruhe lässt.
Apokalyptisch und bedrohlich, aber oft auch ganz schön modern mit verzerrten/gedoppelten Vocals und teils fiesen Growls, was die mit Verlaub älteren Herren hier in spannende und vielseitige dunkle Kompositionen gießen. Die große Erfahrung aller Beteiligten wird hör- und fühlbar, da ist alles an Ort und Stelle, jedes Detail, jede Wendung, jede Note sitzt.
`Seed of Ancient Hate´ klingt nach Testament mit einem melodisch eingängigen Gothic Twist, bevor auch das grandiose `To Reign In Captivity´ auf ganzer Linie und mit Rifflastigkeit und wuchtigen Growls überzeugt und `Illuminate the Pain´ vor allem den Kontrast zwischen melodischen und aggressiven Vocals in der Vordergrund stellt.
`Semblance of Reality´ ist insgesamt wieder etwas eingängiger, rhythmisch und synthielastig sowie mit grandiosem Ohrwurmchorus und `Fire´-Chören versehen, während mit `Overgone´ ein leicht elektronisch angehauchter Brecher mit fast bluesigem Gitarrensolo folgt.
`Do Fim dos Dias´ überrascht mit portugiesischen Lyrics und ist auch musikalisch nach ruhigem Beginn kurz ein wilder Ritt, brutal schnell, mit Keyboardteppichen, Gitarrensolo und heftigen Vocals. Und mit `Visionary State´ schließt eine flotte, leicht hypnotische, beinahe poppige Hymne die Scheibe ab.
INHUMAN kreuzen Moonspell, Anathema und Paradise Lost mit den Sisters, Elektro und Dark Wave Vibes und dunkler Eingängigkeit. Ihr Gothic Metal ist hart und duster und gleichzeitig warm und einhüllend. Die Stücke sind fesselnd, abwechslungsreich, erwachsen und ausgereift. sowie perfekt ausbalanciert zwischen dichter Atmosphäre, emotionaler Melancholie und prägnanter Heaviness.
Oder wie der Infotext es so treffend zusammenfasst: ““GLORIÆ“ is not just an album; it is an artistic manifesto from a band that has stood the test of time, continues to push boundaries, and leaves an indelible mark on the Portuguese metal scene.”
Michael Gaspar vergibt 9 von 10 Punkten


