SANGRE DE MUERDAGO – O XARDIN

SANGRE DE MUERDAGO

Titel: O XARDIN

Label: Independent

Spieldauer: 49:02 Minuten

VÖ: 12. September 2025

Finis Terrae. Das Ende der Welt. Was für den Franzosen der westlichste Zipfel der Bretagne, für den Spanier liegt das 60 km westlich von Santiago de Compostela. Hier ist das eigentliche Ende des Jakobsweges. Hier fällt die Erde ab ins Meer. Hier trotzt man den Stürmen und Wogen. Das ist eine Welt, in der Glauben, Aberglaube und Leben tief verwoben waren.

Eben von hier, aus Galicien, stammen SANGRE DE MUERDAGO. Die habe ich Euch schon vorstellen dürfen mit ihrem letzten Album „O Vento Que Lambe As Miñas Feridas„.  Das war schon ein meisterhaftes Werk, vor allem auch in der handwerklich schönen CD-Ausgabe. Da hat die Band mit einem Buchbinder zusammengearbeitet um ihre zauberhafte Musik ebenso zauberhaft zu verpacken. „O Xardin“ darf ich leider noch nicht in Händen halten, aber da dürfte wieder genau so gearbeitet worden sein.

Musikalisch hat das immer noch nichts mit Metal zu tun. Wird es nie. SANGRE DE MUERDAGO sind Folk in reinster Form. Keine verzerrten Gitarren, kein wildes Drumgehämmer, kein wütendes Geschrei. Doch trotzdem, oder genau deswegen, ist „O Xardim“ so intensiv. Instrumentiert mit akustischer Gitarre, Hurdy-Gurdy, Cello, Klarinette und Nyckelharpa wurzeln sie tief in der musikalischen Tradition ihrer Heimat. Dazu bauen sie auch auf Motive der Musik der Sephardim.

Wollte man böse, man könnte die Musik von SANGRE DE MUERDAGO behäbig nennen. Doch ist fehlendes Tempo gleich lahm? Oder musiziert das Quartett geruhsam und nachdrücklich. „O Xardin“ ist ein Garten der schönsten Blüten, duftend und rein. Man beginnt die Musik zu hören, schließt die Augen. Eine Tür öffnet sich und  die ätherischen Klänge sind der Schlüssel in die Welt. Die Lieder der Ahnen verbinden gestern und heute. Ich lausche den Klängen – und den Wellen meines Blutes.

Auch wenn ich kein galizisches Spanisch verstehe, da musste für die Worte ein Übersetzer herhalten, mein Herz versteht. Selbst wenn der Übersetzer an eine sinnvollen Widergabe eines Songtitels wie ´O Transo´ scheitert.

Cada vez que eu asomei os meus ollos e o meu ser até os lindes do abismo“ (ich übersetze frei) immer wenn ich am Abgrund stehe. Bei aller Ruhe und Stille, „O Xardim“ ist ein Album das Kraft gibt. Es ist ein Album, das mich festhalten kann, mich ein Stück des Weges begleiten. Ich muss ja nicht gleich nach Santiago laufen… Und damit steht dieses, auf den ersten Blick unscheinbare Album für mich vielleicht bald auf einer Stufe mit „Master Of Puppets“, „Seventh Son“ oder „Beware Of Darkness“ als Wegweiser und Begleiter.

„O Xardim“ ist ein Mikrokosmos. Aber nicht vom Ende der Welt. Sondern es steht mitten darinnen.

 

Mario Wolski vergibt 9,5 von 10 Punkten