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Feuer-Rock Jürgen Matkowitz von PRINZIP im Interview

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Es ist ja nicht so, dass mir PRINZIP bisher unbekannt waren. In der DDR groß geworden, gehörte deren Album „Phönix“ von 1988 zu meinen frühen musikalischen Entdeckungen. Allerdings war ich da doch schon auf etwas härtere Klänge aus, Biest und Metall und MCB waren da eher gefragt, als der vermeintlich biederere Sound der Urgesteine des Ostmetal. Diese Einordnung ist aus heutiger Sicht mindestens ungerecht, denn die Möglichkeiten in der DDR Musik zu machen waren weit weg von denen im Westen oder gar im Vergleich zu heute.

Die Veröffentlichung von „Live Kamenz ‘78“ wirft für mich jetzt noch einen neuen Blick auf die Band um Gitarrist Jürgen Matkowitz. Anlass genug also, mit ihm über seine Musik, seine Geschichte und seine Pläne zu sprechen.

Zuerst zu dem spannenden Livedokument. Eigentlich war ja nie eine Livescheibe geplant. Wie kam es denn zu dieser Sinnesänderung?

Das war eigentlich der JUB. (Gemeint ist Jens-Uwe Berndt vom Label Rokkfilm, Anm.d.V.) Es gab eine Kassette, die hat Frank Czerny, unser Bassist wohl im Radio mitgeschnitten. Als im Zusammenhang der Veröffentlichung der „Telefonie“ der JUB mich besuchte, kam die Frage auf, was das für eine Kassette ist. Das wäre es doch. Allerdings war ich erst nicht so von dieser Idee überzeugt. Der Jörg-Rainer Friede hat die Aufnahmen soundmäßig etwas nachbereitet. So ist das doch ganz gut geworden. Aus meiner Sicht ist etwas durchgerutscht. Da ist nämlich die ´Supernummer´, die wollte ich eigentlich gar nicht drauf haben. Das war nicht unbedingt unser Stil. Wir waren damals doch eher swingig-rockig unterwegs. Das hat in der DDR sonst fast keiner so gespielt. Letztendlich ist es ein wirklich schönes Album geworden. Auch mit den ganzen Beilagen, wie dem Poster und dem fetten Booklet.

Man hört ja, dass PRINZIP ganz viele Einflüsse miteinander verwoben hat. Wovon warst Du denn persönlich so beeinflusst?

Vor allen Dingen war der erste und größte Einfluss Jimi Hendrix. Dadurch bin ich auch, eher zufällig zu Renft gekommen. Davor habe ich Bass gespielt. Und dann hieß es, wenn du das so spielen kannst, übernimmst du die Gitarre. Der Gitarrist wechselte auf den Bass. Wir haben getauscht. Und da kam Renft und sagte, genau das brauchen wir! So bin ich dort gelandet. Das war der reine Zufall. Weiter Einflüsse waren Deep Purple mit Ritchie Blackmore. Oder Gary Moore. Und da wir als Band hin und her fahren konnten, hatten wir auch die Möglichkeit, sie live zu sehen.

Vor Prinzip warst Du bei der Klaus Renft Combo. Gab es noch mehr Stationen?

Nach Renft kam die Uve Schikora Combo und dann schon PRINZIP.

Kennst Du die Band Wucan aus Dresden? Die haben eine fette Version von ´Zwischen Liebe und Zorn´ auf Album gebannt.

Vulcan gab es doch hier in Berlin. Von dort kam doch Klaus Scharfschwerdt zu PRINZIP.

Ähh, die meine ich nicht. Ich buchstabiere ihm Wucan. Und gleich stelle ich die Band auch kurz vor.

Nein, die kenne ich nicht. Ist das eine aktuelle Band? Schade, die kenne ich nicht. Da muss ich mich mal kundig machen. Es ist ja so viel auf dem Markt, es erschlägt einen ja fast. Sich da einen Namen zu machen, ist ja noch schwerer. Und jetzt springen viele auch noch auf dieses Trittbrett mit KI. Da gibt es Leute, die wirklich unvermögend sind, die trotzdem Titel produzieren. Das muss man mal so sagen.

Wie hast Du das Verbot von der Klaus Renft Combo erlebt?

Nein, da war ich schon nicht mehr dabei. Da war ich vorher schon raus, weil ich von Schikora abgeworben wurde. Aber auch dort hatten wir Erlebnisse bei Schikora.

Was hast du denn erlebt mit der Obrigkeit. Es gab ja wohl auch Leute, die haben sich am Logo von PRINZIP gestört.

Das habe ich gar nicht verstanden. Wir mussten das Logo ändern. Uns wurde gesagt, das sieht aus wie Runen. Da hatte ich gar keine Verbindung dazu. Das hatte mit Runen nichts zu tun, aber die fanden das falsch. Dann kam als nächstes, ihr seid ja nur zu dritt. Ihr seid zu hart. Also, wenn ihr weiter produzieren wollt, müsst ihr ne Nummer weicher werden. Nun gut, da holen wir uns einen Keyboarder und machen zu viert weiter. So kam Rainer Kirchmann hinzu. Das hat an der Musik nicht viel geändert, aber es war eine Bereicherung.

Es brennt auf der Bühne
PRINZIP Mitte der 80er mit Sänger Ralf Bursy (links)

Wenn man die Best Of von Prinzip so hört, fällt auf, dass zwischen wirklich tollen Rocknummern ziemlich peinlicher Kram steckt. So hört man, dass ihr euch mit dem aalglatten ´Charly Gut Nacht´ irgendwo anbiedern musstet.

Ja, das war eine ganz andere Nummer. Die haben wir auch nie live gespielt. In der DDR gab es das Schlagerstudio, eine Fernsehshow. Die wurde von Chris Wallasch moderiert. Der meinte, ihr müsst unbedingt ins Schlagerstudio. Ihr seid so bekannt. Aber nicht mit der Musik, die ihr macht. Das geht gar nicht. Macht doch mal ein Lied, das hier passt. Also habe ich mal schnell einen Hit geschrieben, der da passt. So haben wir das abgehakt.

Im Gegensatz hat später ein ´Hallo Mary Lou´ fast schon am Punk gekratzt.

Ja, das war schon eher unsere Richtung. Aber das wurde nicht so gern gesehen.

Neben Deiner eigenen Band hast Du ja auch andere Bands produziert. Die hatten danach schon zum Teil den Ruf, die klängen alle gleich.

Ja. Selbes Studio, selbe Technik. Der selbe Tonmeister. Da hat man schon die Schiene, wo es in etwa hinläuft. Zumal wir technisch auch etwas begrenzt waren, auch aus finanziellen Gründen. Wir waren zwar schon besser aufgestellt, als beim RUndfunk. Aber es hatte eben nicht die Klasse, wie ein Studio in West-Berlin.

Kurz kommen wir ins Fachsimpeln. Ich erinnere mich, dass die Tanzkapelle, bei der mein Vater spielte, ihre Instrumente in der DDR bei der Post abgeholt hat und andere Teile die Marke Eigenbau trugen. Auch Jürgen erzählt von selbst gebauten Boxen, bei denen das Innenleben von „drüben“ importiert war. Aber weiter im Gespräch.

Ein weiteres Projekt von Dir war ja das Album „Telefonie“ mit Michael Barakowski und Petra Schwerdt. Das war ja auch bis dieses Jahr im Nirgendwo verschwunden, bevor es ebenfalls durch Rokkfilm gehoben wurde. Kannst Du das auch mal kurz vorstellen?

Die Idee, das zu veröffentlichen kam wiederum von JUB. Der wusste, das ich noch unveröffentlichte Sachen habe. Da war aber nur eine Kassette da. Das klang grauselig. Aber er sagte, das machen wir. Ich habe dann ein bisschen rumgewühlt und fand die ganzen Bänder. Michael Barakowski singt, Petra Schwerdt singt. Ich habe die ganzen Titel geschrieben. Die Texte waren von Hartmut König. Also haben wir das gemacht.

Und warum ist es damals nicht veröffentlicht worden?

Es war alles fertig. Amiga wollte die Platte rausbringen und stellte fest, die Petra war weg. Wo ist denn die Petra Schwerdt? Das wissen wir doch nicht.  Zur Release-Party war ihr Mann da. Ich frag, sag mal, was war denn da überhaupt. Sie hatten eine Reise bekommen nach Ungarn, von der FDJ. Da waren die Grenzen offen. Sie sind rüber. Und waren weg. Und Ruck Zuck kam die Platte nicht raus.

Dann kam die Wende? Wie hast Du die erlebt?

Eigentlich nur, dass plötzlich Andrang war an den Grenzpunkten und ich anstehen musste. Für die Menschen war es eine tolle Sache, für mich war es egal. Beruflich konnte ich anders weiter machen nicht mehr mit der Band. Für mich ging eins ins andere über. Ich habe vorher mit der ganzen Band zum Reisekader gehört. Das Geld für die Instrumente musste ja irgendwoher kommen.

Wenn ich gefragt würde, ob mich zu der Zeit noch irgendwie der Ostrock interessiert hätte, müsste ich verneinen. Wie groß war denn das Interesse an Deiner Musik kurz nach dem Mauerfall?

Ich denke da war überhaupt kein Interesse an Ostmusik. Jeder dachte, jetzt kommt der Westen, jetzt kommt der Wahnsinn. Und alles wird besser. Alle waren in Konzerten. Und irgendwann stellten alle fest, das ist auch nichts anderes, außer dass manche englisch singen. Es hat eine Weile gedauert. Dann hat sich der Wind gedreht und Bands wie die Puhdys, die ein paar Jahre weg waren, kamen wieder. Aber, nur im Osten.

Du hast ja nicht nur auf der Bühne Feuerwerke abgebrannt. Soweit ich weiß, hast Du beruflich heute auch mit Feuerwerken zu tun. Da gibt es auch irgendwie Weltmeisterschaften, in Mannheim auf dem Maimarkt war mal so eine Veranstaltung.

Ja, ich bin ein wenig pyroman. Wir machen Großfeuerwerke, richtig konzipiert mit Musik und Laser. Das läuft sehr gut. Wir sind jetzt am Samstag in Chemnitz am Stausee. An Mannheim erinnere ich mich. Das nannte sich aber nicht Weltmeisterschaft, war aber eine tolle Sache.

Pyrogames Mannheim

Wir kommen noch ein wenig ins Plaudern. Etwa, warum in Mannheim keine Pyrogames mehr stattfinden. Musikalisch macht Jürgen nur noch Sachen im Zusammenhang mit seinen Pyro-Shows. Dafür schreibt er auch neue Stücke. Auf die Frage, ob denn eine Chance besteht, PRINZIP noch einmal zu reformieren, die Frage stelle ich sicher nicht als erster, winkt Matko ab. Dafür sei keine Zeit. Dazu weiß er gar nicht, ob Frank Czerny noch seinen Bass besitzt.

Nach einer kurzweiligen halben Stunde kommen wir dann auch zum Ende. Jürgen hat noch Termine, ich muss erst einmal eine Hummel aus der Wohnung evakuieren. Lieber Jürgen, wenn Du wieder auf dem Maimarkt feuerwerkst, werde ich da sein. Und sonst wünsche ich natürlich für die Zukunft alles Gute. Und wer weiß, was sich noch für Schätze in seinem Archiv finden.

 

Die Fotos stammen aus dem persönlichen Archiv von Jürgen Matkowitz.