IGORRR – AMEN

IGORRR

Titel: AMEN

Label: Metal Blade Records

Spieldauer: Minuten

VÖ: 19. September 2025

Am 19. September 2025 erscheint mit “Amen” das fünfte Studioalbum von IGORRR bei Metal Blade Records. Hinter dem Namen steckt nach wie vor der französische Multiinstrumentalist Gautier Serre, der das Projekt vor fast zwanzig Jahren ins Leben gerufen hat und es inzwischen zu einer vollwertigen Band mit internationaler Präsenz ausgebaut hat. An seiner Seite stehen heute Jb Le Bail und Marthe Alexandre am Mikrofon, Rémi Serafino an den Drums sowie Martyn Clément an der Gitarre. Für “Amen” führte Gautier erneut Regie: Er selbst zeichnete sich für Produktion, Mixing und Mastering verantwortlich.

Veröffentlicht wird Amen in einer Reihe unterschiedlicher Formate – vom opulenten Boxset bis zur digitalen Ausgabe:

Box Set: (limitiert auf 1000 Stück): 2-LP im Sägeblatt-Picture-Vinyl, Action-Figur, Malbuch, Slipmat und Grußkarte
CD-Versionen: Digipak in Europa, Jewelcase-CD mit 16-seitigem Booklet in den USA
Vinyl-Varianten:
USA: Tan Smoke, Teal Marbled, Tan Marbled
Europa: 180g Black, Gold Metallic, Transparent Beige-Brown Marbled (limitiert auf 1000)

Exklusive Variationen wie Neon Splatter (EU Store, limitiert 500), Clear w/ Gold Splatter (Band-Store, limitiert 300), Zoetrope Picture Disc (EU, limitiert 500), Smoke (Sound Pollution exklusiv, 300), Gold w/ Black Dust (Season of Mist exklusiv, 200), White w/ Brown Splatter (Frozen Records exklusiv, 200)

Digital & Streaming: Digitale Veröffentlichung über Bandcamp (inkl. 24-Bit/44,1 kHz), iTunes, Amazon MP3 sowie Streaming über Spotify, Deezer und weitere Plattformen.

Für “Amen” hat Serre nicht nur in seinem eigenen Studio gearbeitet, sondern auch wieder ungewöhnliche Instrumente eingebunden. So kommt etwa ein Theremin zum Einsatz – jenes geheimnisvolle Instrument, das man spielt, ohne es zu berühren und das sowohl Sheldon Cooper als auch Bruce Dickinson schon voller Begeisterung vorgeführt haben. Außerdem finden sich in der langen Liste der eingesetzten Klangquellen unter anderem eine neun Fuß lange tibetische Dung-Chen-Horn, eine alte rostige Steinsäge und ein Amboss.

Auch die Gästeliste liest sich eindrucksvoll: Scott Ian (Anthrax, Mr. Bungle), Trey Spruance (Mr. Bungle), Timba Harris, Mike Leon und Lily Refrain haben auf verschiedenen Songs mitgewirkt und dem neuen Album zusätzliche Facetten verliehen.

Und wie sich all das am Ende zu einem Gesamtwerk fügt – genau das hören wir uns jetzt an, beginnend mit ‘Daemoni’, das uns mit tiefen Bässen begrüßt, die einem Herzschlag gleichen könnten. Nach und nach gesellen sich Gitarre, Drums, elektronische Töne und ein paar wenige Vocals hinzu, auch helles Geschrei, akustische Gitarren und Female Vocals in luftigen Höhen sowie Male Growls sind zu hören. Schon bei diesem ersten Lied steht fest: “Amen” ist keine gewöhnliche Platte. Mit ‘Headbutt’, auf Deutsch “Kopfnuss”, geht es weiter, zunächst mit Pianoklängen und Chören, danach gibt’s Extreme Metal in die Ohren – und das Ganze von vorn.

Gautier Serre verrät über seine Single ‘Headbutt’:

“Ist das lauteste Fortissimo, das jemals auf einem Klavier gespielt wurde, lauter als harte und massive Metal-Riffs? Das Duell zwischen klassischer Musik und Metal war sehr knapp, aber das Klavier gewann mit diesem letzten Aufwärtshaken. Beginnend mit einem Ostinato, das den Puls des Stücks vorgibt und zeigt, dass das Klavier auch ein rhythmisches Instrument sein kann, erleben wir kluge Schläge zwischen beiden Parteien, die sich zu einem Crescendo steigern, bis zum eigentlichen Kopfstoß auf das Klavier, der nicht einmal der stärkste oder letzte Schlag der klassischen Musik war.”

‘Limbo’ wird mit klassischem Gesang serviert, ist allgemein etwas düsterer gehalten, und ‘Blastbeat Falafel’ (feat. Trey Spruance – Mr. Bungle) hat etwas Orientalisches in seiner DNA, bringt natürlich auch Blastbeats ins Spiel und der Gesang am Ende hat etwas Schwermetallisches.

Zu Beginn und auch während ‘ADHD’ dachte ich, dass meine Boxen den Geist aufgeben, doch es war tatsächlich der Song selbst, der die schiefen Töne durch den Raum fliegen ließ. Am besten erklärt euch der Schöpfer selbst, worum es geht:

“‘ADHD’ ist eine Art autobiografisches Musikstück, das von einem Punkt ausgeht und sich zu einem anderen bewegt, ohne eine klare Verbindung außer der Person selbst. Von einfachen Gedanken, die hier als einfache Klangpunkte in der Stille symbolisiert werden, bis hin zu einem komplexen pathologischen Chaos, das irgendwie noch besteht. Es wird immer schlimmer, bis der letzte Riese loslässt. Wir wissen, dass der Einsatz von künstlicher Intelligenz in der Kunst im Moment polemisch sein könnte, außerdem haben wir mit Meat Dept den Clip eigentlich in 3D begonnen, so wie wir es bei ‚Very Noise‘ gemacht haben, aber irgendwann haben wir so sehr gelacht, als wir versucht haben, gruselige Dinge mit künstlicher Intelligenz zu machen, dass der Clip als eine Mischung aus beiden Technologien endete. Die Musik ist allerdings zu 100 Prozent hausgemacht.”

‘2020’ ist das 30-Sekunden-Vorspiel für ‘Mustard Mucous’ (feat. Scott Ian – Anthrax, Mr. Bungle). Hier gehen IGORRR in eine komplett andere Richtung und man bekommt tatsächlich ein paar Death-Metal-Vibes – bei den Flötentönen war ich allerdings raus. Wer headbangen mag, sollte sich ‘Infestis’ anhören, den einzigen “normalen” Song, den IGORRR wie folgt beschreiben:

“Im Song geht es darum, sich in ernste Angelegenheiten zu vertiefen. Ein Bedürfnis, diese Gefühle zu erforschen. Hier ist nichts ein Scherz: Man hört Black-Metal-Einflüsse, traditionelle tibetische Instrumente und exzessive Verzerrung, um es noch düsterer zu machen. Es ist eine Erkundung des inneren Gefühls, dass man von einem bösen Geist besessen und befallen ist. Es ist kein Kampf möglich; man hat bereits verloren.”

Verloren fühle ich mich auch während dieser Rezi – und das mehrmals. War ‘Infestis’ ein kleiner Rettungsanker in musikalischer Hinsicht, ist ‘Ancient Sun’ zwar hörenswert und atmosphärisch, hat ‘Pure Disproportionate Black and White Nihilism’ tolle Akustikgitarren und einen schönen weiblichen Gesang, aber in ‘Étude n°120’ geht es klassisch und mal so gar nicht metallisch zu – genauso wie im finalen Song ‘Silence’. Beide kommen zusammen auf rund zwölf Spielminuten und sind toll anzuhören – aber auf einer Metalscheibe? Ich weiß nicht.

“Amen” ist kein Easy-Listening-Album, sondern ein wilder Ritt zwischen Klassik, Metal, Experiment und Wahnsinn. Für mich persönlich zu 80 % nicht mein Geschmack, aber genau darin liegt die Faszination: Man kann sich dem nicht entziehen, selbst wenn man möchte. Wer neugierig ist und keine Angst vor musikalischen Extremen hat, sollte unbedingt reinhören – eine Punktzahl spare ich mir, eine Hörempfehlung gibt’s trotzdem.

Tobi Stahl vergibt keine Bewertung